Oberflächliche Charakterzeichnung
Zwar gibt es einige Parallelen zu Life is Strange & Co, inklusive der Statistiken und dem Vergleich mit Freunden, doch mit dem Verzicht auf das Episodenformat wirkt nicht nur die Spielzeit komprimiert. Auch die Charakterzeichnung lässt häufig eine gewisse Tiefe vermissen und manche Figuren bleiben bis zum Ende recht oberflächlich. Schade auch, dass manche Handlungsstränge ins Leere wandern: Im Verlauf der Geschichte trifft man z.B. auf eine Tochter, die sich von ihrem Vater abgewendet hat. Obwohl man sich im Gespräch die Erlaubnis der Tochter einholt, die Begegnung beim Vater ansprechen zu dürfen, bekommt man im weiteren Verlauf keine Gelegenheit mehr dazu. Zwar lassen sich durch Beobachtungen, Bilder und Dokumente einige Rückschlüsse ziehen, doch hat man im Gegensatz zu einem Life is Strange hier das Gefühl, die Figuren gar nicht richtig kennenlernen zu dürfen. Unter diesem Problem hat bereits Tell Me Why gelitten. Genau wie dort leiden die Figurenmodelle auch bei Twin Mirror an eine groben Mimik, bei der es schwer fällt, die Emotionen in ihren Gesichtern abzulesen. Diesbezüglich spielt Supermassive Games mit dem artverwandten Little Hope in einer anderen Liga. Besser, wenn auch nicht überragend, sieht es bei der Kulisse aus, die das Flair der verschlafenen Kleinstadt mit Schauplätzen wie einer Bar, einem Café sowie diversen kleinen Läden sehr gut einfängt. Trotz der kleinen Areale wird außerdem viel Abwechslung geboten.
Viele kleine Immersionskiller
Allerdings trifft man immer wieder auf kleine Immersionskiller und Ungereimtheiten im Detail: So tanzt man z.B. völlig unbeschwert vor einer Gruppe an finsteren Gestalten herum, ohne eine Reaktion zu bekommen. Die erfolgt dann erst, sobald das Skript greift. Auch wirkt es befremdlich, dass man ohne Probleme in einem Cap herumschnüffeln und Zelte der Einwohner einfach betreten kann, obwohl sie einem ablehnend gegenüberstehen. Das passt einfach nicht zusammen und lässt das Geschehen in diesen Situationen sehr realitätsfern erscheinen. Dazu gesellen sich kleine Folgefehler: In einer Szene bereitet man einer Freundin z.B. ein Getränk zu, doch auf dem Weg zur Küche ins Wohnzimmer fehlt plötzlich jede Spur von der Tasse. Erst in der geskripteten Folgeszene wird sie dann plötzlich aus dem Hut gezaubert. Das mögen Kleinigkeiten sein, aber wenn man darauf achtet, kann es stören und an der Glaubwürdigkeit der Welt nagen.
Doch auch die Steuerung gibt Anlass zur Kritik: Manchmal muss man die Spielfigur erst fummelig und ganz genau vor Objekten positionieren, bis endlich die kontextsensitiven Eingabeoptionen auftauchen, bei denen am PC auch gerne mal die Tastatursymbole eingeblendet werden, obwohl man mit dem Controller spielt. In manchen Situationen passt außerdem der gesamte Text nicht in die dafür vorgesehenen Boxen, sondern wird wegen Platzmangels abgeschnitten. Zwar gab es keine störenden Bugs oder gar Abstürze, aber man vermisst an einigen Stellen den Feinschliff. Schade auch, dass einmal mehr auf eine komplette Lokalisierung verzichtet wird und man sich trotz der überwiegend gut besetzten Synchronsprecher mit deutschen Untertiteln begnügen muss. Schön dagegen, dass man direkt in bereits absolvierte Kapitel zurückspringen kann, um sich entweder auf die Suche nach weiteren Sammelgegenständen zu begeben oder sich bei Entscheidungen für einen anderen Weg zu entscheiden. Dadurch kann man recht zügig einige der verschiedenen Endsequenzen erleben, ohne dafür wieder das komplette Spiel durchspielen zu müssen.
So, Spiel durch, und hätte mal eine Frage zur Story, deshalb Spoilerwarnung.
Hat mir ziemlich gefallen, mal wieder haben die Franzosen dieses US amerikanische Kleinstadtflair perfekt eingefangen. Ich liebe das so sehr. Die sollten sich mal an was Größeres wagen. Die visualisierten Gedanken, fand ich extrem gut, ich mag diese Art von Erzählern. Der Tester fand den ja eher nervig.
Ok, zur Frage:
Wobei ich mich speziell an Daniel gestört habe, weil er nervig war.
Die zu steuernde Figur (wie heißt er eigentlich nochmal?) und seiner besten Freundin hätte ich dagegen stundenlang zuhören können.
Würde jetzt also erstmal nicht ausschließen, dass ich auch ohne Cute Girls mich auf ein emotionales Abenteuer einlassen kann. Beispiel wäre ja iwie Red Dead Redemption 2 aber als Western zählt das nicht so wirklich, weil das quasi im Genre verankert ist. Unterm Strich sind dann doch meistens weibliche Chars in den letzten Jahren gewesen, die einen durch ein emotionales Abenteuer tragen.
Thema Twin Mirror:
Ich schaue mir wohl mal ein bisschen was auf YT an. Nen Testvideo oder die erste halbe Stunde.
Life is Strange 1 find ich ja wirklich gut. BtS hat die Geschichte weiter erzählt aber für sich genommen war es eine Enttäuschung.
LiS2 und Vampyr habe ich beide abgebrochen. TmW gibts nur für die Box. Ich bin mir einfach nicht so sicher, ob man wieder ein tolles Spiel erhält. Zumal man das Spiel ohne Episoden gefühlt ordentlich gekürzt hat und sich auch gar nicht so viel entwickeln kann.
Bei Telltale fand ich häufiger mal auch erst die zweite Staffel richtig gut.
Die schier unglaubliche Menge an Fanmaterial sagt aber etwas anderes.
LiS war die perfekte Kombination. Yuri, aber westlich. Gut umgesetztes College Drama, aber mit Zeitreise Twist. Holt fast jeden ab.
Tell me why war ein solides Spiel.
Mit Ausreißern nach oben und nach unten.
Aber durchaus unterhaltsam. Von der der Episode war ich aber enttäuscht. Also in meinen Augen nur zu 2/3 gut. Am Ende hat denen irgend wie gefühlt die Zeit gefehlt. So kommt es mir vor.
Auf Twin Mirror habe ich dennoch Lust. Ich mag die Art von Spiel und werde mir das auf jeden Fall anschauen.
Schon damals der erste Trailer hat mir gefallen.
Ps. Schöner Test!