Denn wenn man schon auf das Karopapier-Prinzip zurückgreift, erschließt sich mir nicht, wieso man sich mit der Maus frei bzw. zumindest in einem 180-Grad-Winkel vor einem umschauen kann. Das ist mechanisch inkonsequent, erfüllt keinen spielerischen Nutzen und würde nur Sinn ergeben, wenn einem entweder im Kampf oder in der Interaktion mit der Umgebung zusätzliche Optionen zur Verfügung stünden. Aber man kann weder beim Umschauen Schwachpunkte beim Gegner ausmachen noch findet man Schalter oder Geheimnisse.
Läuft man z.B. über einen im Boden vergrabenen Schatz, richtet sich der Blick automatisch nach unten und man muss nur noch die Leertaste drücken, damit Gold und Ausrüstung zu Tage gefördert werden. Dieser Automatismus greift immer, wenn man im richtigen Winkel zu Truhen, Schaltern etc. steht, so dass überhaupt kein Grund gegeben wird, vom freien Umsehen Gebrauch zu machen. Zumal die schwache Kulisse auch nicht zum Umschauen einlädt, doch dazu gleich mehr.
Ein X für ein U vormachen
Der Fokus auf bonbonbunte Standard-Fantasy zeigt sich aber nicht nur im Hinblick auf Erzählung oder Kulisse. Denn auch mechanisch bleibt Legacy oberflächlich. Alte Schule hin oder her, das simple Kampfsystem fordert anfänglich ebenfalls wenig. Man muss nicht beachten, wer „vorne“ oder „hinten“ steht, da es schlichtweg keine Differenzierung gibt. Wer also glaubt, dass er mit seinen Nahkämpfern die Bogen- oder Armbrustschützen, Zauberer oder Druiden aus dem Kampfgeschehen fernhalten kann, ist schief gewickelt. Dadurch beraubt sich Might and Magic 10 einer interessanten taktischen Komponente. Auch die Bewegung im Kampf ist stark reduziert. Man kann sich zwar jederzeit auf der Stelle drehen, doch Bewegung der Figuren ist nur am Anfang einer eigenen Zugrunde möglich. Diesen Moment hingegen kann man im Eifer des Gefechtes gelegentlich verpassen. Doch es gibt ohnehin nur wenige Möglichkeiten, die meist auf Frontalangriff ausgelegten Feinde, in einen Hinterhalt zu locken.
Und dennoch hat mich Might and Magic 10 zum Weiterspielen motiviert. Es ist zwar nicht so düster, geheimnisvoll oder erbarmungslos wie das ähnlich gelagerte Legend of Grimrock. Doch mit seiner üppig ausgeschütteten Beute, den großen Gebieten, in denen man anfangs zwar zu wenige und sehr leichte Schalterrätsel findet sowie den umfangreichen (und kostspieligen) Möglichkeiten, seine Figuren zu entwickeln, hat mich das Abenteuer schnell in seinen Bann schlagen können. Was verbirgt sich hinter dieser Biegung? Wie komme ich an dieser magischen Tür vorbei? Mitunter wirkte es auf mich wie ein „Karopapier“-Diablo auf Standard-Schwierigkeitsgrad: Bunt, Beute bis zum Anschlag und weitgehend spannungsarm. Das zeigt sich übrigens auch in den Begleitern, die einen teils für eine Mission, teils gegen Bezahlung begleiten und entweder mit passiver Unterstützung (z.B. zehnprozentiger Erfahrungspunkt-Bonus) oder aktiv (einmal pro Tag Tote wiederbeleben oder Heilen) helfen. Denn diese sind im Kampf für die Gegner unsichtbar. Es wäre ein sehr interessantes zusätzliches Spannungsmoment, wenn man in bestimmten Situationen nicht nur für seine Truppe, sondern auch für die Mitläufer Verantwortung übernehmen müsste.
Immerhin spart man sich unnötigen Grind: Einmal „gereinigte“ Gebiete werden auch später nicht wieder von Monstern bevölkert.
Also doch Dark Souls?
Etwa ein Viertel der umfangreichen Monsterhatz (je nach Spielweise sollte man insgesamt mindestens zwischen 25 und 30 Stunden einplanen) plätschert das Abenteuer so vor sich hin. Man geht keinem Kampf aus dem Weg, wohl wissend, dass die Entwickler einen ungefähren Weg vorgezeichnet haben, der einem keine all zu großen Steine in den Weg legt. Doch dann kippt die Stimmung. Die Umgebungen verlieren das Bunte und werden zunehmend düsterer. Die Missionen werden knackiger, es ist nur noch selten offensichtlich, wo man hin muss – die Gefahren nehmen zu. Außerdem werden die Gruppenzusammenstellungen der Gegner anspruchsvoller, da sich ständig mehr so genannte Elite-Varianten darunter mischen, die schwer unter Kontrolle zu bekommen sind. Weiterhin werden beim Öffnen bestimmter Truhen oder Fässer Gegner „getriggert“.
Wird tatsächlich nix angezeigt, obwohl die Steamseite noch existiert.
Einen offiziellen Workaround wird es wohl auch nicht geben, denn der Entwickler von einst, Limbic Entertainment, arbeitet seit längerem nicht mehr mit Ubisoft zusammen.
Und Ubi selber schert sich ja einen Scheißdreck um Might & Magic heutzutage.
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Ubisoft hat die DRM-Server für M&M X offline genommen. Dadurch kann man nicht mehr weiter als Akt 1 spielen:
Das Spiel war bis vor kurzem noch mit 75% Rabatt im aktuellen Steam Summer Sale vertreten, und wurd erst kürzlich aus dem Verkauf genommen:
Wobei die Powergamer-Gruppenbuilds im Netz alle keine richtigen Tanks zu haben scheinen. 2 Freemages, Scout + BM bzw. 2 BMs hauen halt direkt alles weg und der Celestial Armour-Spell sorgt für die nötige Def. Vor allem der Human Freemage ist halt absolut imba und klar die stärkste Klasse im Spiel.