Interaktiver Comic
Hände hoch: Wer erinnert sich an den sensationell präsentierten Mega-Drive-Klopper Comix Zone? Dort hangelte sich der prügelnde Held buchstäblich von einem Comic-Bild zum nächsten, passend dazu wurden Dialoge und Handlung in Sprechblasen serviert. 1995 war das inszenatorisch eine Wucht! 25 Jahre später haben sich sowohl das Medium Comic als auch die Welt der Videospiele kräftig verändert. Und doch finden sie in Florence auf wundervolle Art und Weise erneut zusammen!
Der Australier Ken Wong hat 2014 ein starke Duftmarke hinterlassen: Beim Mobiletitel Monument Valley war er für Spieldesign und Art Direction verantwortlich – nicht nur Tester Jörg war von der Schönheit und klugen Rätselmechanik des Spiels verzückt. 2016 verließ Wong Ustwo, um mit Mountains sein eigenes Indie-Team aus der Taufe zu heben. Auch in seinem nächsten Spiel wollte er auf Videospiel-Gewalt verzichten, zudem sollten zwischenmenschliche Emotionen im Fokus stehen. Heraus kam Florence, das am Valentinstag 2018 für iOS und Android erschien und viel Kritikerlob einheimste – exakt zwei Jahre später sind auch die Switch- und PC-Versionen erhältlich.
Leben & Lieben
Das Spiel dreht sich um die Mittzwanzigerin Florence, die ein wenig in ihrem grauen Alltag zu versacken droht. Morgens artig die Zähne putzen, dann in der U-Bahn auf dem Handy ein paar Bilder liken und im Job schließlich stupide Zahlenreihen in Reih und Glied bringen. Bis eines Tages der lässige Straßenmusiker Krish in ihr Leben tritt – und es bunter und schöner macht. Es passiert, was Teil unser aller Leben, aber in Videospielen noch immer eine Ausnahme ist: Beziehungskram. Romantische Dates, Zusammenziehen, Plaudern, Urlauben, den ersten Streit austragen, zusammen kochen, sich Nachrichten voller Emojis schicken.
Die wunderbar gezeichneten Figuren und ihre teils reduzierten Hintergründe werden sehr elegant, modern und benutzerfreundlich interaktiv gemacht: Mal schiebt man Puzzleteile zu Dialogen zusammen, mal den faulen Freund buchstäblich per Buttondruck zur Uni-Einschreibung. Eben noch lenkt man Florence ganz banal durch die Bilderfolgen, dann wischt man zum Zähneputzen über den Screen oder sortiert man per Drag and Drop Haushaltsgegenstände. Sowohl die Maussteuerung auf PC, die Switch-Kontrollen per Pad als auch die Touchscreen-Variante, die den Sprung vom Smartphone auf die Switch tadellos überstanden hat, geben keinen Grund zur Beanstandung.
Mehr von der Geschichte möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Die nur 35 bis 45 Minuten Spielzeit werden bei euch wie bei mir im Flug vergehen. Umso erstaunlicher, dass die verträumte Musik trotzdem hängen bleibt. Neben einigen Konzeptgrafiken bietet Florence im Menü auch die Möglichkeit, alle zwanzig kurzen Kapitel abermals anzuwählen.
Nett gemachtes Spiel. Berührt hat es mich allerdings nicht.
Hab ich mal auf Android gespielt. Ist eigentlich ein ganz interessantes Experiment, aber das Gameplay ist mir persönlich manchmal doch zu sehr gelöst von der Story und der emotionalen Situation. Es gibt meistens einen Bezug, aber der hat nicht immer eine Bedeutung. Insgesamt aber empfehlenswert.
Und nebenbei: Der neue Matthias schreibt nicht nur viele Tests, sondern auch welche die mir sehr gut gefallen.