…aber das Spielerlebnis etwas ganz anderes. Wenn ich mich wehmütig an den Klassiker The Bard’s Tale zurück erinnere, weil er in mir in jungen Jahren eine Neugier entfachte, die bis heute meine Zuneigung zu Rollenspielen prägt, kann das nichtsdestotrotz auf die knallharte Wirklichkeit eines erwachsenen Spielers treffen. Ganz einfach, weil ich über drei Jahrzehnte die Weiterentwicklung von 2D zu 3D, von schematischem D&D über Baldur’s Gate bis zu offener Welt mit Entscheidungen erlebt habe. Technik und Regie haben sich radikal verändert. Oder anders: Wenn ich den Klassiker von 1985 als 45-jähriger spiele, muss ich nach einer Stunde ausmachen.
Aber das Team um Brian Fargo bietet ja mit The Bard’s Tale 4: Barrows Deep kein Remake an, wie aktuell für die Trilogie, sondern eine Fortsetzung als komplett neues Rollenspiel. Das soll zwar Fans des Originals ansprechen, indem bekannte Elemente der Story, Schurken und Labyrinthe wiederkehren – es gibt einige tolle Déjà-vus! Aber vor allem geht es um eine moderne Präsentation und ein stark verändertes Spieldesign, in dem die Erkundung, die Fähigkeiten, die Rätsel als auch das Kampfsystem ganz andere Wege gehen.
Wo ein Legend of Grimrock 2 oder auch ein Wasteland 2 die Klassiker der alten Zeiten klar zitieren und auf edle Art modernisieren, geht InXile Entertainment hier deutlich weiter, schneidet alte Zöpfe ab und designt vieles komplett anders. In der Theorie ist das gar nicht verkehrt, wenn man die Wurzeln dabei nicht aus den Augen verliert.
Ernüchterung im Einstieg
Ist dieser riskante große Schritt gelungen? Nein, zumindest nicht so, dass ich erneut in dieser Fantasywelt versinken könnte. Schon nach der ersten Stunde war meine Nostalgie verflogen. Dass ich keine eigene Party, sondern nur einen Charakter aus bescheidener Auswahl (Barde, Magier, Kämpfer, Gauner aus nur vier Völkern, die lediglich drei klassische Werte mit Stärke, Konstitution sowie Intelligenz besitzen) erstellen konnte, war lediglich ein kleiner Dämpfer – damals hatte ich Stunden damit verbracht, meine Gruppe auszuwürfeln. Jetzt schließen sich zunächst vorgefertigte Helden an, bevor man später weitere eigene erstellen kann, so dass maximal sechs Platz finden. Der dramaturgische
Vorteil ist natürlich, dass die vorgefertigten Abenteurer ihren eigenen Charakter immer wieder in der lebendigen Party-Kommunikation zum Ausdruck bringen können.
Aber im Einstieg wurde ich zunächst von Story, Kulisse, Technik und Sammelkram ernüchtert. Gerade weil sich dieses Abenteuer an der Oberfläche so an moderner offener Welt und Regie orientiert, wirken die Anbiederungen als auch Defizite im direkten Vergleich umso stärker.
Wenn ich Skara Brae in Echtzeit erkunde, erscheint diese Stadt mit ihren Bewohnern spröde, statisch und künstlich. Nicht nur weil das Spiel selbst auf potenteren Rechnern hinsichtlich der Bildrate wackelt, es einige ärgerliche Bugs gibt (siehe „Patchplan“) oder es hinsichtlich Mimik und Gestik veraltet ist. Oder weil ich plump schon aus der Distanz blinkende Kisten zerdeppern darf, um Zutaten für überflüssiges Handwerk zu horten, um Suppen, Tränke, Waffen etc. zu erstellen. Warum muss man diesen „modernen“ Murks auch in dieses Abenteuer stopfen? Und wenn man schon so früh ein so volles Inventar mit Krimskrams hat, warum kann ich es nicht mal nach Waffen, Ausrüstung, Nahrung etc. sortieren? Immerhin kann man die gerade zu Beginn penetranten blauen Weg- und Zielmarkierungen abstellen…
https://www.youtube.com/watch?v=DEuZyErYlAU
Da fällt mir ein, ich muss es unbedingt nochmal installieren (CD Version mit Sprachausgabe!)
Hab nach der heutigen News zu dem Spiel nun auch mal das Test-Video angesehen. Ich denke, Fargo kann mit nun mehr finanzieller Sicherheit auch jeden Fall die nächsten Spiele deutlich besser entwickeln. Ich freue mich auf den Konsolen-Release, Schwächen hin oder her. Das Spiel macht genug anders, um mich anzusprechen, und ich habe auch mit Jade Empire dieses Jahr noch Spaß gehabt.
Bin jetzt fast durch und ich muss sagen es gilbt nochmal richtig Gas. Zum Glück hatte ich keine größeren Bugs und die Questlinie war auch nicht verbugt. Ich habe es nicht bereut mich von dem anfänglichen Würgereiz nicht abhalten zu lassen weiter zu spielen ...
Erstmal ein Kompliment an die wunderbaren reviews, die klare Sprache und vor allem die fantastische Fachkompetenz von Jörg und Kollegen. Ich liebe jedes Epilog Video.
Mein Problem ist ausnahmsweise die Grafik, spezifisch die Gesichter. Aus vielen lets play videos sind non-human Gegner oder Gegner mit Masken zu sehen. Das hat den Grund das die Gesichter wirklich "nicht funktionieren". Und das macht aber einen gewaltigen Teil des Artwork aus, geführt für mich jedensfalls.
@Jörg, ich habe Bards Tale 1 geliebt, was war ich stolz auf meine Monks (critical hit for 1 dmg, kills red dragon...).
Aber was ich hier sehe, höre und verstehe ist eine halbgare Entwicklung, die den Fokus falsch gesetzt hat.
Der Anspruch mag zu hoch gewesen sein, aber daran muß man sich jetzt messen lassen.
Ich hätte gerne auf Grafik Komplexität verzichtet wenn dafür ein einheitlich gutes Artwork und ein tiefes Skill/Perk System umgesetzt worden wäre.
Wirklich schade. (aber es gibt ja mit Pillars of Eternity 2 Futter zuhauf).
Nochmal Dankeschön für die wirklich besten Tests auf dem Markt, auch in amerikanischen Publikationen sucht man diese Kompetenz vergeblich.