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War the Game (Taktik & Strategie) – Zwischen Kampf und Krampf

Kriegsspiele in der großen Dimension faszinieren Spieler aller Generationen – sei es Risiko oder Panzer General. War the Game verbindet den globalen Maßstab mit einem einfachen Regelwerk. Gelingt der Versuch?

© GabberGames / GabberGames

Krieg in großem Maßstab

Es gibt Designentscheidungen, bei denen ich nur den Kopf schütteln kann. Wer ist bloß auf die Idee gekommen in einem Echtzeitstrategiespiel jede Steuerungskonvention der letzten zwanzig Jahre schlichtweg zu ignorieren und durch schlechte Eigenentwürfe zu ersetzen? Aber der Reihe nach: War the Game inszeniert Echtzeitstrategie in großem Maßstab. Ich ziehe Infanteriedivisionen, Panzerverbände, Flugzeugstaffeln und Kriegsschiffe aus der Vogelperspektive in verschiedenen Szenarien über die Weltkugel. Schick: man kann weit herauszoomen und die Erddrehung, Tag-Nacht Wechsel und Beleuchtung der Städte erkennen. Im Detail ist die Kulisse allerdings eher zweckmäßig: Einheiten sind simple Symbole und die Oberfläche der Weltkugel flach und verwaschen.

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Die Kulisse bietet eine schicke Satellitenansicht, ist aber aus der Nähe höchstens zweckmäßig. © 4P/Screenshot

Auf lästiges Mikromanagement wurde verzichtet. Die besetzten Städte generieren Einkommen, in Baracken oder auf Luftbasen können gegen Bares neue Truppen ausgehoben werden. Jede Einheit hat dabei den gleichen Kampfwert:  Eine Infanteriedivision ist genauso effektiv wie ein Panzerverband oder eine Staffel Kampfjets. Unterschiede gibt es nur in der Bewegungsgeschwindigkeit sowie der Reichweite in der Luft. Infanterie, die Städte verteidigt, erhält einen Bonus – das war‘s. Auf diese Weise entsteht ein Risiko-ähnlicher Spielablauf, bei dem nicht die Fähigkeit der Einheit selbst, sondern vielmehr die globale Strategie zählt.

Die Schlachten werden automatisch ausgetragen: Ich schicke die Einheiten in den Kampf, der dann immer gleich und damit angenehm berechenbar abläuft. Die Seite mit mehr Einheiten hat immer Vorteile, da sie nicht nur mehr Schaden anrichten kann, sondern dadurch das Schadensverhältnis dank weniger Kämpfer aufseiten des Unterlegenen schnell kippt.

Gutes Spielprinzip, bescheidene Steuerung

Das alles funktioniert sehr ordentlich. In den Szenarien, die von Operation Desert Storm bis hin zu fiktiven europäischen Kriegen reicht, wird taktiert, geplant und gekämpft. Die KI agiert ordentlich, antizipiert meine Truppenbewegungen, kontert Angriffe und schlägt angemessen aggressiv zurück. Oft braucht man einige Versuche, bis man eine schlüssige Strategie entwickelt hat und muss schnell und zielgerichtet vorgehen. Allerdings, und damit komme ich auf meine anfängliches Kopfschütteln zurück, hat der Computer auch einen Verbündeten: die Steuerung.

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Kampf um Japan. Die Szenarien sind abwechslungsreich und fordernd. © 4P/Screenshot

Diese ignoriert nämlich einfach fast alle Konventionen aus 25 Jahren Echtzeitstrategie.

Ich kann z.B. keine Rahmen um meine Einheiten ziehen, um mehrere Verbände auszuwählen. Auch der alte Shift+Klick-Trick klappt nicht, sondern führt zu abenteuerlichen Kamerafahrten. Stattdessen muss ich lange auf eine Einheit klicken, um sie der Gruppe hinzuzufügen. Ein weiteres Beispiel: Truppen werden automatisch in Stapeln angeordnet, denen ich natürlich keine Nummer zuweisen kann. Will ich die Stapel durchschalten, drücke ich nicht Tabulator – das wählt alle Flugzeuge aus – sondern muss mit der Länge meiner Mausklicks den Umfang der Auswahl bestimmen – einzelne Einheit, alle Einheiten eines Typs, alle Einheiten.  Und wenn ich  einen Panzerverband produzieren will, muss ich erstmal die Kaserne auswähle, mich dann mit den Pfeiltasten für das richtige Kriegsgerät entscheiden und dann mit rechts (!) klicken.

Das alles ist nicht nur fummelig, es ist dazu noch verdammt ungenau. Viel zu oft schicke ich statt aller Panzer einer Gruppe alle Einheiten in den Kampf, wähle aus Versehen Flugzeuge aus  oder kann partout nicht nur eine einzelne Division zurücklassen. Das Ganze geht so weit, dass das lang-kurz-Prinzip nicht nur in Stapeln, sondern auch bei Einheiten die knapp nebeneinanderstehen greift – und zwar furchtbar ungenau. Alles wirkt wie eine nicht angepasste Touch-Steuerung, die bei hektischen Entscheidungen schnell zu Fehlern und Niederlagen führt.

  1. Falls jemand an diesem Spiel Interesse hätte: Ich habe einen Gutschein für das Spiel für -66% auf Steam würde gerne tauschen bin offen für fast alles. :D
    Gruss DemutelD

  2. Das Spiel war vermutlich für IPad und ähnliche entwickelt wurden und wurde dann nur für PC portiert. Also setzt man die ehemals halbwegs durchdachte Touch-Steuerung einfach auf die Maus um, mit üblicherweise grauenvollem Ergebnis.
    In letzter Zeit sind lustlos auf den PC portierte Pad- und Phone-Games ein echtes Übel geworden. Was früher die lustlose Konsolenkonvertierung war, ist jetzt das Pad-Spiel, bei dem man die Auflösung höher geschraubt hat und die auf dem Phone eingeblendete Werbung tot gelegt hat.
    Bisweilen ist's echt schade um Spiele, die sinnvoll portiert echt Spaß machen könnten und ihren Fünfer, oder was sie so allgemein kosten, gern mal mehr als wert sind.

  3. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wieviele Spiele in ihrem Erfolg scheitern, nur weil die Steuerung Mist ist.
    So häufig fährt sich ein gutes Spiel und das Dev-Team durch schlechte Design-Entscheidungen in Sachen Steuerung an die Wand.
    TQM!

  4. Das mit der Steuerung ist immer ein seltsames Ding. Bei solchen Spielen habe ich nicht selten das Gefühl, dass man einfach auf Konventionen verzichtet, um als sich etwas besonderes und außerhalb der künstlichen RTS-Steuerung sehen zu können.
    Aber manchmal ist weniger schlichtweg mehr.

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