Schaut man sich den Namen „Polarity“ an, könnte man aus den vorhandenen Buchstaben auch „Portal“ bilden. Okay, ein perfektes Anagramm ist es nicht. Warum es mir trotzdem aufgefallen ist? Weil der Ouya-Titel, der mittlerweile auch grünes Licht für eine Veröffentlichung auf Steam bekommen hat, frappierende Ähnlichkeiten zur fantastischen Valve-Knobelei aufweist. Auch in Polarity ist man die meiste Zeit damit beschäftigt, in der Ego-Ansicht kleine Würfel aufzunehmen und sie durch einfaches Ablegen oder zielgenaue Würfe zu platzieren, um z.B. Schalter, Aufzüge oder Turbo-Sprungschanzen zu aktivieren, mit denen man das Ende des Levels erreichen kann. Im Idealfall sammelt man auf dem Weg noch die drei mehr oder weniger gut versteckten Datenfragmente ein, denn nur mit ihnen erhält man später Zugang zu den höheren Stufen.
So weit, so bekannt. Doch in der Welt von Polarity gibt es abseits des Verzichts auf die Portale ein paar Besonderheiten: Zum einen sind die Würfel blau oder rot gefärbt, was sich selbstverständlich darauf auswirkt, für welche Schalter sie überhaupt benutzt werden können. Später lassen sie sich aber auch durch den Wurf durch ein Energiefeld umfärben. Gleichzeitig bilden die Farben aber auch die beiden Polaritäten ab, zwischen denen man jederzeit auf Knopfdruck umschalten kann. Die Regel ist dabei ganz einfach: Energiefelder lassen sich in der Farbe passieren, deren Polarität man aktuell aktiviert hat. Was bei einer Absperrung super ist, kann auf einer Lichtbrücke unangenehme Folgen haben, wenn man bei identischer Polarität keinen festen Boden mehr unter den Füßen hat, sondern in den Abgrund stürzt. Das Dilemma entsteht auch bei den Würfeln: Ein rotes Exemplar lässt sich z.B. auf eine blaue Brücke werfen, ein blaues würde dagegen einfach durch sie hindurch fliegen. Und was dann? Wie bei Portal muss man in diesem Fall einfach zu einer der Ausgabestellen zurück laufen und auf Knopfdruck einen neuen Kubus anfordern. Das funktioniert übrigens auch, wenn man ihn aus Versehen an eine falsche Stelle geworfen hat und ihn nicht mehr erreichen kann. So gerät man in den clever designten Levels niemals in eine Sackgasse – schön.
Eine Frage der Polarität
Das Wechselspiel zwischen den Polaritäten ist eine klasse Basis für gelungene Rätsel in Kombination mit fordernden Geschicklichkeitseinlagen. Hinzu kommt ein weiteres Element, das den Spielablauf bereichert: In manchen Stufen findet man Schalter, mit deren Hilfe sich Teile der Umgebung drehen lassen. Man muss also auch die Level-Architektur verändern, um ans Ziel zu gelangen. Hört sich vielleicht kompliziert an, ist es aber de facto nicht, weil sich die Auswirkungen dieser „Verschiebungen“ in Grenzen halten. Zudem wird die interessante Mechanik leider viel zu selten genutzt. Allerdings gibt es auch kaum Gelegenheit dazu, denn mit seinen gerade mal elf Levels ist Polarity kurz ausgefallen. Viel zu kurz. Schon nach 60 bis 90 Minuten ist man beim minimalistischen Abspann angelangt, in dem immerhin neue Herausforderungen versprochen werden. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, angesichts den knappen Umfangs zu wenig Gegenwert für meine Investition bekommen zu haben, selbst wenn die Vollversion nur fünf Dollar gekostet hat.