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Bullet Witch (Action-Adventure) – Bullet Witch

Dank Atari dürft ihr seit kurzem auch hierzulande mit Cavias Bullet Witch auf Dämonenjagd gehen – zumindest, wenn ihr volljährig seid. Auf den ersten Blick macht das magisch angehauchte Endzeitszenario einen recht verführerischen Eindruck: Eine eiskalte Heldin, dicke Wummen, fette Zauber und imposante Gegner. Klingt nach jeder Menge Spaß – oder doch nicht?

© Cavia / Marvelous / Atari / XSEED Games / Marvelous

Zirkusreif

Mit eurem MP-Vorrat solltet ihr allerdings klug haushalten, da sich euer Mana nur mit dem Erschießen von Gegner wieder auffüllt. Das ist prinzipiell keine schlechte Idee, da man dadurch die konventionellen Waffen nicht vernachlässigt. Wer allerdings in einem ungünstigen Moment keine Magiereserven mehr hat, um beispielsweise einen kugelresistenten Panzer aus dem Weg zu räumen, wird dieses System schnell verfluchen, wenn er merkt,

Zerstörung pur: Die aufwändigen Zauber- und Physikeffekte machen grafisch einiges her.

dass keine für die MP-Wiedergewinnung nötigen Söldner mehr da sind. Aber egal, notfalls müsst ihr halt die Flucht nach vorn antreten, was dank effektiver Ausweich-Flickflacks kein allzu großes Problem darstellt, sofern ihr nicht von unsichtbaren Barrieren aufgehalten werdet oder genau im Schussfeld eines gegnerischen Scharfschützen landet, der sich von eurer Akrobatikeinlage überhaupt nicht beeindrucken lässt. Ansonsten könnt ihr mit dieser Zirkusnummer aber teils ganze Levelabschnitte passieren ohne getroffen zu werden, was sicher auch nicht im Sinne des Erfinders war.

Sobald ihr einen Checkpoint erreicht habt, bleiben eure bis dahin erreichten Fortschritte erhalten, warum diese trotz Auto-Save nicht gleich auch auf Platte bzw. Memory-Unit gebannt werden, wissen aber wohl nur die Entwickler. Während der Testphase ist das Spiel nämlich zweimal komplett eingefroren und statt vom letzten Checkpoint aus wieder einzusteigen, musste ich die jeweilige Mission nochmals ganz von vorn beginnen. Wenn man nach Erreichen eines Checkpoints hingegen das Spiel verlässt, wird alles brav gespeichert. Um vor Spielstandsverlusten gefeit zu sein, muss man das Spiel also immer wieder beenden und neu laden – ein vernünftiges Speichersystem sieht definitiv anders aus. Ein weiteres Manko ist das Wirken von Zaubersprüchen, das in Echtzeit über eine Reihe von Auswahlscheiben abläuft, die nahezu den kompletten Bildschirm bedecken. Gerade anfangs ist diese Prozedur nervtötend und vor allem riskant,

Geht’s irgendwo nicht weiter, muss meist zuerst ein solches Flughirn gefunden und eliminiert werden.
 da ihr beim Blättern durch die Zauberscheiben völlig wehrlos seid und nur hoffen könnt,

dass sich das Ziel eures Zaubers beim Aktivieren überhaupt noch an derselben Stelle befindet.

Viel Platz für Verbesserungen

Mit der Zeit wisst ihr zwar blind, wo und auf welcher Seite sich alle neun Zauber befinden, aber mit einer simplen Pausefunktion während der Spruchauswahl hätte man dieses Manko erst gar nicht entstehen lassen. Ähnliches gilt für die Orientierung in den teils recht weitläufigen Spielabschnitten, welche besonders zu Beginn nicht immer leicht fällt. Eine Kartenfunktion gibt es nämlich genau so wenig wie ein Radar oder einen Kompass. Selbst Wegweiser zu bestimmten Schlüsselstellen werden meist nur dann eingeblendet, wenn es ohnehin klar ist, wo es lang geht. Die frei bewegliche Kamera macht hingegen nur in engen Räumen hin und wieder Zicken, die meiste Zeit seid ihr aber glücklicherweise im Freien unterwegs. Grafisch wirkt Bullet Witch abgesehen von netten Exlosionen, Zauber- und Physikeffekten recht mittelmäßig. Die Animationen sind nicht besonders flüssig, die Umgebungen wirken oft sehr steril und die flimmernde Darstellung der Schatten gehört mit zum Übelsten, was ich je gesehen habe. Des Weiteren trüben teils massive Pop-Ups und Clipping-Fehler sowie gelegentliche Slowdowns das optische Erscheinungsbild. Wer kein 16:9-TV oder -Monitor besitzt, muss zudem mit dicken Letterbox-Balken leben.

Auch die Soundkulisse ist eher spärlich. Musik gibt es fast gar keine und die englische Sprachausgabe ist meist genauso mies wie die trashigen Storysequenzen. Auch der eigentliche Spielverlauf fällt ziemlich monoton aus. Es gibt keine aufsammelbaren Items, keine Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielwelt und auch das Bewegen von Gegenständen via Telekinese beschränkt sich auf bestimmte Objekte.

Harmloser Riese: Die Gigas sind beeindruckende und zähe, aber nicht wirklich gefährliche Gegner.

 Die Wege sind ebenfalls meist strikt vorgegeben. Weicht ihr zu weit vom Weg ab, trefft ihr meist auf rote Energiebarrieren. Manchmal sind die Barrieren auch andersfarbig. Dann müsst ihr irgendwo ein überdimensionales Flughirn wegpusten und es geht weiter. Wo es jeweils weiter geht, ist trotzdem nicht immer ersichtlich, so dass ihr beim ersten Durchgang viel planloses Umherirren in Kauf nehmen müsst, was sich in den großen Arealen mangels Sprintfunktion ganz schön ziehen kann.

Die Steuerung klappt hingegen recht gut. Lediglich das Fadenkreuz reagiert in der heran gezoomten Zielansicht etwas zu sensibel, was sich auch mit dem Herabsetzen des Kameradrehmoments nicht wirklich in den Griff kriegen lässt. Ansonsten habt ihr Alicia aber gut unter Kontrolle, geht auf Knopfdruck in die Hocke, führt elegante Ausweichmanöver aus, wechselt fliegend zwischen den mitgeführten Schießeisen oder zieht Gegnern aus nächster Nähe mit dem Gewehrkolben eins über. Wer auf schnörkellose Balleraction gewürzt mit übersinnlichen Fähigkeiten steht, kommt trotz aller Kritikpunkte durchaus auf seine Kosten. Wäre Bullet Witch zum Budgetpreis erschienen, könnte man sogar eine bedingte Empfehlung aussprechen. Für ein Vollpreisspiel ist die Dämonenhatz aber viel zu kurz und unausgereift, so dass sich selbst ausgehungerte Genrefans anderweitig umschauen sollten.