Indie-Schönheit
Das Spiel des Berliner Studios Jo-Mei hat auch knapp zwei Jahre nach seinem ursprünglichen Release – damals als Teil von Electronic Arts’ Programm EA Originals – nichts von seiner visuellen Faszination eingebüßt. Die pastellige Welt, die sich mit dem Sujet der überfluteten Stadt irgendwo zwischen Ghibli-Anime und Postapokalypse einreiht, ist nicht nur ansprechend gestaltet, sondern stellt auch einen reizvollen Spielplatz dar: Für ein bisschen Bootfahren, Klettern, Schwimmen, Springen oder Flüchten – wie z.B. auch in RiME steht dabei aber stets das Erleben, das verträumte Herumschlendern, das gebannte Staunen oder auch mal leichte Gruseln im Vordergrund. Die Spielmechaniken selbst sind nämlich ausgesprochen banal, erfordern nur wenig Geschick und sind zudem in einen sehr geradlinigen Spielfortschritt eingebettet – man wird durch Sammelgegenstände zwar zum Absuchen der Areale eingeladen, aber trotzdem recht linear durch das Spiel geführt.
Dazu passt auch das Leuchtsignal, dass die Heldin Kay auf Knopfdruck aussendet und welches das nächste Ziel anzeigt. Von Punkt A nach B gibt es zusätzlich zu simplen Jump’n’Run-Einlagen schon mal einen Hauch Panik – wenn man durchs dunkle Wasser schwimmt, während eine gigantische schwarze Kreatur immer näher kommt, fehlt eigentlich nur die charakteristische Melodie aus Der weiße Hai. Solche Passagen dienen der Geschichte, bei der es um die Ängste und Sorgen eines heranwachsenden Menschen geht, als Visualiserung der inneren Verzweiflung der Heldin – auch ihre Familienmitglieder und deren Konflikte sind einfallsreich in die Spielwelt eingeflochten. Wo viel Schatten ist, gibt es in Sea of Solitude auch viel Licht: Nicht nur das kleine Boot, mit dem man immer wieder in den Fluten unterwegs ist, ist ein Hort der Helligkeit – Kay kann Bereiche der Welt auch vom Fluch der Düsternis reinigen und, zumindest lokal, eine pastellfarbene Wohlfühl-Atmosphäre erschaffen. Für weitere Spieleindrücke und Ausführungen zu den Ansätzen, wie Sea of Solitude mit dem Thema Depression umgeht, empfehle ich euch Jörgs Test vom Juli 2019.
The Director’s Cut
Manchmal stimmt es mich traurig, wenn ich beim erneuten Genuss von Filmen, die mir wirklich gefallen haben, feststellen muss, wie wenig Konkretes davon sich in meinem Gedächtnis dauerhaft festgesetzt hat. Bei Sea of Solitude ging es mir ähnlich – und das ist nicht die Schuld des Spiels! Obwohl ich es vor nicht mal zwei Jahren durchgezockt hatte (keine große Leistung bei circa 5 Stunden Spielzeit), fand es ich es für den direkten Vergleich mit dem Director’s Cut unerlässlich, mir einige Szenen vorher nochmal anzuschauen. Und tatsächlich hat Jo-Mei-Chefin Cornelia Geppert, zusammen mit dem What Remains of Edith Finch-Autoren Stephen Bell, die Texte und Dialoge nochmal kräftig überarbeitet – in Kombination mit der ebenfalls neu eingesprochenen englischen Synchro wirkt das Spiel etwas anders auf mich. Ich finde es glattgebügelter und offensichtlicher, ein bisschen mehr Disney irgendwie – und vermisse die Intensität des Originals. Denn ich mochte die seltsame englische Synchro mit den deutschen Akzenten damals.
Für die deutsche Vertonung gibt es diesen Vergleich nicht, denn die fehlte damals. Prinzipiell ist das eine schöne Sache – doch meiner Meinung nach lässt auch die gut gemachte deutsche Synchro die Dramatik und Ungeschliffenheit des englischen Originals vermissen. Eine Option, die Synchro des 2019er Originals anzuschalten, fehlt dem Director’s Cut leider. Dafür gibt es nun auf Knopfdruck einen gelungenen Foto-Modus, bei dem man auch Tageszeit und Wetter umschalten kann – angesichts der Schönheit der Spielwelt sicher keine schlechte Idee. Recht banal ist hingegen die Option, beim Abschicken eines Leuchtsignals der glühenden Kugel zu folgen und ihren Weg mittels Bewegungssteuerung zu beeinflussen – das hätte man sich auch sparen können.
Und nein, ich habe kein Problem mit ruhigen Spielen, Edith Finch, Ethan Carter oder ein Gone Home zählen zu meinen All-Time-Highligths.
Aus der Demo würde ich sagen: vergleichbar; auch wenn mich Submerged sowohl spielerisch als sich stimmungstechnisch mehr abgeholt hat - aber das ist reine Geschmackssache.
Ist das so ähnlich wie Submerged (mit Budget halt)...sieht irgendwie stark so aus.