Veröffentlicht inTests

Lost Odyssey (Rollenspiel) – Lost Odyssey

In Japan ist Lost Odyssey schon seit Ende letzten Jahres erhältlich. Und damit buhlt der Schöpfer von Final Fantasy, Hironobu Sakaguchi, zum zweiten Mal um die Gunst der Rollenspieler. Inzwischen hat es die illustre Truppe um den ewigen Krieger Kaim Argonar auch nach Amerika und Europa geschafft. Wir haben den unsterblichen Antihelden auf seinem vier DVDs umspannenden Abenteuer begleitet – eine Reise mit Höhen und Tiefen.

© Mistwalker / Feelplus / Microsoft

Der ewige Krieger

Kaim Argonar ist der perfekte Soldat, aber sein Schicksal ist kein einfaches: Er ist nicht nur dazu verdammt, niemals sterben zu können, sondern leidet auch noch unter Amnesie.

Pompöser Auftakt: Das Spiel beginnt auf einem gigantischen Schlachtfeld, das nur zwei Söldner lebendig verlassen werden…

Er weiß also weder wie lange er schon über die Schlachtfelder dieser Welt zieht noch woher er eigentlich stammt oder welche Ziele, Freunde und Erinnerungen er einst hatte. Zudem plagen ihn Alpträume, von denen er anfangs nicht weiß, ob es sich dabei um bloße Hirngespinste oder letzte Fragmente seiner Vergangenheit handelt. Doch selbst wenn diese Träume reale Ereignisse darstellen sollten, will Kaim sie am liebsten verdrängen, da sie ihm zu viel Schmerz und Kummer bereiten.

Vor der Kulisse einer von Kriegswirren begleiteten magisch-industriellen Revolution sucht er sein Heil in der Armee einer Republik, die seine Heimat zu sein scheint, führt Aufträge für Leute aus, denen er zu trauen glaubt. Doch der Schein trügt und angetrieben von einer Kameradin, die dasselbe Schicksal wie er teilt, macht sich Kaim auf, den Dingen während eines gemeinsamen Einsatzes auf den Grund zu gehen und seine Vergangenheit ans Tageslicht zu bringen – der Beginn einer langen und schmerzhaften Odyssee…

Was als Routinereise mit marternden Fragen beginnt, entwickelt sich schon bald zu einer Schicksalsreise, an deren Erfolg Gedeih und Verderb ganzer Nationen hängen. Intrigen werden aufgedeckt, Freunde zu Feinden und umgekehrt. Auch private Schicksalsschläge bleiben nicht aus. Parallel dazu verwandelt sich auch der wortkarge und unantastbar scheinende Protagonist in einen leidenden und mitfühlenden Menschen, der unzählige Freunde, Familien und Völker kommen und gehen sah und eigentlich überhaupt nicht hierher gehört.

Kaims Vergangenheit wird dabei in traumatischen Sequenzen und Geschichten erzählt, die zum Teil zwar vor Pathos triefen, aber auch eine unglaublich dichte und gefühlsbetonte Atmosphäre aufbauen. 

Trotz Amnesie plagen Kaim Alpträume, die Ereignisse aus seiner Vergangenheit in Erinnerung rufen.

Wer die in sperriger, aber liebevoller Textform präsentierten und aus der Feder des japanischen Roman- und Drehbuchautoren Kiyoshi Shigematsu stammenden Träume, die bestimmte Orte, Personen oder Situationen in Kaims Kopf auslösen, einfach weg klickt, beraubt die Handlung jedenfalls um entscheidende Nuancen, die der Story letztendlich die besondere Würze geben.

Liebe zum Detail

Im Laufe seiner Reise findet Kaim noch weitere Wegbegleiter, darunter auch Normalsterbliche. Diese wurden allesamt mit individuellen Charakterzügen und viel Liebe zum Detail ins Leben gerufen. Aus nächster Nähe erkennt ihr jede Falte, jede Pore und entdeckt selbst Hautunreinheiten, Muskelanspannungen oder durchschimmernde Adern. Auch auf die Darstellung von Mimik und Gestik haben die Entwickler viel Wert gelegt. Allerdings wirken einige der von Manga-Künstler Takehiko Inoue entworfenen Figuren etwas zu comicartig und stehen damit deutlich im Kontrast zum sonst eher realistischen Erscheinungsbild, das Sakaguchi von Anfang an wichtig war.