„Soll ich denn fliegen?“
Drei Schlüssel muss ich finden, um das Tor zum nächsten Level aufzuschließen. Doch wie gelange ich an den letzten Schlüssel? Der befindet sich weder auf dem Boden noch einem der Balken; er liegt in einem Winkel unter der hohen Decke. So hoch, dass ich sie mit einem zehn Meter hohen Sprung nicht erreichen könnte. Was tun?
Ich klicke in den Raum, dann noch mal und ein letztes Mal – ich zeichne ein Dreieck. Ist es fertig, entsteht eine dreidimensionale Platte, die fest im Raum verankert ist. Denn jeder Eckpunkt des so genannten Tri muss an einem Objekt festgemacht sein.
So erstelle ich beliebig viele Tris und das Wichtigste: Ich kann auf ihnen laufen. Tris dienen als Brücke über Tiefen, als Rampen zu hohen Vorsprüngen – und sie trotzen der Schwerkraft. Denn das Tri, auf dem ich stehe, ist immer der Boden, der mich nach unten zieht.
Wenn ich ein Tri also an eine Wand lehne und weitere Platten direkt an die Wand lege, laufe ich also waagerecht
zur Erdanziehungskraft. Die Dreiecke müssen lediglich im flachen Winkel zueinander angeordnet sein, damit die Schwerkraft erfolgreich wechselt. So erreiche ich den Schlüssel hoch oben unter der Decke.
Klicken statt Knobeln
Dem freien Experimentieren sind keine Grenzen gesetzt. Zwar gibt es Flächen, auf denen ich keinen Eckpunkt meiner Dreiecke anbringen darf, meist baue ich aber aufs Geratewohl drauf los. Kein Weg gleicht einem anderen zum selben Ziel – interessant ist das vor allem für die Herausforderungen der Onlineranglisten: „Wer öffnet den Ausgang als Schnellster?“ heißt es, wenn man abgeschlossene Level perfektionieren will. Dem widmen sich allerdings nur sehr wenige Spieler.
Die Wegfindung ist allerdings selten fordernd, weil der richtige Weg oft allzu offensichtlich ist. Auf Dauer ist es vor allem eine müßige Klickarbeit, ein Dreieck ans nächste zu setzen. Die vielen Geheimnisse in versteckten Winkeln empfand ich deshalb sogar als zeitraubende Umwege. Sie zu entdecken ist die einzige „Schwierigkeit“.
Genossen habe ich allerdings die durch aufgespürte Geheimnisse freigeschalteten Audiokommentare der Entwickler, welche ich beim wiederholten Spielen an festen Stellen abrufen kann.
Die echte dritte Dimension
Rätsel rücken zudem stärker in den Vordergrund, wo die Position der Räume zueinander wechselt kann, die
allgemeine Schwerkraft „zur Seite kippt“ oder die spiegelnden Tris gebündeltes Licht umleiten müssen. Im Vordergrund steht das räumliche Denken, auch weil das Umsehen in alle Richtungen in Verbindung mit der großen Bewegungsfreiheit sehr wichtig ist – ein Aspekt, der in zu vielen Spielen keine Rolle spielt.
Umso bedauerlicher, dass die Kulissen vor allem einen pragmatischen Zweck erfüllen. Natürlich sind große Hallen, enge Wege und Gebälk zu erkennen. Insgesamt dienen die farbenfrohen Wände aber allzu offensichtlich nur als Klebeflächen der einzigartigen Tris. TRI wirkt wie eine texturierte Schablone. Nie wie eine plastische Welt im Stil von Portal oder so abstrakt geheimnisvoll wie Kairo.
Ich habe keine Ahnung, wer zur Mehrheit gehört, vielleicht ja du selbst. Mir ist es einfach wichtig, dass die Umgebung in ihrem fiktiven oder abstrakten Sinn plausibel erscheint. Wenn ich nur ein Polygongerüst seinr selbst willen erkenne, fehlt mir einfach der Antrieb, weiter vorzudringen.
Gut, anders gefragt: Wen interessiert das bei einem Denk-/Puzzle-Spiel? Ich habe mich bei Portal auch nie dabei ertappt, über die Glaubwürdigkeit der Umgebung nachzudenken, wenn ich ehrlich sein soll. Aber vielleicht gehöre ich da auch zu einer verschwindend kleinen Minderheit.
Wie gesagt: Portal z.B.
"unglaubwürdige, rein pragmatische Umgebungen" als Minus... was wären denn glaubwürdige Umgebungen im Setting des Spiels?