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LittleBigPlanet (Logik & Kreativität) – LittleBigPlanet

Es gibt keine Märchen in der Spielebranche. Es gibt keine tapferen Schneiderlein und Hans im Glück bräuchte eine Lizenz, eine Sims-Schwester oder einen Kawashima-Onkel, um erfolgreich zu sein. Kann man heutzutage aus skurrilen Ideen noch ein außergewöhnliches Spiel zaubern, ohne es am Altar des Mainstreams zu opfern oder auf irgendeine Zielgruppe zu kastrieren? Kann man mit skurrilem Artdesign, etwas Physik, Humor und Stoffpüppchen begeistern?

© Media Molecule / Sony

Spielerisch zum Leveldesign

Es gibt ja so viel zu sammeln. Und zu bauen. Und zu verändern. Und einzukleiden.

Game 3.0 ist das Schlagwort von Sony, aber so würde ich LittleBigPlanet bis hierher allerdings trotz Physik & Co nicht nennen, denn die Spielmechanik ist entweder bekannt oder zu konservativ; außerdem gibt es Editoren und gerade im PC-Bereich die Einbindung der Community ins Spieldesign. Aber dann schaut man sich den Editor an. Und wenn man diese Büchse der Kreativität erstmal öffnet, entdeckt man in der Tat etwas, das der Spielewelt – vor allem im Konsolenbereich – eine neue Dimension der Interaktion verleiht. Denn hier gestaltet man nicht nur eigene Levels, man tüftelt wie ein Verrückter an ihnen herum, kann sie auch sofort online stellen und von anderen spielen und bewerten lassen – was YouTube mit Videos veranstaltet, wird hier in hervorragender und einmaliger Art und Weise auf die Spielewelt übertragen. Und selbst beim Bewertungssystem bleibt man kreativ: Statt auf Ziffern, Schulnoten oder sonstwas zurückzugreifen, kann man passende Worte für das Level wählen. Wer einmal während der Beta auf den Planeten der User zurückgegriffen hat und gesehen hat, was da alles an coolen Levels (und Schrott) online war, der konnte nur staunen.

Innerhalb der Levels gibt es immer wieder automatische Speichertore wie dieses: Sobald man daran vorbei kommt, wird ein Rücksetzpunkt aktiviert – Frust kommt da gar nicht erst auf.

Die Auswahl und Bedienung all der grafischen und interaktiven Elemente des Editors ist denkbar einfach – man findet sich sehr schnell zurecht. Auch deshalb, weil das Tutorial vorbildlich umfangreich gestaltet ist: Man bekommt wirklich für jedes Bauteil eine ausführliche und gesprochene Beschreibung. Allerdings hat der Hilfe-Eifer der Entwickler teilweise pedantische Züge: Man muss wirklich genau den Anweisungen der Übungen folgen, damit die nächste überhaupt freigeschaltet wird. Und erst wenn man alle Übungen absolviert hat, hat man auch alle Optionen des Baukastens zur Verfügung. Leider ist es manchmal schwieriger herauszufinden, was jetzt genau der eigene Fehler bei der Nachahmung der Übung war, als einen echten Level zu bestehen – hier hätte man deutlich nachgiebiger sein müssen, denn wenn man im Tutorial stecken bleibt, dann haben die Designer einfach etwas falsch gemacht.

Feedback & Koop-Design

Trotzdem ist LittleBigPlanet ein ausgewachsenes, forderndes Jump’n Run, das eure ganze Geschicklichkeit fordert, wenn ihr ein Level komplett meistern wollt.

Richtig motivierend innerhalb des Bauprozesses ist jedoch, dass man für das Kreieren eigener Level nicht nur Feedback aus Community bekommt, sondern auch innerhalb des Spiels neue Elemente freischaltet. Und wenn man sich einmal als Leveldesigner betätig hat, will man natürlich alles zur Verfügung haben, was erhältlich ist – von den hunderten Stickern über all das verrückte Interieur bis hin zu Hebelmechanismen, Sounddateien, Fahrzeugen und Fallenkonstruktionen. Selbst das Bauen und Basteln mit dem Editor ist also ein Teil des Spiels, da er aufgrund seiner unendlichen Möglichkeiten immer wieder zum Experimentieren animiert. Der Editor ist einfach verdammt mächtig: Man kann Myriaden an Welten errichten, vom einfachen Rennparcours mit oder ohne Zeitlimit über rätsellastige Abenteuer mit Rollenspielcharme bis hin zu nachgeahmten Sonic- oder Mario-Klassikern.

Man kann nicht nur spielerisch designen, also Spaß am Experimentieren mit den eigenen Ideen und seinem Balancing haben, sonder auch kooperativ designen. Sprich: Man baut einen Level zusammen mit seiner Frau, seinen Kindern, seinen Freunden oder wem auch immer. Und gerade dieser Prozess des gemeinsamen Entwickelns sorgt für viel Laune. Außerdem ergeben hier auch Gestik und Mimik Sinn und sorgen für eine kleine schauspielerische Komponente, denn wenn der Partner die Kiste partout nicht nach oben links befördert, kann man als Sackboy schmollen oder dorthin zeigen.