Veröffentlicht inTests

Mosaic (Adventure) – Der moderne Spiegel

Die Macher der Horror-Überraschung Among the Sleep aus dem Jahr 2014 melden sich zurück: Das Erzählspiel Mosaic entführt euch in den tristen Alltagstrott einer modernen Großstadt. Ob das Spaß macht, erklärt unser Test.

© Krillbite Studio / Krillbite Studio / Raw Fury

Dein Freund, das Handy

 

Aufwachen! Mit einem fiesen Vibrationsalarm nörgelt das Mobiltelefon meine Spielfigur aus dem Bett. Per Analogstick wuchte ich den antriebslosen Schlacks aus den Federn – jetzt erstmal auf dem Handy die Mails checken. Überraschung: Nichts Wichtiges dabei. Also starte ich die BlipBlop-App: Man drückt, sammelt Punkte, freut sich über die wohlklingenden Soundeffekte. Drückt weiter, investiert Punkte in Punktemultiplikatoren – für noch mehr Punkte natürlich. Bis man irgendwann Prestige hat – ja, dieses Call of Duty-Feature gibt es in BlipBlop tatsächlich. Ist es sinn- oder gehaltvoll, eine virtuelle Klicker-App innerhalb eines Indiespiel zu zocken? Ganz sicher nicht! Macht es Laune? Leider ein bisschen…

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=87494,id=92605036)]
Aufstehen und – eigentlich völlig unnötig – erstmal aufs Handy glotzen. Hat wohl jeder von uns schon mal gemacht. © 4P/Screenshot

Meine Spielfigur kann in fast jeder Situation sein Mobiltelefon zücken: Beim Vorbeischlendern an der schier endlosen Briefkasten-Wand des Wohnhauses; im Aufzug, damit man nicht mit den Mitfahrenden kommunizieren muss; auf der heimischen Couch, während der TV bereits das Wohnzimmer mit Bild und Ton flutet. Und natürlich in den verschiedensten Situationen auf dem täglichen Weg zur Arbeit. Dieser Gang Richtung Firma ist dann auch der wesentliche Spielinhalt von Mosaic – mit betörenden Kamerawinkeln wird die Tristesse der Großstadt eingefangen. Endlose Menschenkolonnen, die Ameisen gleich die Bürgersteige verstopfen, graue Häuserschluchten, Regen statt blauer Himmel.

 

Wenn man in diesem fahlen Einheitsbrei einen Farbklecks entdeckt – nichts wie hin. In solchen Momenten kontrastiert Mosaic bewusst: Ein bunter Musiker steht am Straßenrand, eine rotbraune Katze verschwindet durch einen Bauzaun. Auf Knopfdruck kann sich meine Spielfigur dann kurz ihren Sehnsüchten hingeben, sich in einen leuchtenden Tagtraum stürzen. Spielerisch wird auch hier selten mehr geboten als simples Navigieren in 2D oder 3D: Mal weicht man als Schmetterling Hindernissen aus, mal wird man zuerst zum Paket gestaucht und endet nach dem Lauf durch eine Art Labyrinth schließlich als Pixelpunkt eines riesigen Werbedisplays. Klingt surreal und ist es auch.

 

Fischiger Freund

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=87494,id=92605042)]
Die große kapitalistische Konzernmaschine verschlingt Büroangestellte – solch spektakuläre Bilder malt Mosaic in kühlen Farbtönen. © 4P/Screenshot

Wenn dann noch ein Goldfisch in der Luft schwebt, der mit mir redet und mich fragt, ob dies das Leben ist, das ich mir vorgestellt habe, wird spätestens klar: Die Macher von Mosaic wollen der Gesellschaft einen grauen, matten Spiegel vorhalten, sie karikieren Handy-Sucht, sinnlose Hobbys, tristen Büroalltag. Mitunter mit dem Vorschlaghammer: Die Love-App auf dem virtuellen Handy zum Beispiel ist eine Art Tinder – nur leider will sich kein einziger potentieller Partner mit meiner Spielfigur einlassen, egal bei wie vielen möglichen Matches ich einen Daumen nach oben hinterlasse. Am Arbeitsplatz angekommen, ist diese Gesellschaftskritik subtiler: Um irgendein nicht näher benanntes Produktivitätsziel zu erreichen, baut man in 2D eine Bienenwaben-ähnliche Struktur in die Höhe – so können kleine Punkte hin- und herwuseln und ermöglichen immer höheres Bauen. Ein paar kleinen Kniffen (Portale, Feinde) zum Trotz ist diese Ingame-Arbeit vor allem eines: langweilig. Das ärgert mich als Spieler, aber vielleicht war in diesem Punkt genau das die Intention der Entwickler von Krillbite Studio.

 

  1. Wieso bringen die Penner nicht ihre ganzen Top-Games im Januar/Februar, wo man sie am dringendsten gebrauchen könnte. Wenn draußen die Sonne scheint, brauch ich nix zum Zocken.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.