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Fussball Manager 11 (Sport) – Fussball Manager 11

In der langjährigen Geschichte von EAs Fussball Manager ist es noch nie vorgekommen, dass für das Cover jemand verpflichtet wurde, der schon einmal das Titelbild zierte. Doch zum zehnten Geburtstag der Reihe wollte man sich diesen Luxus gönnen und wurde sich erneut mit Felix Magath einig. Doch der erfolgsverwöhnte Trainer hat dieses Jahr mit überraschenden Sorgen zu kämpfen. Ein schlechtes Omen?

© Bright Future / Electronic Arts

Undurchsichtige Moral

Auch die Spieler-Eigenschaften samt Moral-System wurden einem Update unterzogen und hinterlassen einen verbesserten Eindruck. Doch dieser Bereich ist nach wie vor etwas unklar definiert und während bei den meisten Aktionen ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen Ursache und Resultat zu finden ist, bleibt ausgerechnet hier vieles im Dunkeln. Was auch daran liegen könnte, dass sowohl die persönlichen Gespräche, die sich auf die Moral auswirken, als auch die Team-, Mannschaftsteil- oder Spieler-bezogenen Ansprachen in der Kabine willkürliche Wirkung zeigen.

Fast authentisch: Über Einblendungen des kicker-Magazins werden die Aktionen vor dem Bildschirm dokumentiert.

Wenn ich in den Match-Statistiken sehe, dass die Verteidigung insgesamt eine Durchschnittsnote von 2,0 hat und ich diesen Mannschaftsteil entsprechend lobe, hätte ich mir eine andere Reaktion als eine ablehnende Haltung der Verteidiger erhofft – zumal ich mir nicht erklären kann, wann diese spontane Abneigung entstanden sein könnte. Auch bei den Gesprächen unter vier Augen, die man mit jedem einzelnen Spieler führen kann und schließlich auch irgendwann führen sollte, sind Ursache (die gewählte Aussage) und Wirkung (Reaktion beim Spieler) häufig nicht klar ersichtlich.

Perspektivisches Denken

Dementsprechend hatte ich Schwierigkeiten, folgenden Sachverhalt nachzuvollziehen: Als Coach des HSV musste ich mich mit der Verletzung von Romeo Castelen beschäftigen. Während seiner monatelangen Genesungsphase, die durch erneute Verletzungen in der Reha (für meinen Geschmack fast zu nah an der Realität, aber dadurch sehr positiv) länger ausfiel als erwartet, habe ich immer wieder mit ihm gesprochen und innerhalb der nicht gerade üppigen Gesprächsoptionen versucht, sein Vertrauen aufzubauen sowie ihm einen Platz als Ergänzungsspieler in Aussicht gestellt. Das wurde auch positiv aufgenommen. Bei der automatisch stattfindenden Auf-/Abwertungsphase wurde er schließlich massiv abgewertet. Dagegen

ist per se bedingt durch die Blessur samt Ausfällen nichts einzuwenden. Wenn allerdings als Begründung „ohne Perspektive im Team“ angezeigt wird, obwohl ich mit ihm genau darüber gesprochen habe, stimmt dies nachdenklich und zerstört die Illusion, die der FM in vielen Bereichen aufzubauen versteht.

Allerdings ist dies ein Problem, das sich schon länger durch die FM-Geschichte zieht und das für nächstes Jahr definitiv auf die Agenda sollte. Da die Konkurrenz von Sports Interactive in diesem Bereich allerdings auch den größten Nachholbedarf hat, sah man bei Bright Future bislang offensichtlich noch keinen Grund, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Und wenn man schon dabei ist, sollte man den Spielern und/oder Trainern auch im Bezug auf die Nationalmannschaftseinsätze ihrer Schützlinge mehr Optionen offenbaren. Wenn ein Joris Mathijsen ausgepowert ist und in 

Man kann die Medien nutzen, um Spieler zu umwerben.

einem Gespräch darum bittet, etwas kürzer treten zu dürfen, verstehe ich es nicht, wieso er dann zum Team Oranje reisen muss.

Viel drin, viel bekannt

Doch der FM11 schleppt nicht nur alte Mankos mit sich mit, sondern kann natürlich auch auf bekannte Stärken setzen. Dazu gehören umfangreiche, gut arbeitende Assistenten, die in diesem Jahr mit dem so genannten „Fußball Pur“-Modus zusammengefasst werden können. Dahinter verbirgt sich die Einschränkung der Entscheidungsgewalt des Trainers auf all das, was mit der Mannschaft zu tun hat. Sponsoring, Marketing, Ticket-Verkauf, Stadionausbau und was sonst noch in den wirtschaftlichen Teil des Managements gehört, wird vom Computer gesteuert – und das zumeist erfolgreich.

Wer will, kann natürlich wie Coverstar Felix Magath bei den Knappen aus Gelsenkirchen (kommt das eigentlich von „knapp bei Kasse“?) alles in die Hand nehmen und versuchen, in Personalunion sowohl die sportlichen als auch die monetären Geschicke des Vereins zu lenken.
Der stark skalierbare Tiefgang  war seit jeher eine der Stärken des Manager-Giganten aus Köln und wird eigentlich nur noch von den Statistiken übertroffen, in denen man (bei Bedarf) nach Herzenslust stöbern kann, um den Scoutbericht des nächsten Gegners mit weiteren, möglicherweise nützlichen Informationen anzureichern. Wer mit all den Helfern und zur Verfügung stehenden Info-Schnippseln jetzt noch Schwierigkeiten hat, seine Mannschaft auf den nächsten Gegner einzustellen und ggf. das Training etc. anzupassen, sollte zum Händler zurückgehen und sich seine Ablösesumme wieder auszahlen lassen.

Ebenfalls weiterhin vorhanden und stets ein Diskussions-Brennpunkt ist der „private Bereich“, in dem man Beziehungen frönen oder sein Geld für virtuelle Annehmlichkeiten ausgeben kann, die keinen bis maximal unwesentlichen Einfluss auf den Spielverlauf haben. Dass dieser Bereich Jahr für Jahr integriert wird, ist für mich schwer nachvollziehbar – noch schwerer, wenn man bedenkt, dass nahezu alles andere innerhalb der letzten vier Jahre runderneuert wurde, das Privatleben aber so

langweilig und nutzlos wie eh und je ist. Immerhin kann man diesen Bereich bereits am Anfang komplett ausblenden.

Was zählt, ist auf’m Platz

Das wird dem Coverhelden Felix Magath nicht schmecken…

Egal ob man sich klassisch für einen Verein entscheidet, eine echte Karriere mit mitunter zickigen Vorständen beginnt, mit dem separat anwählbaren WM-Modus auf Nationalmannschafts-Niveau antritt oder im Live Season-Modus basierend auf brandaktuellen Mannschaftsdaten und -Platzierungen versucht, die aktuelle Geschichte neu zu schreiben – letztlich ist entscheidend, was auf dem Platz passiert.

Sicherlich ist es interessant, für sich festzustellen, ob man statt Interims-Coach Jens Keller für Christian Groß den VfB Stuttgart aus dem Tabellenkeller holen könnte. Oder ob man statt Louis van Gaal mit der Verletztenserie des FC Bayern besser fertig wird. Doch wenn Match-Darstellung oder Ergebnisfindung keinen guten Eindruck hinterlassen, ist die Masse an zur Verfügung stehenden Modi irrelevant.