Atmosphärisch kann die Schnee-Wanderung vor allem am Anfang überzeugen: Zwar ist die Spielwelt erschrecken leer und etwas eintönig gestaltet, doch sorgen Wettereffekte wie mitunter heftiger Schneefall oder das Wiegen der Bäume im Wind immerhin für etwas Bewegung und Leben auf dem Bildschirm. Mit zugefrorenen Seen, verwinkelten Höhlen, engen Felsvorsprüngen und finsteren Wäldern holt man sogar noch relativ viel Abwechslung aus dem Szenario heraus, auch wenn man sich irgendwann an der weißen Pracht sattgesehen hat, die von der Unreal Engine 4 angetrieben wird. Von den Machern wird Kholat als eines der ersten PS4-Spiele beworben, bei dem sich die Entwickler den Zugriff auf den siebten Prozessorkern zunutze machen durften. Leider merkt man davon nicht viel – im Gegenteil: Die Bildrate schwankt oft stark und kommt hinsichtlich der Darstellung nicht an das PC-Vorbild heran. Neben vereinzelten Ruckelanfällen friert das Bild manchmal sogar für ein bis zwei Sekunden ein. Nein, technisch hinterlässt die Umsetzung trotz landschaftlicher Höhepunkte keinen ausgereiften Eindruck auf Sonys Konsole.
Noch enttäuschender präsentiert sich der übernatürliche Gegner, der manchmal aus dem Nichts erscheint und mich schon bei der kleinsten Berührung tötet. Nicht nur das dämonische Design wirkt billig, auch Bedrohung und Gruselfaktor kommen viel zu kurz. Zum einen deutet sich das Erscheinen meist schon durch leuchtende Fußspuren im Schnee an
und zum anderen ist das seltsame Wesen ziemlich lahm unterwegs. Spannung oder gar Panik kommt da nur selten auf. Stattdessen nervt die Kreatur mit ihrem kleinen Aktionsradius an engen Stellen, so dass man sich nicht länger an diesem Wachhund vorbei schleichen kann und notgedrungen einen Umweg gehen muss. Umgekehrt fehlt im offenen Gelände die Herausforderung und Bedrohung, weil man den Verfolger kinderleicht abschütteln kann. Nur kurz vor dem Ende wird es etwas kniffeliger und mitunter frustrierend, weil man von dem Vieh regelrecht eingekesselt wird und es sehr schnell sowie häufiger aus dem düsteren Nichts erscheint. In manchen geskripteten Momenten muss man auch einfach nur davonlaufen und wird schon mal erwischt, bevor man überhaupt realisiert, was genau zu tun ist.
In der Ruhe liegt die Kraft
Trotz vieler inhaltlicher Gemeinsamkeiten mit dem Indie-Schocker Slender bzw. Slender: The Arrival geht es hier deutlich ruhiger und weniger hektisch zu. Zwar gibt es die besagten Horroransätze durch die Kreatur und die eher mäßigen Versuche, den Spieler durch gezielte Schockmomente zu erschrecken. Aber die geruhsame Erkundung der schneebedeckten und abgelegenen Bergregion bestimmt einen Großteil des Spielverlaufs. Da das Gehtempo nicht gerade hoch ist und einem nach Sprints schnell die Puste ausgeht, kann sich dieser „Wandersimulator im Schnee“ manchmal etwas zäh anfühlen. Zumal auch das Aktionsrepertoire eingeschränkt ist: Zwar kann man sich ducken und dadurch auch schleichen, doch Springen oder selbst einfaches Klettern sind nicht möglich. Entsprechend merkwürdig mutet es an, wenn selbst kleine Hindernisse den Weg versperren und damit die Bewegungsfreiheit überzogen künstlich eingeschränkt wird. Die Zoom-Funktion ist für die Suche nach Hinweisen ein nützliches Gimmick. Gleiches gilt für die Taschenlampe mit unbegrenzer Energie, die man aber nur selten wirklich benötigt, da der Vollmond die Umgebung meist ausreichend erhellt. Vor allem aber sollte man seine Lauscher aufstellen, denn das Geräusch des flatternden Papiers liefert ebenfalls einen klanglichen Fingerzeig darauf, wo man etwas finden kann. Schade, dass die Entwickler zwar die Leuchtleiste des Controllers nutzen, dem Lautsprecher aber keine weitere Beachtung geschenkt haben, obwohl es sich prima angeboten hätte – etwa für das Klicken des Schalters für die Taschenlampe oder das besagte Papierflattern. Selbst eine optionale Steuerung mit Bewegungssensoren beim Führen der Taschenlampe hätte vielleicht ähnlich gut funktionieren können wie bei Until Dawn.
Zugunsten der Immersion war es eine gute Entscheidung, den Bildschirm nicht mit irgendwelchen Anzeigen vollzustopfen. Stattdessen beschränkt man sich abseits eines dezenten Hinweis-Blinkens und kontextsensitiven Tasteneinblendungen nur darauf, was die Figur des Spiels mit ihren eigenen Augen sieht. Deshalb würde sich Kholat auch exzellent für die Verwendung von PlayStation VR anbieten, doch angesichts der vorhandenen Darstellungsprobleme wird man sich von diesem Wunschdenken wohl verabschieden können.
Hört sich interessant an und nach einem Spiel, was Gronkh, der bekannteste Letsplayer Deutschlands sicher antesten wird.