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Fussball Manager 10 (Sport) – Fussball Manager 10

Herbst. Wie jedes Jahr um diese Zeit läuft die Bundesliga bereits auf Hochtouren. Die Diskussionen um Trainer, Spieler, Aufstellungen, Ergebnisse und Transfers beschäftigen Fans und Journalisten gleichermaßen. Und wie jedes Jahr um dieses Zeit kommt von EA das Spiel zum Spektakel, das einen zum verantwortlichen Sportchef oder Trainer macht. Und wie jedes Jahr stellt sich die Frage, ob es abermals gelingt, das Update-Gespenst fernzuhalten.

© Bright Future / Electronic Arts

Fallbeispiel

Jeder hat es gesehen. Die 57.000 im Stadion. Die Millionen vor dem Fernseher, die das Spiel HSV gegen Borussia Mönchengladbach entweder live oder als Zusammenfassung in der Sportschau verfolgt haben. Jeder hat es gesehen: Jerome Boateng schleppte sich nach einem Zusammenprall in der 52. Minute mit einer schweren Prellung über den Platz und war kaum noch in der Lage, vernünftig am Spiel teilzunehmen. Und doch wechselte der verantwortliche Trainer ihn erst in der 84. Minute aus. Zu spät, wie viele meinten, da die Rothosen zu diesem Zeitpunkt bereits eine 2:1-Führung verspielt

Dank FIFA-Engine hinterlassen die Matches einen guten Eindruck und reißen trotz kleiner Lücken in der Spielintelligenz emotional mit.

hatten und mittlerweile 2:3 zurücklagen. Wie hätte ich mich als Verantwortlicher verhalten? Welche Entscheidung hätte ich getroffen? Die Antwort darauf kann ich in EAs neuem Fussball Manager 10 (FM10) geben…

Illusion ist alles

Hand aufs Herz: Die wenigsten, die mit dem FM10 Jürgen Klopp, Bruno Labbadia, Felix Magath oder Louis van Gaal nacheifern, haben eine Trainerausbildung genossen. Doch ist das überhaupt notwendig? Liegt nicht der Reiz vielmehr darin, so tun zu können, als ob man die Zügel seines Lieblingsvereins in den Händen hielte? Und so lange die Illusion stimmt, so lange die Zusammenhänge zwischen Wirkung und Ursache plausibel sind, so lange ich das Gefühl habe, dass ich tatsächlich die Geschicke leite, ist mir der Abstand zur Realität egal – so groß oder klein er auch sein mag.
Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich sowohl beim trockenen Textmodus als auch beim aufwändigen, auf der letzten FIFA-Variante basierenden 3D-Modus mitfiebere, leise Anweisungen vor mich hin murmele oder die Kollegen mit einem lauten „Spiel doch ab!“ oder „Schönes Ding!“ aus dem Konzept bringe, dann muss ich dem Team um Gerald Köhler zugestehen, dass sie vieles richtig gemacht haben.
Natürlich gehört ein wenig Leidenschaft dazu, um sich hinter den Zahlenkolonnen, den leicht zugänglichen, aber Anfänger mitunter überfordernden Einstellungen für Training, Einzelgespräche, Aufstellung, Transfers, Finanzen Merchandising usw.

die Gesichter der Spieler vorstellen zu können. Leidenschaft und Fantasie, da vor allem im 3D-Match nur ein verschwindend kleiner Teil der Spieler ihren realen Ebenbildern tatsächlich ähnlich sieht. 

Alles wie gehabt: Wie jedes Jahr kämpft der FM mit seiner eigenen Vergangenheit und muss beweisen, dass er mehr ist als nur ein Update zum Vollpreis.

Doch welchem Fußball-Fan mangelt es an Leidenschaft? Natürlich muss man sich eingestehen, dass der managerspielende Fan noch mehr Leidenschaft benötigt als nur der „einfache“ Stadiongänger oder der Sky- bzw. Sportschau/Sportstudio/Doppelpass-Zuschauer, der gerne mal als Schönwetter-Fan mitjubelt oder seinen Verein, wenn es mal schlecht läuft, auch gerne im Stich lässt.

Dabei macht es EA allen Einsteigern dieses Jahr so einfach wie noch nie: In jedem Bildschirm findet sich ein kleiner Knopf, der auf die umfangreiche Ingame-Hilfe verweist und dort die relevanten Punkte der Menüs usw. erklärt.
Dass sich zusätzlich wie in den letzten Jahren zahlreiche Assistenten aktivieren lassen, die einem die Arbeit meist anständig

agierend abnehmen, ist nahezu selbstverständlich. Sprich: Wer will, kümmert sich nur um die Mannschaft und lässt den Transfermarkt vom Computer sondieren, der auch die entsprechenden Entscheidungen trifft. Wer will, kann natürlich auch alles selbst in die Hand nehmen und hat damit letztlich sogar noch mehr Macht als derzeit Felix Magath in der Veltins Arena.

Für Altmeister?

Natürlich möchte man nicht nur Manager-Frischlinge auf dem Weg zur Fußball-Meisterschaft ins Boot holen – immerhin gehört der FM seit Jahren zu den Urgesteinen im Portfolio bei EA.
Die Veteranen, die seit Jahr und Tag auf den Manager aus deutschen Landen schwören, kennen natürlich die meisten Features, zumal abgesehen von mehr möglichen Widgets auf dem Hauptbildschirm, die einem schnell die nötigsten Daten liefern, sowie einem konfigurierbaren Schreibtisch an der Oberfläche, vieles beim Alten blieb.

Zwar gibt es nun die Möglichkeit, mit einem leider nicht all zu umfangreichen Editor ein digitales Alter Ego zu erschaffen, das

Übersichtlich, umfangreich und überall mit einem Hilfeknopf versehen: Der FM 10 hat ein gewaltiges Innenleben und ist ein Mekka für Statistikfreunde.

beim 3D-Match immer wieder an der Seitenlinie eingeblendet wird. Doch viel mehr als eine nette, aber belanglose Spielerei ist dies nicht, zumal die dargestellten Emotionen zwar überzeugend, aber unter Umständen absolut gegensätzlich zu dem sind, was man gerade vor dem Bildschirm durchlebt.

Wesentlich interessanter ist da schon die Möglichkeit, sowohl während des 3D-Matches als auch im Textmodus (wenngleich hier etwas eingeschränkter) durch Zurufe von der Seitenlinie aktiv das aktuelle Spiel zu beeinflussen. Allerdings muss man vorsichtig sein, da die Schiedsrichter es nicht gerne sehen, wenn man an der Seitenlinie steht und wie ein Rohrspatz Anweisungen auf seine Mannschaft niederprasseln lässt. So kann das Spiel für den Trainer sehr schnell ohne weitere Einflussmöglichkeiten auf der Tribüne enden. Aber es gibt eine Anzeige, die darüber Aufschluss gibt, wie weit man von diesem Ereignis entfernt ist, so dass man sich entsprechend zurücknehmen kann.
Als erster Schritt in diese Richtung ist das Reinruf-System durchaus interessant, aber es fehlt hier noch an Feinschliff, um wirklich überzeugend zu sein. So ist es z.B. nicht möglich, bei Foulspiel etc. mit den Unparteiischen Kontakt aufzunehmen, sei es nun, um den Gegenspieler anzuschwärzen oder den eigenen Spieler aus der Schusslinie zu holen.