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Der Pate 2 (Action-Adventure) – Der Pate 2

Vor gut drei Jahren hat sich EA an die Umsetzung eines der einflussreichsten Gangster-Filme der Hollywood-Geschichte gewagt – und konnte mit dem Paten einen veritablen Achtungserfolg erzielen. Auf der einen Seite gut in das Filmuniversum eingebunden, auf der anderen ein passabler GTA-Nachahmer, konnte der Aufstieg vom namenlosen Gangster zum Don der Dons spannende Unterhaltung bieten. Dieses Kunststück soll jetzt auch der Nachfolger schaffen.

© EA Redwood Shores / Electronic Arts

Ein Blick zurück

Bevor man in das Gangsterdasein in Miami, New York und Kuba der 50er bzw. 60er Jahre eintaucht, empfiehlt sich ein Blick zurück: Ein Blick auf Teil 1 und was den Erfolg bzw. den Unterhaltungswert ausgemacht hat.
In einer Zeit, da sich die Publisher mit „älteren“ Filmlizenzen wie Scarface (Vivendi) oder The Warriors (Rockstar Games) zu übertrumpfen versuchten, zog sich EA die Spielerechte zum Urvater des modernen Gangsterfilmes an Land: Francis Ford Coppolas „Der Pate“.
Und obwohl die Software-Umsetzung unter dem Strich mit Detailschwächen zu kämpfen hatte, konnte man das Experiment durchaus als gelungen bezeichnen.

Der Don und sein Team. Anheuerbare Mitläufer samt Aufstiegsmöglichkeiten sowie persönlicher Spezialisierung wie Sprengstoffexperten etc. legen den Grundstein für Mechaniken, die „Der Pate 2“ leider viel zu selten nutzt.

Die offene Welt wurde genau an den richtigen Punkten mit der Filmvorlage verknüpft und man konnte sich (zumindest im englischen Original) auf Konterfei und Stimme von Marlon Brando, James Caan und Robert Duvall verlassen. Mit leichten Rollenspielelementen wie einem Erfahrungssystem light oder dem Aufstieg der Eigenschaften in verschiedenen Kategorien sowie zahlreichen interessanten Mechaniken wie Einschüchterung, Erpressung etc. und natürlich auch den obligatorischen Schusswechseln wurde unterhaltsame Gangster-Action geboten.
Sie war und ist zwar kein Ersatz für Titel eines Mafia-Kalibers, aber als Überbrückung für die Wartezeit bis Mafia II konnte man mit Der Pate nicht viel falsch machen. Das schlug sich auch in den Wertungen wieder, die sich systemübergreifend bei uns zwischen 80 und 83 Prozent aufhielten.

Die mit Spannung erwartete Gangster-Forsetzung aus den Studios von Illusion Softworks (pardon: 2K Czech) ist zwar immer noch nicht da, aber dafür lockt EA mit einer Fortführung der Filmlizenz. Und diese setzt auf viele Elemente des Vorgängers auf, verbessert sie häufig sehr konsequent und fügt auch einige interessante Neuerungen hinzu. Aber sie kämpft auch mit ungewohnten Problemen…

Dicht an der Vorlage

Die Tutorial-Phase, die einen als „Soldat“ in der Corleone-Familie mit dem Don Michael zuerst nach Kuba und schließlich nach New York verschlägt, ist noch sehr eng mit der Filmvorlage verknüpft: Man lernt den zwielichtigen Heyman Roth kennen, der sowohl im Film als auch in der Versoftung eine entscheidende Rolle spielt und bekommt erste Einblicke in das Nahkampfsystem sowie die ballistischen Gefechte.

Ist man dann schließlich im „Big Apple“ angekommen, wurde man zwischenzeitlich von Michael Corleone höchstpersönlich zum Don befördert und lernt die grundlegenden Schritte auf dem Weg zum Aufbau eines Gangster-Imperiums kennen. Einen Großteil davon kennen Spieler des Vorgängers bereits, da es sich hier im Wesentlichen um leicht modifizierte Wiederholungen der Mechaniken handelt. Denn auf dem Weg nach oben geht es vor allem darum, den gegnerischen Familien die Geschäfte abspenstig zu machen und sie der eigenen Firma zuzuführen.
Sprich: Man geht solo oder mit ein paar angeheuerten Spezialisten der Familie zum Objekt seiner Wahl, schaltet die dort vorhandenen Wachen aus und bedroht den jeweiligen Besitzer so lange und vor allem so effektiv, bis er zustimmt, sich in den natürlich bezahlten Schutz der Familie zu begeben.

Die Zwischensequenzen bauen teilweise auf Geschehnissen aus dem Film auf. Doch letztlich findet die Verknüpfung von Spiel und Film zu selten statt, um für Atmosphäre sorgen zu können.

Schafft man es, seinen (oder ihren) Schwachpunkt zu finden, ist die monetäre Ausbeute deutlich höher. Dabei kann es schon reichen, z.B. Gäste in einer Bar zu bedrohen, kann aber auch bis hin zu Sachbeschädigung oder Körperverletzung gehen, bis der Businesspartner endlich den Bedingungen zustimmt. Fantasie und Experimentierfreude ist Trumpf.

Kartelle und Schwächungen

Als frisches Element sind die so genannten „Kartelle“ eingeführt worden. Schafft man es, alle Betriebe innerhalb eines bestimmten Geschäftszweiges wie z.B. Prostitution oder Glücksspiel einzunehmen, hat man die Kontrolle über das Kartell und kann dessen Annehmlichkeiten nutzen. Dieses können z.B. schusssichere Westen sein, Schlagringe, die die Nahkampffähigkeiten verbessern oder auch gepanzerte Autos.
So kommt sogar ein kleiner Hauch Taktik in die feindlichen Übernahmen, da man sich vorher überlegen sollte, ob man den Gegner nicht vielleicht mit dem Angriff auf ein bestimmtes Kartell zuerst schwächt und erst dann zum großen Schlag ausholt.

Obwohl die KI-Familien auch darauf bedacht sind, einen durch erneute Angriffe zu schwächen oder die eigenen Kartelle zu zerschlagen, wird das Potenzial, das hinter dieser Mechanik steckt, nur an der Oberfläche angekratzt und steht sich selbst im Weg. Zum einen liegt dies am sehr moderaten Schwierigkeitsgrad: Mit einem oder zwei meiner „gemachten Männer“ kann ich problemlos eine Überzahl an normalen und mit Schusswesten versehenen Gegner-Soldaten erledigen.
Die Feinde hingegen haben in einer ähnlichen Konstellation meist große Probleme, die kostspieligen Wachen auszuschalten, die ich zum Objektschutz eingeteilt habe. So wird das Tauziehen um Kartelle und Geschäfte vollkommen unnötig entwertet und auf das Vorwärtskommen der Nachwuchspaten ausgerichtet – zumindest in den ersten Stunden.