Veröffentlicht inTests

Madden NFL 09 (Sport) – Madden NFL 09

Kann das wirklich wahr sein? Gibt es die Madden-Serie tatsächlich schon seit 20 Jahren, wie uns das Cover Glauben machen möchte? Oh ja! Und seit einigen Jahren auch in HD – auch wenn diese Fassungen bislang nicht an die Glanzzeit des EA’schen American Football Anfang dieses Milleniums anknüpfen konnten, in denen es Platin auf Platin regnete. Hat das Tiburon Studio zu viel gefeiert oder die Zeit auf sinnvolle Verbesserungen verwendet, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten?

© EA Tiburon / Electronic Arts

Neu hingegen ist das virtuelle Training, in dem ihr in einer stilisierten Arena mit blauen und roten Männchen (alles erinnert leicht an den Filmklassiker Tron) Spielzüge einüben und euch an die Finessen der Steuerung gewöhnen könnt.
Angesichts der nochmals sowohl in der Defensive als auch in der Offensive verbesserten KI, die sich allerdings auch seltene Schnitzer erlaubt, die ich ihr nicht übel nehmen kann, ist das Training nicht nur gut umgesetzt, sondern auch sehr sinnvoll.

Ob der ebenfalls neue so genannte Madden IQ (das Gegenstück zu diversen TruSkill-Spielereien bei vergleichbaren Titeln) allerdings der Weisheit letzten Schluss darstellt, wage ich zu bezweifeln. Auf der einen Seite halte ich es für löblich, wenn von Entwicklerseite eine automatische Regulation stattfindet, die sich anschaut, wie gut und erfolgreich ihr auf den jeweiligen

Spektakuläre Spielzüge, brachiale Tackles: Dank guter Steuerung und dynamischen Kameraperspektiven zeigt sich Madden NFL 09 als überzeugendes Football-Erlebnis. (PS3)

Schwierigkeitsgraden spielt und daraus einen Quotienten errechnet, der fortan den allgemeinen Anforderungslevel für euch festlegt. So kann gewährleistet werden, dass der Spieler immer ansprechend gefordert wird – wenn es funktioniert. Hinter den Kulissen mag die Formel, nach der alles berechnet und angepasst wird, ja aufgehen. Auf dem Bildschirm und damit für den Spieler gefühlt, ergeben sich kaum Unterschiede. Insofern kann ich auf dieses Feature im nächsten Jahr durchaus wieder verzichten.

Coole Analyse

Nicht mehr missen möchte ich hingegen das so genannte „Backtracking“. Dahinter verbirgt sich ein Analysetool, das bei Fehlern auf dem Platz schonungslos kommentiert und übersichtlich aufzeigt, was beim jeweiligen Spielzug falsch gelaufen ist.
So bekommen Anfänger schnell ein Gefühl für das Wesentliche und auch Könner dürfen sich auf die eine oder andere Finesse freuen, die sich hinter Hinweisen verbirgt, wie es beim nächsten Mal besser gehen kann.
Das Problem mit Backtracking: Es kommt zufällig. Vor allem für die Anfänger unter uns Zockern, die zudem schon beim eher spartanischen Handbuch verzweifeln dürften, wäre eine Option zum manuellen Backtracking wünschenswert.

Zusätzlich zu den bekannten Modi dürfen sich Madden-Spieler dieses Jahr erstmalig auf Herausforderungen aus der letzten Saison freuen – eine Mechanik die EA in diversen FIFA-Titeln schon erfolgreich eingesetzt hat und die auch hier einen zwar kleinen, aber feinen Anteil an der Gesamtmotivation bildet.

Der Online-Modus hingegen bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zwar hat man dieses Jahr wieder nahezu lagfreie Partien vor sich, auf die man sich freuen kann, doch das Drumherum bleibt spartanisch wie eh und je. Und auch der neue Online-Ligamodus für bis zu 32 Spieler bleibt vieles schuldig. Allem voran eine Möglichkeit, fehlende Spieler mit CPU-Akteuren aufzufüllen. Nehmen wir mal an, im Freundeskreis spielen mit mir noch zwei weitere Spieler Madden. Nehmen wir weiter an, dass wir eine Liga 

Gleich knallt’s: Wenn ihr jetzt zu lange zögert, ist der Quarterback geliefert. (360)

aufbauen möchten. Wenn wir jetzt abschließend annehmen, dass wir nur zu dritt spielen möchten, sind wir ziemlich verlassen. Entweder wir lassen uns auf 29 weitere Spieler ein oder aber wir haben eine unspannende Liga mit drei Mannschaften…
Dass darüber hinaus Statistiken Mangelware sind und man kaum Möglichkeiten hat, sich auf sein Gegenüber einzustellen, bleibt der komplette Online-Modus schmückendes Beiwerk. Ein Schritt in die richtige Richtung ist er zweifellos, doch in jeglicher Hinsicht hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibend.

Jubel zum Jubiläum?

Ja: Online-Modus, Madden IQ und der zwischen grenzgenial und grenzdebil schwankende Kommentar sind verbesserungswürdig. Und auch die Stagnation bei vielen Spielmodi lässt bei mir die eine oder andere Alarmglocke schrillen.
Doch letztlich sind mir Erweiterungen bei den Spielmodi nicht so wichtig, so lange es auf dem Platz stimmt. Und dank der akkuraten Steuerung, die mir nicht nur bei der Kontrolle des Ball führenden Spielers haufenweise Optionen in die Hand gibt, ohne dass ich mir die Finger verknoten muss, stimmt es einfach. Spontane Spielzugänderungen lassen sich unproblematisch ansagen, Abweichungen von Laufrouten lassen sich ebenso einfach bewerkstelligen wie ein brachiales Tackling des gegnerischen Linebacks. Und die umfangreiche Spielzugauswahl mit ihren diversen, allesamt durchdachten und für nahezu jeden Spielertyp vom Anfänger bis zum Profi geeigneten Anzeigen (samt Fakeauswahl für Duelle vor einem Schirm) sucht ihresgleichen.
Und damit macht der Sport, der dank seiner taktischen Spielweise so nahe an den Begriff „aktives Rasenschach“ herankommt, wie es nur möglich ist, so viel Spaß wie schon lange nicht mehr.