Da ist etwa der geheimnisvolle Carver, der plötzlich an ihrer Tür klopft. Führt er etwas Böses im Schilde oder haben Luke, Alvin und Carlos etwas ausgeheckt? Die ständige Ungewissheit ist ein tiefer Nährboden für Misstrauen und Zweifel. Es gibt eine Szene, in der die aus 400 Days bekannte Bonnie um das Haus schleicht und erst um Hilfe bittet, als sie entdeckt wird. Da musste ich daran denken, wie schwer es Clementine erst vor wenigen Spieltagen fiel, das Vertrauen der misstrauischen Gruppe zu gewinnen. Ich wollte Bonnie deshalb gerne helfen – oder gehört sie etwa zu Carvers Leuten?
Und dann war ich es selbst, der die Hilfesuchende aus reiner Vorsicht eiskalt abwies. Großartig, wenn das Spiel einen solchen Spiegel in den Händen hält!
Ach ja, Zombies…
Clementines Auftreten ist aber nur eine der Entwicklungen in Episode zwei. Immerhin verlassen Luke, Nick, Alvin, Rebecca, Sarah und Carlos nach Carvers Auftauchen ihre Unterkunft in Richtung Berge. In der Hoffnung, dass sich ihre Spur dort verliert. Doch anstatt den tagelangen Marsch zum Kennenlernen der neuen Figuren, zum Vertiefen ihrer Beziehungen zu nutzen, skizziert Telltale einen hastigen Aufbruch und reißt selbst den Weg nur in Stichpunkten ab. Wo ist das Knistern zwischen den Charakteren, dass in der ersten Folge angedeutet wurde?
Wenn etwas passiert, sind meist Zombies im Spiel und falls ich eingreifen musste, dann in kurzen, diesmal spannungsarmen Reaktionsspielen. Ruhige Unterhaltungen wären mir lieber gewesen als die zum Selbstzweck eingestreute Action. Natürlich vernachlässigt Telltale die Figurenkonstellation nicht komplett. Doch über weite Strecken wirkt die Erzählung wie das schnelle Vorspulen eines Films, den man irgendwann schon mal gesehen hat.
Schema Z
Erst als Clementine und ihre Begleiter eine Unterkunft erreichen, genehmigt ihnen Telltale Zeit zum Luftholen. Ich durfte mich in Ruhe umsehen und unterhalten. Zwischen zwei Figuren entspannt sich sogar ein interessantes Drama, das ich unmittelbar
beeinflussen konnte. An anderer Stelle beichtet jedoch ausgerechnet Rebecca, die Clem stets argwöhnisch auf Distanz hielt, ihr großes Geheimnis. Doch woher der Sinneswandel? Und wieso antwortet Rebecca selbst dann noch mit „Ich vertraue dir aus irgendeinem Grund“, nachdem ich ihr ein bockiges „Warum erzählst du mir das?“ entgegen warf? Schade: Weil die Motive einiger Figuren nicht ausführlich genug entwickelt wurden, konnte ich der Handlung emotional kaum folgen.
Das gilt auch für Ausbrüche der Gewalt, die einmal mehr den Schrecken des grausamen Überlebens verdeutlichen wollen. Tatsächlich zog ich Clementines Hammer aber beinahe emotionslos aus dem Kopf eines Zombies. Ernüchtert verdrehte ich fast die Augen, als ein freundlich Gesonnener versehentlich getötet wurde. Telltale muss aufpassen, dass sich bekannte Handlungselemente nicht zu häufig wiederholen – das gilt ja nicht nur für die krasse Brutalität. Denn schon wieder spielen gleich drei verschiedene Gruppen mit. Schon wieder tauchen urplötzlich laut schlurfende Zombies auf. Schon wieder sterben Figuren, die ich kaum kennengelernt hatte. Gleich mehrmals nutzten die Autoren bewährte Versatzstücke, die inzwischen Gebrauchsspuren zeigen. Ich wünschte, sie hätten länger und ausführlicher bestehende Bindungen entwickelt, anstatt schnell neue aufzubauen und wieder abzureißen.
Hoffentlich zeigt The Walking Dead neben der guten Charakterentwicklung in der kommenden Folge noch weitere frische Ideen, damit die großartige Serie nicht vom Weg abkommt!
Für mich war diese Episode auch die mit Abstand beste und emotionalste, ich verstehe den Tester da wirklich nicht.
Ich hab wirklich keine Ahnung was der Tester da gespielt hat. Die Episode war mit gigantischem Abstand die bisher beste Episode von TWD und überhaupt allen Telltale Games (auch wenn mir Wolf Among Us vom Setting besser gefällt). Während mich die erste Staffel und auch die 1. Episode der zweiten Staffel eher enttäuscht haben, hat mich S02E02 komplett sprachlos, traurig, wütend und verstört zurückgelassen. Die Charakterentwicklung, die Dialoge, die Story und die Atmosphäre wurden in dieser Episode auf ein komplett neues Level angehoben. Die letzten Minuten gefolgt von der wunderschönen Interpretation von "In the pines" waren einfach nur Gänsehaut pur. Menschliche Abgründe, abwechslungsreiche Schauplätze, ein Wiedersehen mit alten Bekannten und der Beginn einer Reise ins Herz der Finsternis...bitte mehr davon!
Genau, nicht nur das fehlt: Umfang, Rätsel und damit wieder etwas mehr Gameplay. Die zweite Saison ist eben nicht mehr so neu und unverbraucht wie die erste, und leider sind die Verbesserungen bei Dramatik nicht ausreichend, um die neu entstandenen Mängel auszugleichen.
Ich persönlich wurde wieder sehr gut unterhalten, besonders die Entscheidungen zwischen den 2 Gruppen fand ich schon schwer. Ingesamt werde ich bis jetzt mind. genauso gut unterhalten wie in der ersten Staffel, obwohl mehr Spielzeit und n paar Rätsel dem Spiel nicht schaden würden.
Eine eher schwächere Episode; die Episoden der ersten Saison waren aber auch unterschiedlich in der Qualität, daher hoffe ich auf eine bessere dritte Episode. Und etwas mehr Umfang dürfte es langsam auch mal wieder werden. Für so "kurzweilige" Unterhaltung kann es eben kaum noch gute Wertungen geben. Mehr Umfang bedeutet nicht zwangsweise Längen, "Spielzeitstreckung" oder langweilig.