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Mass Effect: Andromeda (Rollenspiel) – Alles besser in einer neuen Galaxie?

Die Vorzeichen standen nicht gut. Die alten Helden von Mass Effect wurden mit dem Ende der Trilogie in Rente geschickt. Und überhaupt hat die Qualität der einstmals mit Awards überhäuften Rollenspiele von Bioware zuletzt mit Dragon Age: Inquisition einen Tiefpunkt erreicht. Mass Effect: Andromeda soll einen Neubeginn einleiten. Für die Menschheit und Bioware. Wir sind für den Test in die weit weit entfernte Galaxie abgetaucht.

© BioWare Montreal / Electronic Arts

Die Mimik ist im Allgemeinen definitiv nicht auf dem Stand von Witcher 3 oder Horizon: Zero Dawn. Doch besser als bei Fallout 4 sehen die Gesichter hier im Allgemeinen in jedem Fall aus. Bioware ist nicht mehr der technische Vorreiter, der es noch zu Jade-Empire- oder Mass-Effect-Zeiten war. Und die Enttäuschung darüber ist nachvollziehbar. Doch dabei wird gerne übersehen (oder verschwiegen), dass es auch einige wirklich überzeugende Figuren gibt. Und dass Bioware hier eine Technik einsetzt, die lippensynchrone Sprachausgabe auch abseits des Englischen möglich macht. Dass man diese Technologie nicht komplett im Griff hat und sie den Grafikern immer wieder um die Ohren fliegt – ich kann es verschmerzen. Zumal es in der deutschen Version vielleicht bedingt durch Duktus oder Klangführung der Worte gefühlt noch weniger Aussetzer zu geben scheint, während zugleich der Peinlichkeitsfaktor mancher Original-Dialoge sogar reduziert wurde. Wenn nicht einige Sprecher suboptimal ausgewählt wären, würde ich ausnahmsweise sogar in erster Linie die sauber lokalisierte deutsche Version empfehlen.

Frostbite-Kernkompetenz mit neuer Dynamik

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Die Third-Person-Action wird solide inszeniert und bietet kontextsensitive Deckung sowie eine frische Jetpack-Dynamik. © 4P/Screenshot

Wenig auszusetzen hingegen gibt es in den dynamischen Gefechten, die natürlich die Kernkompetenz des in erster Linie für Battlefield-Ballereien entwickelten Grafikmotors von Dice darstellen. Die Gegner reagieren unterschiedlich auf die Trefferzonen, lassen sich von biotischen oder Techkräften nach allen Regeln der Kunst durch die Luft wirbeln oder anzünden. Die Explosionen von z.B. Granaten könnten zwar etwas knackiger sein, doch inwieweit man sich darüber aufregt, hängt natürlich auch mit der bevorzugten Spielweise zusammen, die offener ist als je zuvor und damit nicht einmal sicherstellt, dass man Granaten verwendet. Musste man sich bisher bei Mass Effect auf eine Klasse für Shepard festlegen, stehen Ryder alle Türen offen. Man hat in drei Bereichen (Kampf, Biotik, Tech) insgesamt 23 aktive sowie 13 passive Eigenschaften zur Verfügung, die man jeweils auf sechs Stufen ausbauen kann. Ab Stufe vier hat man jeweils zwei Varianten zur Verfügung. Je nachdem, wie man seine Punkte verteilt, werden verschiedene Profilstufen in verschiedenen Varianten freigeschaltet. Wer z.B. hauptsächlich in Kampf investiert, kann bis zu einem Rang-3-Soldaten aufsteigen. Dieser Status gewährt ebenso wie Techniker, Experte, Infiltrator, Entdecker, Wächter oder Frontkämpfer besondere Boni. Dennoch vermisst man auch hinsichtlich des Missionsdesigns und der Dramaturgie die Option, seine Figur Richtung Stealth oder gar Gesprächsführung zu entwickeln. Letzteres wäre angesichts des durchaus diplomatisch zu interpretierenden Daseins als Pathfinder und damit als Vermittler zwischen Rassen eine interessante Abweichung des weiterhin rein auf Kampfaspekte ausgelegten Figurenausbaus.

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Man kann die Fähigkeiten der drei Zweige Biotik, Kampf und Tech frei kombinieren, es gibt keine Klassen-Einschränkungen mehr. © 4P/Screenshot

Dass man nur drei der 23 möglichen aktiven Fähigkeiten gleichzeitig ausrüsten darf, wird durch die Favoriten ausgeglichen. Vier dieser Sets darf man anlegen, wobei die Zusammenstellung von Dreierpack an Fähigkeiten angereichert durch ein Profil vollkommen dem Spieler überlassen bleibt. Das Umschalten dieser Sets liegt auf dem gleichen Auswahlrad wie die Waffen- oder Hilfsgegenstandswahl und ist die einzige Möglichkeit, die Echtzeitkämpfe zu unterbrechen. Zwar darf man seinen Begleitern immer noch Befehle geben. Doch diese wurden auf eine Position bzw. ein Angriffsziel sowie die Order reduziert, an die Seite Ryders zurückzukehren.  Die ausgefeilte Planung vor allem bei der Kombination von Fähigkeiten fällt hier ebenso flach wie manuelle Ausrüstung der Begleiter mit neuen Knarren. Man ist darauf angewiesen, dass die KI-Routinen von den Spezialaktionen Gebrauch macht. Und dies passiert größtenteils zufriedenstellend, wobei man bei einer Möglichkeit zu Biotik-Kombos sogar eine Aufforderung vom Begleiter bekommt, falls man in der Hektik der Gefechte den Überblick verlieren sollte. Unter dem Strich erreichen die Auseinandersetzungen zwar nicht die Klasse einschlägiger Third-Person-Shooter, werden aber durchweg mindestens solide inszeniert und zeigen sich mit ihrem dynamischen Deckungssystem sowie dem Jetpack für kurzzeitigen Auf- oder Seitwärtsboost mit einer fríschen Komponente ausgestattet.

Mehrspieler-Reste

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Die Mehrspieler-Action bietet ebenfalls solide Auseinandersetzungen auf gut designten Karten. © 4P/Screenshot

Angesichts der weit mehr als 40 Stunden, die man mit der Kolonisierung des Heleus-Clusters verbringen kann, hätte es die Mehrspieler-Duelle nicht gebraucht. Doch zum einen waren sie scheinbar ein Wunsch vieler Mass-Effect-Fans. Und zum anderen hat Bioware glücklicherweise darauf verzichtet, sie wie noch in Teil 3 zu einem  zentralen Element der Geschichte zu machen. Allerdings hält man an der grundsätzlichen Mechanik fest: In Viererteams (alles darunter ist ein unnötiger Anstieg des ohnehin fordernden Schwierigkeitsgrades) muss man verschiedene Aufgaben erledigen. Diese reichen vom einfachen Überleben von Wellen, über das Ausschalten bestimmter Ziele bis hin zum Hacken bestimmter Stationen, bevor man die Evakuierungszone erreichen und dort ausharren muss, bis man abgeholt wird. Weder innerhalb der Serie noch innerhalb der Balleraction ist dies neu. Doch das solide Aufstiegssystem, die auch hier zur Geltung kommende Dynamik und die umfangreiche Personalisierung, die aber auch von Mikrotransaktionen beeinflusst werden kann, sorgen dafür, dass man auch abseits der Kampagne einen guten Grund hat, sich nach Andromeda zu begeben. Und einen kleinen Bonus geben die so genannten „Apex“-Missionen dann auch für das Hauptspiel: Man kann je nach Schwierigkeitsgrad Rohstoffe oder Credits bekommen – die allerdings auf „Bronze“ nicht der Rede wert sind.

  1. mafuba hat geschrieben: 26.12.2020 18:17 Habe insgesamt 16.5 Stunden gebraucht und ich muss sagen, dass es mich insgesamt ziemlich gut unterhalten hat.
    Das kann man schon als Speedrun bezeichnen :mrgreen:
    ich habe für meinen einzigen Durchgang 87 Spielstunden reingebuttert, keine Ahnung wie ich das geschafft habe.

  2. Ryan2k6 hat geschrieben: 28.12.2020 19:47 Jo und es gibt eben mindestens einen Planeten zu viel, eher 2. Dann wäre es kompakter und schlanker gewesen. Aber ich hoffe es wird weitere solche Spiele in diesem Setting geben, das mag ich sehr.
    Dazu noch Eos, wo man ja wieder hin muss weil man beim Start nicht überall hin kam. Bin jetzt fast auf Vloed fertig, falls da nicht noch was dazu kommt nachdem ich eine Basis gebaut habe.

  3. Solon25 hat geschrieben: 28.12.2020 18:25
    mafuba hat geschrieben: 28.12.2020 15:52 Die Dame im Kokpit (name vergessen) sieht auch strange aus (uncanny valley vom feinsten).
    Dir auf jeden Fall noch viel Spaß - loht sich auf mMn. durch zu spielen.
    Suvi heisst sie. Spaß macht es ja, nur wie geschrieben, immer wieder dieses nervige Reisen. Auf Planeten selber geht es ja durch das Portsystem, da ist man schnell am Ort und zurück.
    Jo und es gibt eben mindestens einen Planeten zu viel, eher 2. Dann wäre es kompakter und schlanker gewesen. Aber ich hoffe es wird weitere solche Spiele in diesem Setting geben, das mag ich sehr.

  4. Es gab wohl zuviel Einfluß von der obrigen Etage, wie das Spiel zugeschnitten werden soll auf eine wesentlich jüngere Zielgruppe, anstatt grünes Licht zu geben und den Entwicklern Freiheiten zu gewähren um eine fließende Entwicklung seit Teil 3 nicht komplett abzuwürgen.
    Wir alle wissen wie es geendet hat. Eine typische Auftragsarbeit wo an vielen essenziellen Baustücken gespart wurde.
    Fehlen in Zukunft nur noch News zu Kinderarbeit in der Spieleindustrie. Zum Glück stellen die keine Klamotten her! :lol:

  5. mafuba hat geschrieben: 28.12.2020 15:52 Die Dame im Kokpit (name vergessen) sieht auch strange aus (uncanny valley vom feinsten).
    Dir auf jeden Fall noch viel Spaß - loht sich auf mMn. durch zu spielen.
    Suvi heisst sie. Spaß macht es ja, nur wie geschrieben, immer wieder dieses nervige Reisen. Auf Planeten selber geht es ja durch das Portsystem, da ist man schnell am Ort und zurück.

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