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Lost – Das Spiel (Action-Adventure) – Lost – Das Spiel

Wusstet ihr, dass Ende des Jahres eine erste deutsche Lost Convention stattfindet? Okay, alles im kleinen Rahmen: In einer Lagerhalle. In Osnabrück. Muss man nicht hin. Aber schon wieder ist aus einer amerikanischen TV-Serie eine Art Kult geworden: Die Serienjünger fiebern jeder neuen Folge wie einer heiligen Botschaft entgegen. Auch Ubisoft möchte sich an der religiösen Ergriffenheit beteiligen.

© Ubisoft Montreal / Ubisoft

Der Mann ohne Gedächtnis

Im gespräch mit Sahid und Jack: Das Spiel hält sich strikt an die Rollenverteilung der Serie und lässt euch mit den Charakteren sprechen – allerdings ist alles vorgegeben, kein Verhältnis beinflussbar.

Worum geht es? Flugzeugabsturz, Gedächtnisverlust, Suche nach Wahrheit – und all das auf einer einsamen Insel. Ich spiele einen Fotojournalisten namens Elliot, der in der TV-Serie nicht vorkommt – ein guter Schachzug, der theoretisch eine andere Perspektive ermöglicht. Aber wer hier versteckte Anspielungen oder gar Aufklärung erhofft, wird enttäuscht. Elliots Geschichte wird zwar gut und interessant erzählt, aber die Insel bleibt dabei seltsam blass.

Die Motivation ist ein Klassiker: Ich weiß zu Beginn nicht, wer ich bin und was ich tun soll. Nach dem Absturz herrscht Verwirrung. Also spreche ich in Dialogen mit immer gleichen Textzeilen alle an, die ich am Strand zwischen den Trümmern finden kann – und das sind nicht viele. Im Gegensatz zum chaotischen Tohuwabohu der Serie werdet ihr hier zu Beginn nur wenigen Personen begegnen. Hier bröckelt die Faszination bereits ein wenig, die von der tropischen Kulisse noch aufgebaut wird. Ich kann keinerlei Allianzen schließen oder über Antworten vielleicht Beziehungen aufbauen – die Story läuft leider streng linear. Obwohl es z.B. so aussieht, als könne man über geschickte Antworten mit Kate anbandeln, hat man keinerlei Einfluss.

Fahrenheit lässt grüßen?

Ab in die Höhle: Mit Fackeln im Gepäck kann man finstere Höhlen erkunden. Dabei muss man auf Fledermäuse, Löcher im Boden sowie herab plätscherndes Wasser achten.

Es spielt sich auf den ersten Blick wie ein 3D-Adventure der Marke Fahrenheit, wie ein Point&Click im technisch modernen Gewand: Ihr bewegt euch in Schulterperspektive über den Strand, könnt Gegenstände untersuchen, fotografieren und einsammeln, Rätsel lösen sowie Charaktere ansprechen. Wer Kokosnüsse, Papayas & Co aufnimmt, kann sie später gegen Fackeln, Magazine & Co tauschen. Hört sich nach Adventure an, kratzt aber nur daran und ist meilenweit von der Klasse eines Fahrenheit entfernt. Freiheit der Entscheidung? Fehlanzeige!

Da man immer mehr als genug Lebensmittel findet, sie nie verbrauchen muss und eigentlich wenig zum Tausch braucht, hält sich der Sammel- und Tauschreiz in Grenzen. Ihr müsst auch weder Items kombinieren noch gezielt untersuchen; selbst die Fotos haben keinen anderen Zweck als am Ende wirklich lächerliche Artworks freizuschalten. Wer an eine interessante Erkundung à la Beyond Good & Evil denkt, die zusätzliche Informationen bringt, wird hier enttäuscht. Es gibt noch nicht einmal ein Archiv! Wer also einen Schnappschuss von Lockes Rollstuhl macht, bekommt rein gar nichts. Keine Infos. Keine zusätzlichen Dialogzeilen. Noch nicht mal das Foto. Und das ist enttäuschend.

Zeitreise mit der Kamera

Auch der mysteriöse Locke hat einige Auftritte: Ihr trefft ihn im Dschungel, er gibt euch ab und zu Tipps oder lässt seine Weisheiten fließen…

Lost nutzt einen dramaturgisch interessanten Kniff, um mich an die mysteriöse Vergangenheit des Protagonisten heran zu führen: Es gibt Rückblicke, die ich spielen kann. Und innerhalb dieser verschwommenen Vergangenheit, die nur einige Situationen meiner Erinnerung zeigen, muss ich bestimmte Stellen fotografieren. Mache ich den perfekten Schnappschuss, fließt meine Erinnerung wieder in voller Länge und Farbe. Vorher werden mir als Hilfe kleine Schnipsel angezeigt, die mir einen Hinweis auf das Motiv geben.

Theoretisch ist diese Mechanik interessant. Aber die praktische Umsetzung ist eine Katastrophe: Manchmal brauche ich zwanzig, dreißig Schüsse, um genau das Foto zu machen, das verlangt wird. Dass man dabei die richtige Szene treffen muss, ist verständlich. Aber dass man dabei die Kamera zig mal millimetergenau justieren muss, was Abstand und Schärfe angeht, ist auf Dauer frustrierend: Man hat das Motiv voll drin, aber steht falsch und bekommt eine Fehlermeldung. Dann noch eine. Und noch eine. Und noch eine – arrrgh! Hier hätte man zugunsten des Spielflusses die Toleranz bei der Bilderfassung erhöhen müssen…