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Großfeuerwerk-Simulator (Simulation) – Spass-Rakete oder Blindgänger?

Es dauert gar nicht mehr so lang, dann steht der Jahreswechsel vor der Tür. Und mit ihm fantastische Feuerwerke in den Metropolen der Welt von Sydney bis Berlin, vom Burj Khalifa in Dubai bis London. Wer sich davon inspiriert fühlt und am heimischen PC für den Titel des Feuerwerks-Weltmeisters üben möchte, hat jetzt mit dem Großfeuerwerk-Simulator Gelegenheit dazu. Entspannende Unterhaltung mit Knalleffekt oder Spaß-Blindgänger?

© Reality Twist / Rondomedia

Durchgeknallt?

„Ist der Oertel denn jetzt komplett wahnsinnig geworden?“

– Dies oder etwas Ähnliches dürften die Kollegen gedacht haben, als ich Ihnen vom Großfeuerwerk-Simulator (GS) erzählte, auf den ich mich in der Tat auf eine morbide Art gefreut hatte. Ich hatte zwar kurz nach dem Start die Hoffnung bereits aufgegeben, dass man hier nicht nur Feuerwerke platzieren und zünden darf, sondern wie seinerzeit zum Start der PS2 mit Fantavision oder auf 360 mit Boom Boom Rocket auch ein Spiel um die Pyrotechnik gestrickt wird. Man bekommt zwar eine Endbewertung nach Abschuss der Glitzerregen, Raketen, Kometen usw., aber diese hat nur kosmetischen Charakter – man kann nichts Neues freischalten. Es gibt keine Highscores. Man kann seine Kreationen nicht einmal per Internet mit anderen teilen. Und dennoch habe ich mehr Zeit mit dem Titel verbracht, als ich eigentlich zugeben möchte. Dazu muss ich allerdings auch einräumen, dass ich mich in der Silvesternacht daran ergötze, mir nicht nur das Feuerwerk über der deutschen Hauptstadt anzuschauen, sondern auch neugierig bin, wie in Sydney, Dubai oder London das neue Jahr eingeläutet wird. Die Kombination aus kostspieligen Pyro-Effekten, die immer häufiger passend zur Musik gezündet werden, sorgt nicht nur livehaftig für „Aahs“ und „Oohs“, sondern macht auch am Fernseher Spaß.

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Funkenregen ohne Schwarzpulvergeruch: Der Großfeuerwerk-Simulator macht es möglich. © 4P/Screenshot

Und hier kann ich alles von Anfang bis Ende selber planen. Ohne Bedenken, mir beim Start der Raketen mit einem leidlich funktionierenden Feuerzeug die Finger zu verbrennen. Ohne Angst haben zu müssen, einen teuren Fehler bei der Berechnung der Zündzeiten zu machen. Klar: Der typische Pyro-Geruch, der einem zu Silvester in die Klamotten zieht, wird hier nicht mitgeliefert. Und im Detail sehen die weit über 100 verschiedenen Effekte, die sich allerdings auf gut 25 unterschiedliche (in verschiedenen Kalibern und Farben/Kombinationen) herunterbrechen lassen, nicht so gut aus wie in der Realität. Dennoch spricht das Platzieren der Knallkörper und das möglichst ideale Synchronisieren der Zündzeitpunkte auf die Musik den Ehrgeiz an. Vor allem, wenn man seine eigenen Musikideen importiert (bis zu zehn Minuten Spielzeit werden unterstützt), da die zwei mitgelieferten Tracks ziemlich mau sind. Aber aufgepasst: Befinden sich Sonderzeichen im Titel (z.B. Umlaute) sorgt dies für einen Absturz. Allerdings kachelt nicht nur die Software ab – das gesamte System (Win 8.1) wurde in Mitleidenschaft gezogen und der Task-Manager ließ sich nicht mehr nutzen, so dass ein kompletter Neustart nötig war. Autsch.

Perfektionisten gesucht

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Der „Sequencer“ zum Erstellen der Abschuss-Folge ist übersichtlich und einfach zu bedienen, lässt aber Komfort vermissen. © 4P/Screenshot

Doch wenn man diesen Bug umschifft und schließlich z.B. zu klassischer Musik oder Queens Bohemian Rhapsody (natürlich gehen auch Dance Tracks, sonstige Mixtapes usw.) versucht, eine Flammen-Choreografie auf die Beine zu stellen, vergeht die Zeit im Fluge. Zuerst platziert man die Batterien auf den dafür vorgesehenen Plattformen der zwei Standorte Köln (Pontons auf dem Rhein) oder München (Olympiapark), wobei es jedoch keine Kopieren-Einfügen-Funktion gibt, um bestimmte Anlagen-Kombos komfortabel an anderer Stelle erneut oder spiegelverkehrt aufzubauen. Alle aufgestellten Abschussanlagen kann man dann im so genannten „Sequencer“ wie in einem Video- oder Audioschnitt-Progamm auf die verschiedenen Spuren verteilen, wobei die frei verschiebbare „Zeitlinie“ immer den idealen „Anlegepunkt“ für den gewünschten Effekt bietet, so dass man z.B. den Feuerregen mit Freddy Mercurys Gesang koordinieren kann. Trotzdem kann das akkurate Abschießen immer wieder zu zeitaufwändigem Mikromanagement ausarten, da man sich nicht nur einen bestimmten Abschnitt zu Gemüte führen und feinabstimmen kann, sondern sich „live“ immer wieder die komplette Abfolge anschauen muss. Möchte man sehen, wie sich eine Änderung gegen Ende des Songs auswirkt, braucht man entsprechend Geduld. Dennoch stellt man sich nach und nach sein gesamtes Feuerwerk zusammen und kann aus sechs Kameraperspektiven wählen, um seine „Pyrografie“ ins rechte Licht zu rücken.

Und wem die mitgelieferten Feuerwerks-Batterien nicht reichen, der stellt sich im „Konfigurator“ einfach selber welche zusammen oder editiert die vorhandenen. Hier kann man sogar den Zündzeitpunkt bzw. die zeitliche Differenz festlegen. Die Effekte können wahlweise mit 0.1, 0.25, 0.5, 1.0 oder 2.0 Sekunden Verzögerung aus den Mörsern abgefeuert werden. Andere Abstufungen sind nicht möglich, es sei dann, man trickst ein wenig und schnappt sich z.B. das Bodengestell mit 95 (!) Mörsern und lässt einige Plätze leer, um sich alternative Pausenzeiten zu schaffen. In der Vorschau kann man überprüfen, ob alles so funktioniert und aussieht, wie man es sich vorgestellt hat und nach dem Abspeichern darf man sein individuell befülltes Gestell nutzen.

Fehlender Komfort


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Man darf in Köln und München feuerwerken. Editoren für eigene Städte gibt es keine. © 4P/Screenshot

Was allerdings vergessen wurde, ist eine Verknüpfung von Konfigurator und Sequencer. Möchte man die Zündzeiten modifizieren, jenen blauen Effekt durch einen grünen ersetzen oder hat eine spontane Idee für eine neue Batterie, die perfekt zum Gitarren-Solo von Brian May passt, kann man dies nur über Umwege (Hauptmenü, Konfigurator, Hauptmenü, Sequencer) umsetzen. Gerade für Perfektionisten ist dieser mangelnde Komfort ein Dorn im Auge, da man zu viel Zeit mit unnötigen Klickwegen vergeudet. Ebenfalls ärgerlich ist die fehlende Option, eigene Kameraperspektiven festzulegen. Zudem kann man weder neue Abschussrampen in Köln oder München platzieren. Und von der Möglichkeit, eigene „Levels“ zu erstellen und diese ggf. mit eigenen Hintergründen zu tapezieren, kann man ebenfalls nur träumen.

Natürlich ist mir bewusst, dass es sich hier nur um einen Budget-Titel handelt, der auf Steam zum Testzeitpunkt als Sonderangebot für unter zehn Euro zu haben ist. Doch mit mehr Öffnung für Community-Inhalte und verbessertem Komfort hätte aus einem interessanten Titel für zwischendurch sogar noch mehr werden können. Andererseits hat das Team es ja nicht einmal geschafft, dafür zu sorgen, dass man aus dem Spiel seine Lieder-Listen vernünftig verwalten und z.B. Tracks löschen kann, die sich nicht einmal mehr auf dem Rechner befinden, dort aber weiterhin angezeigt werden.

  1. ColdFever hat geschrieben:Es kommt immer auch auf den Zweck, die Versprechungen und die Preisklasse an.
    Im letzten Punkt muss ich dir widersprechen, denn der Verkaufspreis wird bei 4p-Rezensionen nicht mitberücksichtigt:
    Welche Rolle spielt der Preis für die Wertung?
    Keine. Ein Spiel für 70 Cent kann genau so verrissen oder bejubelt werden wie eines für 70 Euro.
    http://www.4players.de/4players.php/mic ... index.html

  2. ColdFever hat geschrieben:Was es nicht alles gibt.
    Kommt dann als nächstes der Großfeuer-Simulator?
    @relain: Du vergleichst einen AAA-Titel für 60 Euro mit einem Budgettitel für 10 Euro.
    Das ist wie der Vergleich eines Rosttüren-Benz' der A-Klasse mit einem preiswerten Mofa.
    Es kommt immer auch auf den Zweck, die Versprechungen und die Preisklasse an.
    Was hat der Preis damit zu tun? Es handelt sich um eine Spielspaßwertung, und die ist unabhängig von einem Preis. Oder wird ein Spiel dann besser, wenn es irgendwann mal günstiger ist? Nein. Das Preis-/Leistungsverhältnis wird besser, der Spielspaß bleibt gleich.

  3. SingendeElch hat geschrieben: Mein Geld haben die sicher. Muss jetzt leider zur Arbeit. 8 Stunden Bussimulator durch Berlin, immerhin arbeite ich nicht beim Truck Simulator. So bin ich Abends wenigstens zu Hause bei meinen Sims.
    Der OMSI wär für Sie wohl der reinste Horror, da fährt man 8 Stunden in Berlin, um dann daheim das gleiche zu simulieren :ugly:

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