Aus alt mach neu
Im Vergleich mit den Remakes von Resident Evil 2 und 3 musste Capcom bei der Wiedergeburt des vierten Teils deutlich anders verfahren, wenn es um die Neuerungen geht, die den Begriff „Remake“ rechtfertigen. Schon damals war das Spiel technisch und spielerisch seiner Zeit eine Tentakelarmlänge voraus – wo also anfangen? Zuerst einmal wurde die Grafik mit Hilfe der hauseigenen RE-Engine, die seit Resident Evil 7 alle neuen Spiele von Capcom befeuert, maximal auf Vordermann gebracht. Die fantastischen Lichtstimmungen, der hohe Detailgrad von Innenräumen und die nun schon fast zu realistisch anmutenden Gegner lassen Resident Evil 4 auch in 2023 wieder in der Oberliga der Grafik-Schwergewichte mitspielen. Das führt allerdings dazu, dass sich besonders Insekten- und Spinnen-Phobiker in den späteren Spielstunden heftigst überwinden müssen. Immerhin erstrahlen die thematisch weitgehend bekannten Umgebungen, wie das Dorf, das ausladende Seegebiet, das düster-prunkvolle Schloss und schlussendlich eine unwirkliche Industrie-Insel in völlig neuem Glanz, auch das Layout hat sich gegenüber dem Original an vielen Stellen deutlich geändert. Über etwaige Story-Twists, die sich vom Verlauf des bereits bekannten Materials unterscheiden, verraten wir an dieser Stelle natürlich nichts. Neben bekannten Feinden gibt es noch ein paar neue, höllische Ausgeburten, welche die Atempausen beim Spieler nach Möglichkeit noch weiter vermeiden sollen – das funktioniert hervorragend, auch wenn statt Angst eher ein panisches Gefühl vorherrscht, wenn Grauen und Gegneranzahl mal wieder deutlich über dem empfohlenen Pegel liegen.
Doch dafür kann Leon sein Messer im Remake deutlich sinnvoller und effektiver einsetzen: Entweder können Gegner per neuartigem Schleichmanöver von hinten gemessert werden, um die Gegnerschar vorsichtig auszudünnen, oder Leon zeigt seine Wo Long-Skills. Denn ab sofort ist er in der Lage, Schläge aller Art und sogar Wurfgeschosse mit dem Messer zu parieren und abzuwehren. Das zerrt zwar an der Langlebigkeit des stählernen Beschützers, kleine unterwegs gefundene Brotmesser und die Möglichkeit das Schneidwerkzeug zu reparieren, helfen stellenweise über diesen Umstand hinweg. Wenn es um die Auswahl an unterschiedlichen Schusswaffen geht, trifft man die alten Bekannten, aber auch hier gibt es noch ein, zwei kleine Überraschungen. Im neuen Gewand machen die Ballereien auf jeden Fall noch einmal mehr Spaß als in der Vorlage. Das liegt am übertriebenen aber hervorragenden Trefferfeedback mit verschiedenen Gegner-Reaktionen bei Schüssen in Kopf, Arm oder Bein und der Möglichkeit, die dank RE-Engine scheußlichen Fratzen sichtbar und blutig zu durchlöchern. Waren die Action-Szenen damals schon ein Quell der Freude, kommen die Scharmützel mit neuer Optik und fein überarbeiteten Animationen in 2023 nochmal eine ganze Ecke besser – zumal die Gegner, die in der Lage sind zu sprechen, die letzten 18 Jahre im Spanisch-Sprachkurs verbracht haben müssen. Das Scheusal-Vokabular wurde ebenfalls deutlich erweitert, sogar zu unflätigen Beleidigungen nach einem Treffer, lassen sich die Unholde nun hinreißen. Dass dem Spieler daraufhin mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein „Selber!“ entfährt, gehört zum guten Ton.
Im Vorfeld wurde bereits bekannt, dass auf die zu Unrecht verhassten Quick-Time-Events verzichtet wird. Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Denn für bestimmte Attacken und Ausweichmanöver, ist immer noch ein kurz eingeblendeter Knopf zu drücken – was zwar keine Abfolge-Abfrage ist, aber dennoch sehr an ein QTE erinnert und nicht immer leicht von der Hand geht, weil blitzschnell reagiert werden soll und muss. Besonders das Ausweichen gibt in einigen Situationen ein wenig Anlass zur Kritik, so wird das Kommando für die Defensiv-Aktion zu kurz eingeblendet, und funktioniert eben auch nur dann.
Die Faszination Resi 4
Das mittlerweile hart umkämpfte und viel besetzte Genre der Survival-Horror-Spiele mit Waffeneinsatz gleicht nicht selten einem Meer voller Müll mit wenigen Highlights. Resident Evil, einst das Parade-Beispiel für die hohe Kunst des Gruselns und Ballerns, sieht sich in der heutigen Zeit natürlich in einem völlig anderen Umfeld als noch vor knapp 20 Jahren. Da war es beim Test faszinierend zu sehen, ob es der Neuauflage gelingt, sich Spielspaß-technisch so passgenau anzuschmiegen, wie es beim Original der Fall war. Denn Resident Evil 4 war schon früher der mit Abstand beste Teil der Serie, selbst nach Ausflügen in der Ich-Perspektive, fühlt es sich einfach besser und richtiger an, der Spielfigur in einem Resident Evil über die Schulter zu schauen – und Leon wäre beim Herzblatt um den Faktor 1.000 mal schneller unter der Haube als die Blassbacke Ethan Winters.
Zusätzlich haben alle Serien-Teile nach Resident Evil 4 von diesem gelernt und die entsprechenden Mechaniken übernommen und erweitert. Jetzt ist es das Remake, das von dieser willkommenen Evolution profitiert und wiederum das in sich vereint, was erst in späteren Ablegern Einzug gehalten hat – besser kann es für eine Neuauflage gar nicht laufen und das merkt man an jeder Stelle. Trotzdem nimmt sich das Spiel nicht zu ernst, versprüht wohliges B-Movie-Flair und in den Gesprächen wartet genau die Portion Cringyness, die es für ein Resident Evil braucht. Immer wieder wird man beim Spielen auch an die eigene Kindheit erinnert: Auf dem Jahrmarkt bei der abgeranzten Schießbude per abgenutztem Duschschlauch-Gewehr auf noch abgewetztere Kuriositäten wie schlampig gekleidete Organisten, wackelnde Plastikblumen oder grellgelb beleuchtete Acryl-Mini-Springbrunnen samt kleiner Zielscheibe zu schießen, damit ein lachharter Effekt rausspringt – das ist in vielen Teilen das gesamte Gameplay von Resident Evil 4. Genau zielen, feuern, „Effekt“ abwarten und das nächste Ziel ins Visier nehmen. Dass die Entwickler das ähnlich sehen und auch beabsichtigen, wird von einer weiteren Neuerung im Spiel unterstrichen, über die hier natürlich kein weiteres Wort fällt. Und selbst beim dritten Durchlauf wird man besser und besser und lernt – nicht zuletzt dank einiger Überraschungen bei Gameplay und Ausrüstung – mit einst schier unlösbaren Situationen per Handstreich fertig zu werden. Ganz so wie sich damals den großen Teddy-Bären aussuchen zu können, wenn jeder Schuss gesessen hat.
Ein Knopf für schlechte(re) Optik?
Für nicht wenige Spieler ist in der heutigen Zeit noch vor dem Spielstart ein Besuch im Menü für die Grafikeinstellungen Pflicht. Erstmal auf „Performance Mode“ stellen, dann Motion Blur und Chromatic Aberration ausschalten – erst dann kann es, meistens mit fast stabilen 60 Bildern pro Sekunde, mit kleinen, aber erträglichen Einbußen bei der Auflösung, endlich losgehen. Das gestaltete sich auf der Testplattform PlayStation 5 in unserem Test nicht anders – allerdings mit wenig zufriedenstellendem Ausgang. Im besagten Modus läuft das Spiel zwar mit deutlich weniger kleinen Einbrüchen bei der Bildwiederholrate, die Auflösung wirkt aber sehr niedrig und besonders weit entfernte Details sind verwaschen und sorgen für Stirnrunzeln.
Ein weiterer Blick ins Menü lenkt den Blick auf den ungewöhnlichen und bisher selten gesehenen Punkt „Lens Distortion“ (Objektivverzeichnung). Das ist der Übeltäter, der hinter der verwaschenen Optik steckt! Warum Capcom hier wissentlich einen Schalter einbaut, der das Spiel deutlich schlechter aussehen lässt, können die Japaner wohl nur selber beantworten. Und gegen die schlappe Auflösung im Performance-Modus hilft der Grafik-Modus, dann erstrahlt das Spiel in 2160p (4K-Checkerboard). Die dann
ohne VRR-Equipment
vermehrt auftretenden Framedrops sind selten und fallen bei der eher niedrigen Spielgeschwindigkeit von Resident Evil 4 nicht arg ins Gewicht. Mit vollen 60 Frames läuft Resident Evil 4 auf der PS5 sowieso nur selten. Die Empfehlung der Redaktion lautet in diesem Fall also ausnahmsweise, der Auflösung den Vorzug zu geben und um Himmels Willen die lausige Objektivverzerrung zu deaktivieren. Auch das Ausschalten des hier vernachlässig
baren Raytracing und der detaillierten Darstelliung der Haarsträhnen kann helfen, das Spielerlebnis weiter zu glätten.
Auf Steam verkündet. Am 21.09. kommt der DLC "Separate Ways". Ist aber noch nicht im Shop.
Naja, weiß ich jetzt nicht. Wenn ich von nem Kettensägenmörder wegrenne, dann fürchte ich mich UND kack mir in die Hose. Gibt ja unterschiedliche Formen von Angst.
Und genau das Gefühl hatte ich wenn überhaupt zuletzt mit Dead Space 1 und 2 und zuallererst mit Resi 1 auf PSX, später dann silent hill 2 (ich zocke sowas im Dunkeln, alleine zuhaus, mit Kopfhörern , naja nein ok, Freundin war da^^, aber das Setting muss einfach stimmen bei sowas und nicht mal eben nachmittags bei sonnenschein...) Und Horror ist halt nunmal für mich die Summe des Ganzen, ein ganzes game vollgepackt mit jumpscares ist genauso dumm, es muss mich dahinführen und mich trotz des grusels und der Angst gespannt weitermachen lassen, dann darf ich auch ruhig erchreckt werden (und das gerne^^). Aber heutzutage kriegen wenige, wenn überhaupt "richtigen" Horror hin, wie ich ihn mir wie oben beschrieben vorstelle.
Diese altbackene Art wie in ferner Vergangenheit, ist für mich einfach grauenhft, dafür brauche ich keine PS5.
Dass ich dir dafür ein Beispiel bringen muss, wundert mich schon etwas - aber jedem das Seine ...