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Enter the Gungeon (Arcade-Action) – Pixelkunst und kreative Kugelhölle

Für Dungeon Crawler bin ich immer zu haben, gleichgültig ob sie nun mit Echtzeit-Action à la Diablo gefüllt werden oder sich mit strategischer Runde beschäftigen wie Legend of Grimrock. Und für Bullet-Hell, Shmup oder Twinstick-Shooter kann man mich auch immer wieder begeistern. Dementsprechend war ich mit Enter The Gungeon fast im Siebten Spielehimmel. Mit einem Jahr Verspätung schlägt die stimmungsvolle Action auch auf Xbox One auf.

© Dodge Roll Games / Devolver Digital

Prozedural ist out, Zufall ist in

Die gleiche Sorgfalt, Detailfreude sowie Kreativität hat man auch beim Artdesign walten lassen, das sich wie viele andere Indie-Projekte auf Pixelkunst verlässt. Und die sieht mit ihren zerstörbaren Umgebungen und den vielen kleinen Details nicht nur sehr stimmungsvoll aus. Das Waffen- bzw. Kugel-Thema kommt immer wieder durch. Die Gegner bestehen teilweise ebenso aus Patronenhülsen wie die Lebensherzen, der Fahrstuhl oder viele andere Elemente, die in den Tiefen warten. Dabei wird auch immer wieder ein subtiler Humor deutlich, der sich auch bei den Namen der Bosse widerspiegelt, die übrigens wie alles, was man gefunden oder gesehen hat, im spielinternen Almanach, dem Muninomicon (nach dem Necronomicon) festgehalten werden. Hier findet man Infos zu allen Waffen, Gegenständen, Feinden und Bossgegnern, die so illustre Namen wie Gatling Guns, Ammoconda, The Gorgun oder Cannonbalrog tragen.

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Die geruhsame Bresche ist der Anfangspunkt der actionhaltigen Gungeon-Ausflüge. © 4P/Screenshot

Es ist bemerkenswert, dass das Design auch nach zig Stunden nicht an Wirkung einbüßt – vor allem auch angesichts einer zufälligen Generierung der Gebiete, die einen bei jedem neuen Anlauf vor eine frische Herausforderung stellt. Das Zauberwort ist hier „zufällig“ im Gegensatz zum häufiger angesetzten „prozeduralen“ Erstellen von Abschnitten. Wo liegt hier der Unterschied? Anstatt jeden Raum mit einer beliebigen Anzahl von Parametern und Quellgegenständen bzw. –Gegnern zufällig bestücken zu lassen, was häufig genug in ähnlich gelagerten Spielen für unfaire und damit frustrierende Momente sorgen kann, setzt man hier auf Handarbeit. Sprich: Die Anordnung der Räume wird jedes Mal neu ausgewürfelt. Doch die einzelnen Zimmer, Gewölbe und Gruften werden von Hand erstellt und mit Feinden aufgefüllt. Auch die Bosskämpfe werden pro Ebene aus einem Pool zur Verfügung stehender Endgegner ausgewählt. So ist stets eine optimale Ausgewogenheit gewährleistet. Frust kommt dabei nur sehr selten auf – und nur in den Fällen, in den man einen Raum betritt und die Kamera nicht hinterherkommt und man nur noch Sekundenbruchteile zur Verfügung hat, um das evtl. bekannte Layout aufzunehmen und sich eine Taktik zurechtlegen zu können. Und an Inhalten hat Dodge Rolle wirklich nicht gespart: Es gibt über 200 Waffen und gut ebensoviele Hilfsgegenstände, die man finden oder erwerben kann, um den annähernd100 Feinden und mehr als 20 Bossen gegenüberzutreten. Das Supply Drop Update der ursprünglichen PC- und PS4-Versionen ist integiert, die Versionsnummer der Xbox-One-Gungeons ist 1.1.3. und entspricht damit der aktuellsten Rechner-Version.

Bullet Time mal anders

Es finden sich „typische“ Knarren wie sechsschüssige Revolver, eine AK-47, Maschinenpistolen, Elefantenbüchsen oder Schrotflinten in dem weitläufigen Repertoire. Doch es gibt auch ungewöhnliche Schießprügel wie den Mega Douser (eine mächtige Wasserpistole) oder die Mahaguny, die tödliche Blätter sowie gleichzeitig eine Holzgranate verschießt. Die Eye of the Beholster wiederum lässt zufällig Beholster-Wesen entstehen, die im jeweiligen Raum auch den letzten Feind verfolgen und erwischen. Besonders gut gefallen haben mir jedoch der Dämonenkopf, der einen tödlichen Strahl abgibt, das klein geschriebene „r“ (!), das Buchstaben-Salven verschießt („B-U-L-L-E-T“) sowie die

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Die Bosskämpfe erfordern höchste Konzentration, bleiben aber trotz aller Anforderung fair. © 4P/Screenshot

Einhornknarre, die mit einem Regenbogenstrahl samt Kinderlied die Gegner erledigt und leicht von der Dubstep-Gun aus Saints Row inspiriert scheint. Aber, und damit wieder zurück zur Balance, so sehr sie einem bei den kugelhaltigen Auseinandersetzungen helfen, ist es mit viel Konzentration und Fingerfertigkeit sogar möglich, Bosse mit der Standardbewaffnung jedes Gungeon-Abenteurers zu knacken.

Um seine Chancen zu erhöhen, wäre es klasse, wenn man sich entweder aus den bereits entdeckten Gegenständen und Waffen seinen individuellen Charakter bestücken oder die vorhandenen modifizieren dürfte. Doch auf diese Möglichkeit wurde vermutlich aus Balance-Gründen verzichtet. Wichtiger wäre es zudem gewesen, dem per Koop-Spiel unterstützenden Spieler die Option zu geben, sich eine bestimmte Figur aus dem Pool auszusuchen. Doch der zweite Spieler ist auf die Steuerung des Kultisten beschränkt, der aber immerhin die Möglichkeit hat, den Partner wiederzubeleben. Doch darauf hätte ich gerne verzichtet, wenn ich dafür mit einem Kumpel z.B. eine Kombo mit dem Marine und dem Piloten oder der Jägerin und dem Sträfling hätte bilden können, um neue schlagfertige Verbindungen herausfinden zu können. Aber auch ohne dieses Feature ist das Kombospiel ein probates Mittel, um die aggressiv vorgehende, aber nur resolut auf Angriff fokussierte KI in Schach zu halten und die Überlebenschancen zu erhöhen.

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