Schade ist allerdings, dass es mit Ausnahme des Tutorials keinen Abschnitt gibt, in dem auf Kampf verzichtet werden kann. Obwohl mit den Fähigkeiten die Möglichkeiten gegeben sind, den Spieler zu einer Stealth-Herangehensweise zu animieren, gibt es Türen, die sich erst dann öffnen, wenn man einen bestimmten oder alle Feinde in dem jeweiligen Abschnitt besiegt hat. Ebenfalls schade, dass die KI sich relativ leicht übertölpeln lässt. Sowohl bei einer Verlangsamung als auch bei einem Zeitsprung gibt sie sehr schnell die Suche auf, so dass man sie per Telekinese von hinten packen und erledigen kann. Dafür wiederum kann man mit den wenigen Fähigkeiten einige Experimente anstellen: Vom Abfangen von Projektilen samt „Rücksendung“ bis hin zum kurz hintereinander durchgeführten Doppelzeitsprung, in dem man den letzten Gegner in einer anderen Zone zurücklässt, hat man einige Möglichkeiten, sich der Feinde zu entledigen.
Dass Gemini mit einer TV-Serie verknüpft ist, die sich hinsichtlich erzählerischer Inhalte und Charakterzeichnung nicht mit Ruhm bekleckert hat, wird auch hier beim Drehbuch deutlich. Prinzipiell zwar interessant, lässt man sich hier zu wenig Zeit, um die Charaktere vorzustellen und zu entwickeln. Offensichtlich hat das Team von Phosphor Games vergessen, dass die gesamte Darstellerriege (mit Ausnahme von Dahlia) nie wieder auftaucht und entsprechend wenig Zeit investiert. In Post-Sopranos und –Game-of-Thrones-Zeiten hätten die Figuren ruhig mehr Tiefe und weniger Stereotype zeigen können. Immerhin erledigen die Sprecher einen ordentlichen Job – innerhalb der unnötig engen Grenzen füllen sie die Figuren mit glaubwürdigem Leben.
Unreal 4? Wo?
Das hätte ich mir von der verwendeten Unreal Engine 4 gewünscht. Schaut man sich die mitunter magische Momente zaubernde PS4-Umsetzung von The Vanishing of Ethan Carter an, die ebenfalls auf Epics aktuellen Grafikmotor setzt, fragt man sich, wo die vielbeschworene visuelle Macht denn hier versteckt ist. Gemini sieht in Ordnung aus und leistet sich keine groben technischen Schnitzer, hätte aber so auch mit der Unreal Engine 3 in Szene gesetzt werden können – zumindest gibt es zahlreiche Titel, die mit dem „alten“ Epic-Grafikmotor bessere Ergebnisse erzielen. Die Mimik ist
hölzern, die eine oder andere Textur hätte höher aufgelöst sein dürfen – und das Nachladen der Texturen (ein altes Engine-Problem) hätte auch unauffälliger sein können. Wie bei Spielen der letzten Generation (z.B. Mass Effect oder Rainbow Six Vegas) kann es bis zu fünf Sekunden dauern, bis die finale Textur auf die Umgebung geklatscht wurde – bis dahin starrt man auf einen schummrigen Brei. Das muss Anno 2016 nicht mehr sein.
Immerhin können die Effekte, dabei vor allem die „Zeitüberlagerung“ der „Scout“-Funktion überzeugen. Hier ist übrigens kein Unterschied zwischen PC- und One-Version auszumachen: Beide zeigen die andere Zeitzone mit fiesen Kanten versehen und damit merkwürdig unpassend. Allerdings liegt der PC hinsichtlich einer stabilen Bildrate vorne – die Konsole hat manchmal Probleme, saubere 30 Bilder pro Sekunde zu liefern. Und selbstverständlich steht am Rechner ein größeres Repertoire an Optionen zur Verfügung, um die visuelle Qualität an die Hardware anzupassen. Doch auf beiden Systemen gilt, dass Phosphor die Engine nicht so gut im Griff hatte, als dass mehr als eine durchschnittliche Kulisse herauskommen würde.
Wird mal angespielt
Warum gibt es das Spiel eigentlich im EU PS Store?
In den USA ist es schon für die PS4 draußen ...
Die Hauptfigur sieht aus wie LARA. Und das Game sieht aus und spielt sich wie 1996. Ne Danke.