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Kentucky Route Zero (Adventure) – Verwirrend und faszinierend

Ein alter Mann soll eine Bestellung ausliefern – so weit, so gut – nur kennt er den Weg dorthin nicht. Der Highway Zero soll ihn ans Ziel bringen, doch der Zugang dorthin ist zunächst versperrt. Erst als sich das Tor einer Scheune als Eingang in einen Tunnel entpuppt, der ausschließlich im Kreis verläuft und doch an verschiedene Ziele führt, geht die Reise weiter… Kentucky Route Zero weckte im Test Erinnerungen an die geheimnisvolle Introvertiertheit eines David-Lynch-Films – verliert im Verlauf seiner fünf Episoden allerdings das Ziel aus den Augen.

© Cardboard Computer / Cardboard Computer / Annapurna Interactive

In Bruchstücken erzählt

Und trotzdem verhaspelt sich das Trio leider, verliert sich irgendwann in seinem Konzept, ohne es sinnvoll fortzuführen und hatte deshalb auch mich ab der Hälfte etwa fast komplett verloren. U.a. schließen sich nämlich immer mehr Personen der Gruppe um den alten Mann an, sodass die fokussierte Erzählung schon deshalb auf der Strecke bleibt. Man bleibt zudem immer häufiger am Wegrand stehen, um Anekdoten aus dem Leben Anderer zu erfahren, die schon zwei Minuten später keine Rolle mehr spielen.

Wirkt der dritte Akt mit dem erwähnten Spiel im Spiel noch wie ein interessantes Zusammenführen der Beobachter vorm Bildschirm und der fiktiven Charaktere, trägt er inhaltlich schon kaum noch Neues bei. Akt vier fühlt sich schließlich wie ein erzwungenes Strecken der Spielzeit an, dem ich fast nichts mehr entnehmen konnte. Ständig wird man aufgehalten, um noch diese, später jene und dann eine weitere Anekdote zu lesen. Obwohl es auch später noch interessante Gedanken und Möglichkeiten der Interpretation gibt – etwa eine unter das Dach einer Lagerhalle verlegte Siedlung – funktioniert die Reise über recht lange Strecken nicht als geschlossenes Abenteuer. Weniger wäre sowohl in Bezug auf die Charakterriege als auch die erzählten Bruchstücke mehr gewesen.

Eine Sammlung von Anekdoten

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Cardboard Computer verpackt interessante Botschaften, verzettelt sich im Mittelteil aber in zu vielen belanglosen Kurzgeschichten. © 4P/Screenshot

Zu allem Überfluss entpuppen sich einige zunächst interessante Elemente als Selbstzweck, der keinen weiterführenden Nutzen hat. Die Antwort auf die Frage, ob man Erinnerungen selbst schreibt und ob das entsprechende Auswirkungen hat, fällt etwa ernüchternd aus: Nichts dergleichen ist der Fall. Es sind auf den Moment beschränkte Gesprächsoptionen, damit solche überhaupt vorhanden sind. Nun bin ich ein großer Freund interaktiver Unterhaltungen, in denen man eben nicht am Rad des großen Schicksals dreht, denn diese Entscheidungsmacht hat mit realem Erleben wenig zu tun. Damit man sich wie ein Teil des Geschehens fühlt, müsste das Umfeld aber trotzdem reagieren oder zuvor Gesagtes aufnehmen.

Abgesehen davon empfand ich einige spätere Texte als seltsam profan. Wenn eine Person etwa ihre Version einer Anekdote erzählt, nur damit eine andere direkt im Anschluss ein anderes Licht darauf wirft, wirkt das wie ein lieblos hingeworfener Knochen. Würden ganz frühe, womöglich zentrale Erkenntnisse einen anderen Anstrich erhalten, wenn man sie viel später aus einer anderen Perspektive kennenlernt, hätte das einen bleibenden Eindruck hinterlassen können. Auf solche Offenbarungen verzichtet Cardboard aber.

Und so findet Kentucky Road Zero schließlich ein Ende, das zum Glück noch einmal Fahrt aufnimmt, weil es die lange Reise in jeder Hinsicht schlüssig beendet. Schade, dass es zu diesem Zeitpunkt aber längst nur noch eine Sammlung von Anekdoten ist, die bei weitem nicht so geschlossen funktioniert, wie es die Filme von David Lynch tun.

 

  1. Ich würde das Spiel niemanden empfehlen.
    Das Hauptproblem liegt hier an der eher "künstlerischen" symbolisch, hochabstrakten Herangehensweise statt auf Erzählung einer stringenten und vor allem logischen Geschichte. Wer eine gute Geschichte erwartet wird spätestens in der Mitte von Teil drei enttäuscht, so ist es auch nicht verwunderlich das die Auflösung im letzten Teil selbst bei Fans des Spiels nicht gut ankam. Zumindest, wenn man sich die Diskussionen bei Steam anschaut.
    Teil drei und besonders Teil vier waren echt eine Zumutung, vor allem verschwindet einer der zwei Hauptcharaktere am Ende von Teil vier einfach so, ohne eine richtige Weiterführung von dessen Geschichte.
    Postmoderner Unsinn den ich hoffentlich schnell wieder vergessen habe. Eine Wertung von 75 würde ich für die ersten zwei Teile akzeptieren, aber als Gesamtwertung erscheint mir eher eine 50er Wertung gerechtfertigt.

  2. Spiele es schon eine Weile... und ich LIEBE es. Über kein Game denke ich so oft nach, schon seitdem ich es anfing vor knapp 2 Jahren. Kann die Kritik an der mangelnden Straffheit verstehen, bin aber viel zu beeindruckt von den absurden Szenarien und der emotionalen Ahterbahnfahrt. Das Bären-Büro, das Wohnmuseum... wie geil :mrgreen:

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