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Social Caterpillar (Adventure) – Social Caterpillar

Was mich am Indieboom reizt? Dass viele kreative Menschen ihre kleinen und großen Geschichten erzählen. Dass sie es wagen den spielerischen Anspruch in den Hintergrund zu rücken, um mit ganz einfachen Mitteln ein Thema zu ergründen, das ihnen am Herzen liegt. Lannie Neely III ist ein solcher Kreativkopf. Sein Thema: Wie erfahren introvertierte Menschen ihren Alltag?

© Lannie Neely III /

Viel zu anstrengend!

Prominente Unterstützung stand Neely zur Seite: Weil er gemeinsam mit Ken Gao das famose To the Moon entwickelt hat, stand ihm dieser zur Seite. Er beriet ihn nicht nur in

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Eine Herausforderung für introvertierte Menschen: Besucher in den eigenen vier Wänden! © 4P/Screenshot

Sachen Erzählweise, Neely durfte auch einige seiner Musikstücke adaptieren.

Dass die hier vorkommen, ergibt durchaus Sinn, denn im Mittelpunkt steht eine Person, die ihre Kraft aus dem Alleinsein schöpft. Sie erholt sich beim Videospielen – vermutlich auch beim Fernsehen oder Lesen, aber dargestellt wird das Spielen. Eine introvertierte Person also, aber keineswegs eine traurige oder zurückgezogene! Die Hauptfigur (ich wähle zu Beginn eine von zwei männlichen oder weiblichen) empfindet soziale Interaktionen lediglich als komplex und kräfteraubend, so dass sie sich beim Alleinsein stärken muss, bevor sie erneut vor die Tür tritt.

Und wofür?

Das ist ganz buchstäblich gemeint: Ich kann mein aus der Vogelperspektive gezeigtes Zimmer nur verlassen, wenn ich genug Energie übrig habe. Jede Aktion kostet dabei mindestens einen Punkt. Zu Beginn meines virtuellen Lebens kann ich deshalb nur die

Preis und Verfügbarkeit


Social Caterpillar ist auf der Webseite des Entwicklers für 2,81 Euro erhältlich. © 4P/Screenshot

Wohnräume meiner Eltern betreten, danach muss ich zurück auf die Spielecouch.

Wie vergrößere ich meine Kräfte? Indem ich Aufgaben löse. Aufgaben sind Interaktionen mit anderen Personen und werden als Puzzles dargestellt. Ich erfahre dabei nicht einmal das Thema einer Unterhaltung, sondern löse lediglich das abstrakte Rätsel. Dafür muss ich drei Objekten ein viertes zuordnen oder das eine wählen, welches durch eine Unregelmäßigkeit hervorsticht. Mein Ziel ist es, immer weiter zu kommen, immer mehr Energie für immer größere Aufgaben zu sammeln. Falls irgendwo die große Liebe, die

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Welches Puzzelstück passt zu den oberen beiden? Rätsel symbolisieren die gefühlte Komplexität zwischenmenschlicher Interaktion. © 4P/Screenshot

große Karriere wartet. Die Jahre vergehen dabei wie im Flug.

Lesen und erfahren

Macht Neely die Anstrengung einer introvertierten Person so greifbar? Oberflächlich gelingt ihm das. Denn ich konnte im Verlauf des Spiels verstehen, was er mir sagen will. Im Detail verbindet er Rätsel und Realität allerdings nicht gut genug. Das liegt zum einen an den Aufgaben, die an einen IQ-Test erinnern. Sie fordern mich zwar spielerisch, stellen aber kaum einen Zusammenhang zur zwischenmenschlichen Kommunikation her. Ihr Zweck erschließt sich daher nur durch einen im besten Fall überflüssigen Schritt des Entschlüsselns.

Zum anderen liegt es an den Kommentaren meines inneren Schweinehunds, der mich an jeder Tür davon abhalten will vor die Schwelle zu treten. Die Idee ist richtig, denn das ist der Punkt, an dem ein introvertierter Geist über den eigenen Schatten springen muss. Im Spiel fehlt mir aber ein Anreiz, der inneren Stimme zu folgen. Im Gegenteil: Ich dränge ja gerade zu sehen, was und wer auf mich wartet. Die notwendige Überwindung kann ich nur lesen.

  1. Das Ding ist, dass Filme und Musik rein passive Unterhaltungsformen sind (damit ist jetzt nicht gemeint, dass man sich notwendigerweise berieseln lässt, aber die Hände haben halt nichts zu tun). Und dort werden Themen wie Soziophobie ja auch hinreichend behandelt. Bei einem Spiel- ja, steinigt mich ruhig- wünsch ich mir in erster Linie interessante Spielmechanismen, und die kommen ja laut Test etwas zu kurz.
    Aber das ist wie immer Geschmackssache. The Walking Dead hat mich immerhin auch bestens unterhalten, obwohl das Gameplay dort, gelinde ausgedrückt, recht flach ist. Bei Limbo wiederum war ich die ersten Minuten fasziniert vom Artdesign, hab mich dann aber, wahrscheinlich auch mangels aktiver Erzählweise, schnell ob des angestaubten Gameplays gelangweilt.

  2. Kajetan hat geschrieben:Ja, das kenne ich. Manchmal kommen minutenlang nur blöde, besch... L-Winkel und man sucht dann dringend den Reset-Button für den eigenen Verstand :)
    Da helfen Dr.Mario Pillen - zumindest bei mir :mrgreen:

  3. Nur so kann die Spielewelt ihren Horizont erweitern. Es waren auch im Film und in der Musik immer die kleinen "exotischen" Impulse, die irgendwann einen Trend oder sogar ein grundsätzliches künstlerisches Umdenken ausgelöst haben. Und was gerade an psychologischen Phänomenen abseits von Rache, Liebe & Co noch brach liegt!

  4. G34RWH33L hat geschrieben:Die Sache mit den abstrakten Rätseln ist vermutlich volle Absicht. Es spiegelt eine Denkweise wieder. Ich selbst verfüge über eine Gedankenwelt welche sich am leichtesten mit einem 3D Tetris visualisieren lässt.
    Ja, das kenne ich. Manchmal kommen minutenlang nur blöde, besch... L-Winkel und man sucht dann dringend den Reset-Button für den eigenen Verstand :)
    Zum Spiel: Kann dem einleitenden Satz von Bejmain nur zustimmen ...
    "Was mich am Indieboom reizt? Dass viele kreative Menschen ihre kleinen und großen Geschichten erzählen. Dass sie es wagen den spielerischen Anspruch in den Hintergrund zu rücken, um mit ganz einfachen Mitteln ein Thema zu ergründen, das ihnen am Herzen liegt."

    Genau so isset. Frei von den sonst üblichen finanziellen & kommerziellen Zwängen, denen die üblichen Chart-Titel unterworfen sind, gibt es jetzt endlich den Freiraum für solche Experimente, in denen erforscht wird, was sich alles mit spielerischen Mitteln wie umsetzen lässt. Ein Freiraum, der zwangsläufig zu einem *achtung, schwülstige worte* permantenten Golden Age des Videospieles führen wird, wo sich die übliche Fließbandkacke der Majors und solche Experimente nicht gegenseitig in die Quere kommen, wo solche Experimente die Vielfalt erhöhen und der im Mainstream erstickenden Fließbandkacke der Majors hin und wieder den nötigen kreativen Impuls geben können, bevor die Masse der Kunden sich gelangweilt vom immer gleichen Piffpaffpeng abwendet.
    Denn von den Indies und deren kreativen Freiräumen profitieren letztendlich auch die Leute, die sich bei Titeln wie The Stanley Parabel, Papers Please oder jetzt Social Caterpillar nur kopfschüttelnd abwenden können, weil sie von Spielen etwas anderes erwarten.

  5. Die Idee klingt interessant. Ich selbst bin auch einer jener, die viele Energieeinheiten verbrauchen wenn Interaktion mit anderen Menschen ansteht und das alleine sein ist eine sehr wohlige Energiequelle die auch den Geist befreit.
    Die Sache mit den abstrakten Rätseln ist vermutlich volle Absicht. Es spiegelt eine Denkweise wieder. Ich selbst verfüge über eine Gedankenwelt welche sich am leichtesten mit einem 3D Tetris visualisieren lässt.
    Ich glaube das schaue ich mir mal an.

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