Nach den ersten Ankündigungen und Videos konnte man noch den Eindruck bekommen, dass die auf dem Bildschirm im Normalfall nur wenige Zentimeter großen Superhelden ähnlich den Pikmins mit strategischen Elementen aufwarten. Doch es wird schnell klar, dass „klassische“ Strategie keine Rolle spielt.
Man kann seine Heldentruppe nicht teilen, man kann keine Hinterhalte vorbereiten oder ihnen gar Befehle geben. Stattdessen ist die wandlungsfähige Gruppe Hauptdarsteller in einem Action-Adventure alter Schule, das sich hinsichtlich seiner Mechaniken eher an Titeln wie Castlevania – Lords of Shadow, God of War oder Bayonetta orientiert. Denn die unterschiedlichen Waffen bzw. Figuren werden auch für Umgebungsrätsel genutzt. Rot kann mit seiner Faust Schalter drehen, Blau nutzt sein Schwert als Schlüssel, Gelb öffnet mit seinem Hammer Löcher im Boden und Schwarz kann mit seiner Zeitlupen-Bombe schnell drehende Plattformen verlangsamen, während Weiß mit seinen Klauen an vertikalen Hindernissen klettert. Zusammen mit Sprungsequenzen, bei denen man bedingt durch die nicht drehbare isometrische Perspektive nicht immer den besten Überblick hat, findet man sich schnell in einem angenehmen Spielfluss.
Zumal mit zunehmender Spieldauer und vor allem bei den coolen mehrstufigen Bosskämpfen die Fähigkeiten immer stärker kombiniert werden müssen. Das betrifft jedoch nicht nur die Interaktion mit der Umgebung, die auch zahlreiche Geheimnisse, versteckte Helden sowie mitunter nur knifflig und mit viel Geschick erreichbare zusätzliche Zivilisten für die Truppe bereithält. Auch in den Kämpfen gegen die von Anfang bis Ende stets mit neuen, meist noch größeren Feinden gleichermaßen überraschende wie fordernde Gegner-Armada sollte man häufig die gut reagierende Gestenerkennung nutzen, um auf die Anfälligkeiten der Feinde reagieren zu können. Nur Pink kann z.B. mit der Peitsche stachelige Panzerungen von den Robotern abschälen, während Gelbs Hammer gegen die Schildkröten-Panzer am effektivsten ist.
Natürlich werden die 100 Helden im Laufe der Zeit nicht nur mit neuen Kontrahenten Bekanntschaft machen, sondern sehen sich auch immer haarsträubenderen Truppen-Kombinationen gegenüber.
Angenehme Hektik und erzählerische Ruhe
Da man zwangsläufig angesichts der Gegnermacht auch Verluste hinnehmen muss (die allerdings nicht endgültig sind), kommt mitunter viel angenehme Hektik auf: Man wechselt seine Waffe, attackiert, was das Zeug hält, weicht aus und kontert. Mitglieder der Truppe gehen K.O. und sind erst nach einer bestimmten Zeit wieder im „Waffenbau“ einsatzfähig, es sei denn man sammelt sie durch Drüberlaufen wieder auf. Zudem muss man auch noch seine für Umwandlungen und Manöver nötige Heldenenergie im Auge behalten. Ansonsten kann man nicht auf Hilfen wie die definitiv Platinums Edelhexe entliehene „Zeitlupe bei knappem Ausweichen“ oder den Projektile zurückweisenden Wackelpudding (!) nutzen. Diese Energie lädt sich zwar nach und nach wieder auf. Doch natürlich kann (und wird) es im ungünstigsten Moment passieren, dass man eine groß angelegte Geste zeichnen oder eine Verteidigung aktivieren möchte und nichts mehr geht. Und dann bleiben nur noch wenig effektive Angriffe mit der Standardwaffe oder die temporäre Flucht. Die Steuerung ist bei all der Hektik allerdings überschaubar. Groß angelegte Komboketten wie in Castlevania oder Bayonetta sind hier nicht möglich. Zwar schaltet man nach und nach neue Kombinationen frei, doch im Wesentlichen reicht hier das Knopfhämmern mit der sorgsam ausgewählten Waffe aus. Der Vorteil: Man ist mit der Hektik auf dem Schirm schon genug beschäftigt und muss sich nicht um Kombokram kümmern. Der Nachteil: Die Standard-Auseinandersetzungen werden zwar nie vorhersehbar, aber es stellt sich etwa nach zwei Drittel des gut zwölf bis 15 Stunden langen Abenteuers eine gewisse Routine ein.
Als Kontrapunkt zum Kampfstress wird man immer wieder Zeuge von thematisch interessanter sowie häufig witziger, inhaltlich jedoch in der Anfangsphase sehr stark in die Klischee-Kiste greifender Dialoge. In nur spärlich animierten Textüberblendungen am unteren Bildschirmrand, die mich mit ihren ungewöhnlichen Figuren-Proportionen sowie dank des Kapitäns der Virgin Victory (das Basisschiff der Centinels) an eine Comic-Version der britischen Kultserie Thunderbirds erinnern, gibt es u.a. viel Wissenswertes zum Beginn der Superheldentruppe. Man erfährt wie die galaktische Krise entstanden ist, zu deren Leidwesen die Erde jetzt ausgelöscht werden soll. Doch viel interessanter sind die Gespräche zwischen den Leitwölfen der Wonderful 100: Fernab der anfänglichen Klischees werden die Helden als sympathische Menschen wie du und ich gezeichnet – mit all ihren Macken, Fehlern und ab und an mit ihrer eigenen Geschichte, die den Grund ihres Heldendaseins schildert. Und natürlich mit all ihren Frotzeleien, wobei Humor ohnehin eine große Rolle bei der Inszenierung spielt. Mitunter wird es zwar unnötig albern, so etwa, wenn man einen riesigen Boss, der sich mit letzter Kraft an einem Vorsprung festhält, nicht etwa mit der Megafaust in den Abgrund prügelt, sondern ihn unter der Achsel kitzelnd davon überzeugt, seinen Rettungsanker loszulassen.
So sehe ich das auch, ich sehe das Spiel als ein Meisterwerk an, denn etwas vergleichbares habe ich bisher nicht gesehen. Dieses gerede über Systemseller oder nicht geht mir langsam auch auf die nerven. Wichtig ist doch: das Spiel macht Spaß und ist sehr cool inszeniert und leiht sich hier und da Gameplay von Punch Out, Star Wars & Co, echt sehr gelungen.
Das Review ist wirklich fair geschrieben, trotzdem finde ich ein Rating unter 90% nicht ganz gerechtfertigt. Von mir würde das Spiel definitiv einen Kreativitätsbonus bekommen. Ich könnte dem Game persönlich ein "ausgezeichnet" nicht verwehren. Visuelle Mankos konnte ich nicht erkennen, vielmehr hat mich gerade die visuelle Komponente absolut überrascht. Den einzig wirklich negativen Punkt sehe ich in den leicht unübersichtlichen Innenraumpassagen. Das stellt für mich aber eher ein temporär begrenztes und verschmerzbares Gameplaymanko dar.
Ich finde das Spiel originell, sehr witzig und enorm unterhaltsam. Der Sound ist klasse besonders das 101-theme ... die Grafik hat mich verblüfft und seit langem auch mal wieder beeindruckt. Der Humor ist schön bekloppt, die Charaktere liebenswert und angenehm schrullig. Es ist teils fordernd aber für mich bleibt Frustration aus wegen fairer Continue-Funktion. Wer auf schnelle, bunte und kurzweilige Action steht, für den ist das Spiel auf jeden Fall bestens geeignet. Das ewige Gemeckere über die Wii U geht mir auf die Nerven und besonders lächerlich dieses kapitalistisch verstrahlte Gelaber über Verkaufszahlen etc. Endlich mal wieder ein Titel der Überraschungspotential hat und nicht so rundgelutscht ist.
So durch. Hier mal aus anderer Perspektive rekapitulieren:
Systemseller W101? ... never. Es hat genau das gleiche Problem wie Bayonetta ... Es ist zu speziell. (und dabei auf dem ersten blick noch nichtmal Sexy )
Aber gerade das Spezielle macht es für Fans wieder so besonders toll.
Ergo: Ihr habt nichts mit H'n'S, OverTheTop-Action, oder allgemein Platinum-Games am Hut? ... dann wird W101 auch nichts daran ändern. Die Hand voll Leute die dann noch über bleibt: Zugreifen! .. keine Skrupel haben, extra dafür ne U zu kaufen!! (ja CryTharsis, du bist gemeint )... Das Spiel ist Platinum-Games in Reinform, und ihr werdet nicht enttäuscht werden
Auch wenn es sich am Anfang zieht, und eigentlich nur durch das immer komplexere Gameplay motiviert weiter zu machen ... das Finale topt alles und ist für einen Platinum-Games-Fanboy ein einziger Multipler Orgasmus! ...
(Anfangs nur Krämpfe im Mundwinkel vom permanenten Grinsen, konnte ich mir irgendwann nicht mehr das Lachen, aufgrund der schieren "Awesomness", verkneifen und habe mir hier einige merkwürdige Blicke meines Hundes eingefangen )
Final-Spoiler (nicht Story, nur Gag)
Juuuuuuhu, endlich das Spiel heut aus dem Briefkasten geholt. Ich freu mich voll. Es ist cool und macht echt mega viel Spaß XD