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Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske (Action-Adventure) – Zwischen Maschinen und Mystik

Vor vier Jahren feierte Dishonored: Die Maske des Zorns eine markante Premiere auf PC, PlayStation 3 und Xbox 360. Die Arkane Studios inszenierten Stealth-Action, die mit ihren flotten Teleports für frische Impulse sorgen konnte. Noch beeindruckender als das Spieldesign war das Artdesign, das in eine malerische Steampunkwelt zwischen Walfangmythen und Industrialisierung entführte. Dort kämpfte ein Leibwächter um seinen guten Ruf sowie das Kaiserreich. Wie geht es ihm nach fünfzehn Jahren in Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske?

© Arkane Studios / Bethesda Softworks

Automatische Hinweise entwerten Rätsel

Die deutsche Lokalisierung ist übrigens sehr gut, sowohl was die Sprecher als auch die Texte betrifft. Gerade die Kombination aus Dasha und Manfred Lehmann, die auch im Spiel Vater und Tochter sprechen, ist natürlich ein Glücksgriff. Umso ärgerlicher ist, dass sich das Lesen der gut geschriebenen Briefe, Lieder und Anekdoten spielerisch oftmals nicht lohnt, weil jeder noch so kleine Hinweis oder mögliche Code sofort als Hilfestichwort in Kurzform auftaucht – so entwertet man natürlich den Rätselanspruch. Dieser unsägliche Archivautomatismus plagt ja viele moderne Spiele und ich frage mich immer wieder, warum man da nicht mal gegenwirkt. Denn das macht das selbstständige Recherchieren und Notieren überflüssig, so dass man alles Gesammelte schnell wegklickt, weil die aktive Lektüre nicht nötig ist. Schade ist übrigens auch, dass man z.B. Zeitungsartikel nicht wirklich in deren Layout darstellt, sondern sofort in moderne Schrift überträgt.

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Sehr schön: Statt automatischer Minikarte gibt es nur ganze Areale in der Übersicht. © 4P/Screenshot

Trotzdem entsteht eine in sich stimmungsvolle Spielwelt. Man wird hinsichtlich der sozialen Realität zwar nicht so hineingezogen wie etwa im letzten Deus Ex: Mankind Divided mit seiner Diskriminierung und zwielichtigen Beschattung. Zum einen wird der Alltag in den Straßen und Gassen nicht ganz so dicht inszeniert, dass Karnaca wirklich lebendig wirkt. Zum anderen hangelt man sich in der Story recht vorhersehbar von Indiz zu Indiz und einige Konflikte wirken künstlich konstruiert. Das wird allerdings durch einige angenehm charismatische Antagonisten und das übersinnliche Element in Form des „Outsiders“ wieder ausgeglichen, der aus der düsteren Parallelwelt des „Nichts“ mit einem spricht und für erzählerische Neugier sorgt.

Und schließlich ist die Zusammenfassung der Ereignisse auf dem Schiff, das als eine Art Hauptquartier fungiert, lobenswert, denn so kann man trotz der vielen Details immer dem roten Faden folgen. Allerdings vermisse ich auf diesem Schiff mehr Entwicklung und Möglichkeiten: Es passiert an Bord zu wenig, es gibt kaum Geheimnisse und man kann dort nichts herstellen – man muss jeweils den Schwarzmarkt eines Viertels aufsuchen, um Waffen, Munition & Co zu kaufen oder aufzurüsten.

Spieldesign deluxe

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Das Maschinenhaus gehört zu den großen Highlights des Abenteuers. © 4P/Screenshot

Aber den großen Star dieses Abenteuers habe ich noch gar nicht erwähnt: das offene Leveldesign. Zu Beginn wirken die Abschnitte sehr ansehnlich, angenehm weitläufig, wenn auch recht konventionell in ihrem Aufbau. Was ich Dishonored 2 hoch anrechne: Es gibt keine Minikarten! Man muss irgendwo die Pläne eines ganzen Areals finden und kann diese dann im Inventar aufrufen.  Schon das Ausklamüsern der Route macht Laune: Meist führen mehrere Wege zum Ziel, nicht nur was das subtile oder brachiale Vorgehen, sondern auch die Taktik betrifft. Man kann vielleicht irgendwo abkürzen, die miesen Blitzbarrieren über die Strom erzeugenden Windmühlen ausschalten, falls man Kabelwerkzeug hat, Wachen belauschen oder weglocken, Schlüssel stibitzen und Tore öffnen oder als Fisch oder Ratte durch Kanäle oder Schächte infiltrieren – es gibt viele Möglichkeiten, seine Waffen und Fähigkeiten einzusetzen. Gerade diese spielerische Freiheit und der fließende Wechsel von subtil bis brachial ist unheimlich befriedigend.

Außerdem kommt am Ende eines Kapitels meist eine politische Komponente hinzu, denn man hat meist die Wahl, ob man bestimmte Antagonisten tötet oder im weitesten Sinne heilt  bzw. verschont. Das geht so weit, dass man der einen oder anderen Fraktion den Kopf des Anführers überbringen kann, um ihre Gunst zu gewinnen – man kann auch eine neutrale Lösung suchen. Je nach Wahl, ändert sich die Machtsituation in dem Viertel und man schafft sich später Freunde oder Feinde.

  1. mr archer hat geschrieben: 21.09.2020 14:05Seit System Shock 2 nie wieder auf diesem Niveau erlebt.
    Falls noch nicht geschehen, solltest du Prey von Arkane dringendst eine Chance geben. Das hat zwar u.a. einige Balancing- und Pacingprobleme, aber dafür gibt es dort so heftige System Shock 2-Vibes, dass man meint, die UNN Rickenbacker dockt jeden Moment an.
    Ja, und ich kann mir auch nicht vorstellen, Dishonored 2 nochmal abzuschließen. Ließ mich komplett kalt. Hier hätte der Antagonist auch einfach Skeletor sein können. Die 2 "Gimmick"-Level waren zwar voll toller Ideen, unterbrachen für mich aber den Spielfluss zu sehr. Da war die stand alone-Erweiterung schon eher nach meinem Geschmack.
    Teil 1 hingegen ist irgendwie ähnlich zeitlos wie etwa Doom. Das kann ich auch jedes Jahr durchnudeln und es wirkt immer noch einzigartig und halbwegs frisch.

  2. So, meinen gog.com - Schandberg mal wieder angegangen und den Nachfolger meines Spiels des Jahrzehnts nachgeholt. Technische Probleme gibt es jetzt ja keine mehr, lief bei mir auf einem mittlerweile etwas betagten System wie geschnitten Brot. Trotzdem ist Dishonored 2 für mich nach einmaligem Durchspielen (Emily, Hard, Low Chaos) aktuell der Inbegriff von "Enttäuschung auf hohem Niveau".
    Der Grund: Welt und Story
    Ich habe Dunwall in Teil 1 und seinen DLC´s geliebt. Ich mochte die bittersüße Tragik dieser Welt mit ihrer Industrialisierung, die auf Naturausbeutung beruht. Das viktorianische Design. Ich fand es absolut großartig und beklemmend, wie im Spielverlauf das Fortschreiten der Seuche im Stadtraum zu erleben war. Das war wirklich wirklich meisterhaft. Ich fand selbst den Spielplot einigermaßen ansprechend, vor allem wegen der Vater-Tochter-Beziehung und auch der politischen Fraktionen. Dishonored 1 ist für mich der Inbegriff von geglückter, kluger Verschmelzung von Weltdesign, Story, Lore, Atmosphäre und Gameplay. Seit System Shock 2 nie wieder auf diesem Niveau erlebt.
    Nichts davon bietet mir Teil 2. Ich könnte hier jetzt ausufernd ins Detail gehen. Spare ich mir. Ich finde die neue Stadt uninteressant, auch optisch. Das Figurentableaut des Spiels interessiert mich nicht. Die Gegenspieler sind uninteressant. Die erzählerischen Konsequenzen des Spielerverhaltens am Ende sind lächerlich. Die Spielgeschichte ist banal. Was sie aus der Outsider-Mystik gemacht haben, kotzt mich an. Was bleibt ist das teils grandiose Leveldesign mit seinem Spielwiesen-Konzept. Ich bin mir ziemlich sicher, diese Level wurden eher fertig, als die sie verbindende Geschichte und Welt. Gameplay vor Story und Immersion. Interessanterweise wiederholt sich hier damit genau das gleiche wie beim großen Vorbild Looking Glass mit Thief 1 und Thief 2. Auch dort waren für den Nachfolger erst die Level fertig, bevor man eine Geschichte drum herum bastelte.
    Nun ja. Ich mache jetzt noch einen...

  3. padi3 hat geschrieben: 21.06.2017 17:56Wäre noch besser, man hätte gleich auch das Waffenarsenal vereinfacht, da die Kämpfe auf Normal nicht sehr schwer sind. Oder freies Speichern durch Checkpoints begrenzen.
    Ich weiß net, ob es erst durchs NG+ freigeschaltet wird, aber du kannst dir den Schwierigkeitsgrad verdammt genau anpassen, u.a. auch was Speichern angeht wenn ich mich recht entsinne.

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