Seetang, Stahl und Schalentiere
Gute Gründe, sich auf dem Meeresboden umzuschauen, gibt es trotzdem: Upgrades für eure Gabel, eure Lebensleiste oder eure Anzahl an Heiltränken in Form von Herztang-Schoten warten hier genauso darauf, von euch gefunden zu werden, wie Umami-Kristalle, mit denen ihr neue Fertigkeiten freischalten und Spezialangriffe verstärken könnt. Brotkrallen, Wäscheklammern und andere Arten von Müll lassen sich derweil gegen Mikroplastik umtauschen und sind damit nicht minder wertvoll. Auch die sogenannten blinden Passagiere, die ihr ähnlich der Orden in Paper Mario für nette Boni ausrüsten könnt, sind eine gründliche Erkundung der örtlichen Algenwälder und Mülldeponien wert.
Trotz der wunderschönen handgezeichneten Karte, auf der sogar gefundene und besiegte Bosse mit charmanten Porträts eingezeichnet werden, solltet ihr euch bei der Navigation auf dem Meeresboden lieber auf euren Instinkt und euer Gedächtnis verlassen. Zwar bewegt sich auf dem bemalten Papier ein Cursor, der eure derzeitige Position anzeigt, doch ihr könnt weder den angezeigten Bereich der Karte bewegen, noch ran- oder rauszoomen. Damit ist immer nur ein Ausschnitt verfügbar und es fällt schwer, mithilfe des Plans ein Gefühl für die verschiedenen Areale unter Wasser zu bekommen.
Sich in Schale werfen
Und dann finden sich natürlich noch unzählige Panzer am Meeresboden, die euch temporär als Ersatzhäuser dienen: Satte 69 Objekte könnt ihr euch über den nackten Hintern stülpen, viele davon besitzen unterschiedliche Eigenschaften, die offensiv oder defensiv eingesetzt werden können. Die innovative Mechanik ist eine der spannendsten Eigenschaften von Another Crab’s Treasure und macht das Soulslike zu etwas wirklich Besonderem: Nicht nur, dass ihr euch auf Knopfdruck in eurer aktuelles Haus zurückziehen könnt, um Angriffe abzuwehren; kommt ihr im Moment einer aufprallenden Attacke wieder hervor, pariert ihr sie sogar.
Schon aus Schutzgründen solltet ihr immer einen Panzer tragen, denn nackt erhaltet ihr signifikant mehr Schaden – und die nützlichen Fähigkeiten entgehen euch so auch. Mit einer Sodadose lassen sich tödliche Blubberblasen ausstoßen, in einer Kokosnuss verwandelt ihr euch in ein rasendes Projektil und eine Gummiente wird zur praktischen Ablenkung, um eure Gegner zu verwirren. Nicht jeder Panzer besitzt eine einzigartige Fähigkeit, aber es gibt genug Varianz, sodass jeder neue Fund zum Ausprobieren einlädt. Außerdem kommt jede Schale mit unterschiedlicher Verteidigung, Haltbarkeit und Gewicht daher, was eure Ausweichfähigkeiten und eure Defensive beeinflusst.
License to K(r)ill
Das oberste Gebot in Another Crab’s Treasure lautet also: Ohne Schale keine Chance. Glücklicherweise liegen überall, auch in den Bossarenen, jede Menge Panzer verteilt, die ihr euch bei Bedarf überziehen könnt. So verwandeln sich die Kämpfe schnell in einen kurzweiligen Kostümwechsel: Ihr blockt mit eurem aktuellen Haus einige Angriffe, bis dessen Haltbarkeit verbraucht ist, dann rennt ihr um euer Leben und schnappt euch das nächste. Wer gut ausweicht und pariert, muss seltener suchen, das stete Tauschen hält aber das Spieltempo oben und sorgt dafür, dass ihr euch ständig an andere Fähigkeiten und Gewichtswerte anpassen müsst.
Insgesamt ist das Kampfsystem eher simpel gehalten und konzentriert sich neben dem Suchen nach neuen Panzern auf das Wesentliche: Angreifen, Ausweichen, Parieren und durch wiederholte Schläge nicht nur die Lebenspunkte der Gegner verringern, sondern auch ihre Gleichgewichtsleiste füllen, um sie dann mit einer aufgeladenen Attacke auf den Rücken zu schubsen. Das Trefferfeedback ist ordentlich, aus dem Weg zu hechten funktioniert ebenfalls gut; einzig das Parieren ist Gewöhnungssache, weil man eine Taste dafür loslassen muss, anstatt eine zu drücken.
Neben normalen Fischen und anderen Meeresbewohnern können sich vor allem die Bosse sehen lassen, von denen Another Crab’s Treasure eine ganze Menge versammelt: Schockende Zitteraale, krustige Kung-Fu-Meister und mit Besteck bewaffnete Riesenkrebse machen euch unter Wasser das Leben schwer. Fast jeder von ihnen begeistert mit frischen Ideen und unterschiedlichen Angriffsmustern, auch wenn sich deren Komplexität und Varianz in Grenzen hält: Mehr als drei oder vier Manöver haben die meisten nicht drauf. Besondere Vorsicht gilt bei den nicht blockbaren Quetsch- und Greifangriffen, außerdem legen viele Bosse mit ihren Attacken enorme Distanzen zurück, sodass ihr euch auch auf der anderen Seite der Arena nicht zu sicher fühlen solltet.