Schon nach wenigen Tagen wird klar, dass man sich ganz genau überlegen muss, wie mans eine Zeit einteilt und vor allem auf welche Seite man sich schlagen möchte. Das bedeutet konkret: Hilft man den Armen oder den Reichen? Immer wieder spürt man die von den Entwicklern erwähnte Inspiration durch Charles Dickens. Das Viertel für die Reichen und die Armen ist durch einen Fluss voneinander abgetrennt, man sieht Kinderarbeit und wird damit konfrontiert, dass der Bürgermeister sich vor allem für die Interessen reicher Bürger interessiert. Da die eigene Wohnung im Reichenviertel liegt, ist der Weg in das Armenviertel oft so weit, dass gar nicht die Zeit bleibt, auch noch Aufgaben für die reicheren Bürger zu erledigen. Dadurch, dass alle Entscheidungen Auswirkungen auf den nächsten Tag haben, lohnt es sich auf jeden Fall, A Place for the Unwilling mehrmals durchzuspielen, um verschiedene Wege auszuprobieren. Laut Angaben der Entwickler gibt es über 100 „erzählerische Events“, die auf den eigenen Entscheidungen basieren.
Dickens hätte sich nicht so gesteuert
Gewöhnungsbedürftig und unnötig nervig ist jedoch leider die Steuerung. Was macht man mit „WASD“? Nein, nicht laufen, sondern das Menü bedienen, während man mit den Pfeiltasten läuft. Hat man sich endlich an dieses ungewöhnliche Prinzip gewöhnt, macht einem immer wieder die unpräzise Steuerung des Protagonisten einen Strich durch die Rechnung. Teilweise dauert es sehr lange, bis man die Figur endlich in der richtigen Position hat, um Gegenstände anklicken zu können. Nach etwa einer Stunde hatte ich mich daran endlich gewöhnt und kam durch die vielen Geschichten der Dorfbewohner in einen angenehmen Spielfluss. Hinzu kommt allerdings, dass das Spiel trotz aktueller Updates mehrfach abgestürzt ist. Kann natürlich sein, dass es an den extrem warmen Temperaturen lag, aber das ist eher zu bezweifeln. Wählt daher zu Beginn lieber die Option, die es euch ermöglicht, jederzeit zu speichern.
Zwar spürt man hier und da Inspiration durch Autoren wie dem zuvor erwähnte Dickens oder auch Lovecraft, aber die Geschichten und Aufträge in A Place for the Unwilling unterhalten auf Dauer nur solide. In den ersten Stunden ist es unterhaltsam, die vielen Orten zu erkunden, neue Charaktere kennenzulernen und sich auf eine bestimmte Seite zu schlagen. Aber zu schnell stehen die oft eher langweiligen Hol-und Bringdienste im Vordergrund, die anders als bei klassischen Point&Click-Adventures nicht mal Rätsel beinhalten. Die Charaktere und ihre Bedürfnisse bleiben oft sehr oberflächlich und man hat nur selten das Gefühl, Personen wirklich kennenzulernen. Dadurch, dass täglich neue Aufträge mit neuen Personen eintrudeln, fällt es schwer, einige wenige Charaktere wirklich kennenzulernen. Sobald ich eine Spielwelt gut kenne, braucht es für mich vor allem die emotionale Bindung zu den Figuren, um die Faszination am Leben zu erhalten. Leider hat A Place for the Unwilling das nicht geschafft.