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Killer 7 (Action-Adventure) – Killer 7

Jetzt ist es passiert: Der Mainstream ist tot. Hättet ihr gedacht, dass Capcom so weit gehen würde? Dass die Japaner vor der versammelten Spielewelt auf ihn losstürmen und ihn kaltblütig massakrieren würden? Unglaublich. Killer 7 murkst mal eben die Gewohnheit ab. Einfach so. Blutig, böse, grinsend. Dabei gibt es doch überall Zeugen! Wir waren auch dabei und konnten unseren Augen nicht trauen.

© Capcom / Grasshopper Manufacture / Capcom / NIS America

Kampftaktik & Selbstmordwelle

Die Kämpfe gegen die Heavenly Smiles sind da schon anspruchsvoller, obwohl sie weder mit einer ausgefeilten KI noch Taktik glänzen. Diese Kreaturen kommen aber schon nach den ersten drei der insgesamt zehn bis fünfzehn Spielstunden in zig Varianten vor – klein und schnell, an der Decke krabbelnd, fliegend, riesig groß oder als Kugel rollend. Alle haben eine bestimmte Schwachstelle, die es zu attackieren gilt: Einer Sorte müsst ihr z.B. drei mal auf die Hand schießen, damit sie sich im Kreis dreht und ihren wunden Punkt auf dem Rücken offenbart. Wer nur wild ballert, hat bei vielen Gegnern keine Chance. Spätestens, wenn ihr Nestern mit endlos schlüpfenden Kreaturen und Bossmonstern begegnet, ist taktisches Vorgehen lebenswichtig. Auch die Unsichtbarkeit kann helfen, wenn euch Laserschranken behindern oder Gegnerscharen umzingeln.

Mask de Smith: Er reißt Wände ein und setzt Gegner in Brand. Nur beim Nachladen ist er verdammt langsam…

Trotzdem ist auch die Action fast schon zu einfach zu meistern, so dass geübte Shooter-Spieler am besten gleich mit dem schwierigeren Modus starten sollten, der euch nicht sofort den tödlichen Punkt anzeigt. Das einzige kleine Frusterlebnis innerhalb der intensiven Kämpfe liegt darin, dass man manchmal aus heiterem Himmel attackiert wird, wenn man von z.B. von einem Raum ins Freie wechselt – plötzlich wird man von Selbstmordlächlern überrannt. Diese ausweglosen Situationen samt Zwangstod sind ein unnötiges Ärgernis, aber immerhin nicht all zu tragisch; ihr seid ja zu siebt und könntet theoretisch einfach mit einem anderen Killer weiter spielen. Außerdem kann der schwarze Gentleman Garcian eure Überreste in einer Bluttüte aufsammeln und euch in null Komma nichts wiederbeleben.

Sin City meets Oliver Stone

Blut schmeckt gut. Fleisch ist Mord. Susie hat’ne Uzi. Das sind keine dilettantisch übersetzten Manson-Reime, sondern wild zusammen gewürfelte Sätze aus dem Drehbuch. Wundert euch nicht, wenn ihr die Story rund um die nukleare Bedrohung Japans, korrupte UN-Gruppen und den mysteriösen Terrorchef Kun Lan selbst nach einem halben Dutzend Stunden, ja selbst nach dem Abspann noch nicht richtig verstanden habt – die Verstörung ist ein alles übergreifendes Stilmittel. Schockierende Momente gibt es nicht nur visuell, sondern auch im Text, denn kein Tabu bleibt unangetastet – etwa, wenn euer Helfer Iwazaru seiner Abneigung gegen Schwarze freien Lauf lässt: „Ich hasse Afros. Ist das eklig.“

Aber Killer 7 ist weit davon entfernt, eine rassistische Botschaft zu propagieren. Es hat hemmungslos zeitkritische Tendenzen, bohrt in alle Abgründe der menschlichen Gesellschaft und stellt existenzielle sowie politische Fragen. Etwa, wenn es um die nukleare Ausradierung Japans geht: Müsste man Japan etwa zum Wohle der Welt opfern? Hat sich Japan diese Rolle gar historisch verdient? Etwa, wenn ein kleiner amerikanischer Junge schwört, alles Böse auf der Welt auszumerzen, wenn er erstmal groß ist – Bush lässt grüßen. Wenn ihr die düstere, von Tod und Gewalt geprägte Gesellschaftskritik von Filmen wie Natural Born Killers oder Comics wie Frank Millers Sin City mögt, ist Killer 7 euer Spiel. Ihr werdet in eine  irre Parallelwelt entführt, in deren grellen Spiegeln sich immer wieder ein realer Bezug abzeichnet. Das macht neugierig, reizt zum Weiterspielen.

Wenn ihr allerdings deutliche Dialoge, klare Feindbilder und logische Verknüpfungen mögt, ist Killer 7 nicht euer Spiel. Selbst reine Action- und Gore-Fans sollten sich trotz der coolen Schussduelle darüber klar sein, dass es sich zwar manchmal wie ein Shooter oder Survival-Horror anfühlen mag, aber sich über weite Strecken eher wie Survival-Wahnsinn spielt. Man redet mit Köpfen, lässt Blut regnen oder schleppt Laster mit einem Seil weg. Kriegt man Angst? Nein. Höchstens eine gewisse Panik angesichts der Übermacht. Aber der Grafikstil ist einfach zu wenig realistisch, als dass man Schockmomente à la Resident Evil 4 <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=3440′)“>

oder authentische Action à la Far Cry <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=2891′)“>
erleben würde. Die Monster wirken vielleicht abscheulich, aber gleichzeitig auch abstrus und künstlich.

Kaede zeigt Augenmaß oder Suizidfreude: Dieser Riese lässt sich auf euch fallen und explodiert dann.
Lebenssaft & Levelhatz


Blut ist das zentrale Element des Spiels. Es fließt nicht nur in Strömen, es heilt und stärkt euch auch. Wie bekommt man es? Ganz einfach: Ihr müsst eure Feinde an ihren verwundbaren Stellen treffen – im normalen Schwierigkeitsgrad glänzen sie golden und variieren in der Position. Sie können sich beim ersten Gegner am Arm, beim zweiten am Knie oder beim dritten am Kopf befinden. Trefft ihr diese handgroßen Punkte, löst sich der Gegner sofort in seine Blutpartikel auf, die automatisch von euch aufgesaugt werden und euer Konto füllen. Bis zu 1000 Deziliter haben dort Platz.

Was macht man mit so viel Blut? Man sucht einen Fernseher, filtert ein Serum daraus, um die Kraft, Geschwindigkeit, Zielsicherheit, Trefferquote, Reichweite oder Unsichtbarkeit der Killer zu erhöhen. Der Lebenssaft ersetzt hier die Erfahrungspunkte und lässt eure Charaktere bis zu fünf Level aufsteigen. Jeder Schritt auf der Karriereleiter führt außerdem zu zusätzlichen automatischen Fähigkeiten, die sich direkt im Kampf auswirken: Ihr könnt eure Schüsse z.B. dreifach aufladen, nahende Feinde mit einem tödlichen Tritt ins Jenseits befördern, sie bei Treffern sofort verlangsamen oder beim Zielen direkt den Kopf im Visier haben. Diese kleinen Verbesserungen und das individuelle Aufrüsten laden immer wieder zum Experimentieren ein.

GameCube vs. PS2

Obwohl Killer 7 auf beiden Plattformen auf den ersten Blick dieselbe gute Figur macht, offenbaren sich auf den zweiten doch klare Unterschiede. Die GameCube-Fassung ist einfach sauberer programmiert als ihr technisch schwächerer und von langen Ladezeiten geplagter PS2-Zwilling. Und neben der flüssigeren Darstellung bietet die Nintendo-Konsole im Detail auch mehr Schattenwürfe, so dass Hände und Waffen z.B. plastischer wirken. In Sachen Steuerung hat die PS2 wiederum einen Vorteil: Nur sie bietet euch bei der Bewegung das Digipad als Alternative an. Warum man GameCube-Killern diese zweite Variante vorenthalten hat, ist mir schleierhaft.