Auf dem Dach des Cafés sitzt eine Katze und wedelt ruhig mit dem Schwanz. In saisonalen Abständen versammeln sich die Arbeiter auf den Feldern, um diese zu beackern, zu säen und zu ernten. Ein Steuereintreiber marschiert begleitet von einem Dampf betriebenen Haustier-Skorpion um die Häuser. Von Zeit zu Zeit fliegt eine Art Montgolfiere über die Stadt – an Bord Handelsgüter, um sie zu einer außerhalb des Kartenbereiches liegenden Nachbarstadt zu bringen. Und die Straßen pulsieren mit einem Strom von Transporteuren, die Rohstoffe und Produktionsgüter von A nach B und schließlich über C, D oder E bis zum Laden bringen, in dem sie feilgeboten werden. Die isometrische Kulisse, die in vier Stufen gedreht sowie stufenlos gezoomt werden kann, ist ständig in Bewegung. Der Wuselfaktor ist hoch wie zur Jahrtausendwende bei den Siedlern oder den zahlreichen Stadtaufbau-Spielen von Impressions (Caesar, Pharaoh, Cleopatra etc.), in deren Tradition man sich nach Entwicklerangaben sieht.
Und immer hat man das Gefühl, dass Nintendos Rätsel-Detektiv Professor Layton samt seines Assistenten Luke um die Ecke kommt. Nicht nur, weil Lethis – Path of Progress in einem viktorianisch angehauchten Ambiente gehalten ist, das hier allerdings durch leichte Steampunk-Einflüsse zusätzlich aufgewertet wird. Sondern vielmehr, weil dieser Städtebau des Indie-Teams von Triskell Interactive mit der Farbgebung, dem stilisierten Figurendesign sowie dem allgemein comichaften Aussehen wie der strategische Cousin des Gentleman von Level-5 wirkt. Es macht Spaß dem Treiben zuzuschauen, während im Hintergrund der stimmungsvolle Soundtrack mit über 20 Musikstücken die technische Seite komplettiert. Einige Animationen könnten zwar variantenreicher sein oder zumindest mit leichter Verzögerung abgespielt werden, damit die Felder nicht alle im „Gleichschritt“ bearbeitet werden, wodurch die Lebendigkeit der Spielwelt eingeschränkt wird. Und auch bei den Ausbaustufen könnte es ähnlich der Anno-Serie unterschiedliche Hausfassaden geben. Doch unter dem Strich hat das Team einen klasse Job gemacht, um den Spieler über die audiovisuelle Kulisse ins Geschehen zu ziehen.
Spröde Hilflosigkeit
Mechanisch hingegen hat man nicht so viel Sorgfalt walten lassen – obwohl man sich theoretisch an die Formel hält, die seinerzeit auch den antiken Städtebau von Impressions so interessant gemacht hat. Man muss Zellen ausweisen, in denen
die Bevölkerung wohnen kann und dann als Arbeitskraft zur Verfügung steht. Da der Platz begrenzt ist und man auch Parzellen für die Rohstoffgewinnung sowie weiterverarbeitende Betriebe beachten muss, sollte man die Bedürfnisse der Bevölkerung zufrieden stellen. Die reichen von Nahrungsvielfalt bis hin zu Zugang zu Alkohol, Wäschereien etc. Doch um diese Anforderungen zu befriedigen, muss man wiederum eine empfindliche Balance zwischen zur Verfügung stehenden Arbeitskräften und den entsprechenden Bedürfnissen herstellen, die sich schließlich auf über 20 Produktionsgüter erstrecken. Ansonsten gehen die Bürger so schnell, wie sie gekommen sind. Das Ergebnis: Die Betriebe arbeiten nur ineffizient oder gar nicht. Die Waren kommen nicht so schnell, wie sie benötigt werden. Die Bevölkerung wandert ab. Ein fieser Teufelskreislauf. Dass man zusätzlich auch noch darauf achten muss, sämtliche Gebäude von Angestellten der Stadt instand zu halten werden und natürlich auch seine Finanzen nicht außer Acht lassen darf, macht den Reiz heute genauso aus wie damals.
Für mich ist das irgendwie nichts. Vom Artdesign aber auch von der Zeit/Ambiente in dem es spielt. Schade eigentlich weil ich die alten Sierraklassiker sehr geliebt habe. Die Pharaohreihe noch vor der Caesarreihe. Es gab ja sogar mal einen 3D versuch in Egypten, aber alle spiele die mit 3D versuchten die Klassiker wieder zubeleben sind in meinen Augen gescheitert da sie letztlich in 2D um einiges besser aussahen.
Mathias: Danke, das klingt als hätten sie es gegenüber dem Release schon entschärft.
crewmate: Eh ja ok, wenn du meinst.
Hi,
Ja. Während der Testphase kam es zu Situationen, in denen ein wichtiges Haus mangels Anbindung an die Instandsetzungswege einstürzte, ohne dass es bemerkt wurde. Und innerhalb relativ kurzer Zeit (vor allem wenn man die Geschwindigkeit hochsetzt, weil man die nächste Ernte abwartet oder so) konnte dies mittelschwere Nachwirkungen haben. Aber ich bin in keine Situation geraten, in der die Stadt quasi dem Untergang geweiht war. Ich denke, dass hängt auch ein bisschen mit der Flexibilität der Spieler zusammen. Wenn man nur darauf aus ist, die perfekte Stadt aufzubauen und nicht gewillt ist, hier und da mal zu improvisieren, ist man wahrscheinlich schneller genervt.
Doch kann zumindest bei mir von Unspielbarkeit keine Rede sein. Zumal man sich auch an die in dieser Hinsicht nicht ausreichende Benutzerführung (mangelnde Warnsysteme) gewöhnen kann. Wenn man nicht durch den Bau neuer Gebiete durchrusht und etwas abwartet, kann man relativ zügig feststellen, ob hier eine Einsturzgefahr besteht.
Natürlich kann es immer sein, dass durch fehlende Arbeiter die Instandhaltung vernachlässigt wird. Aber selbst solche Situation müssen nicht fatal für die Stadt bzw. den Aufschwung sein.
Von Unspielbarkeit ist Lethis aber ebenso weit entfernt wie von Perfektion. Ich habe trotz der Mankos auch mittelfristig Spaß damit gehabt, daher die 70 (oder Schulnote 3 oder "ist ok").
Cheers,
Wäre wirklich mal interessant.
Das mit der Fan-Arena kann ich auch nicht so recht nachvollziehen. Egal ob Indie oder EA-Titel, ständig wird dieser Umstand als Generalentschuldigung für jeden Missstand herausgehauen. Dabei denke ich immer bei mir, dass die Entwickler doch gar nicht recht wissen können, was jetzt nicht so gut ankam, wenn es ihnen keiner sagt. Kritik ist ja nicht bösartig, sondern durchaus konstruktiv und ich versuche so auf meine Art die Entwickler zu unterstützen.
Schade, dass das von fundamentalistisch anmutenden Fans nur allzu oft und gerne fehlinterpretiert wird.