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Need for Speed: Most Wanted (Rennspiel) – Need for Speed: Most Wanted

Wii U hat momentan nicht nur mit einer Release-Flaute zu kämpfen. Bei Multiplattform-Titeln zieht man zudem häufig technisch den Kürzeren, man denke nur an Mass Effect 3 oder Call of Duty – Black Ops 2. Doch vielleicht können die Rennspiel-Spezialisten von Criterion mit Need for Speed Most Wanted U das Ruder herumreißen?

© Criterion Games / Electronic Arts

Burnout Fairhaven?

Ist der PS-starke Ausflug in die Stadt Fairhaven also genau die Highspeed-Fortsetzung zu Burnout Paradise, auf die ich seit 2009 gewartet habe? Die Antwort auf die Frage lautet, um es mit Fettes Brot zu sagen: „Jein!“ Wenn man nur auf die pure Geschwindigkeit und die Möglichkeit schaut, sich in einer offenen Stadt PS-Duelle zu liefern, in der auch die Strecken bei Rennen nicht wie z.B. bei Forza Horizon abgegrenzt sind und man auch mal lauthals fluchend die falsche Ausfahrt nimmt, dann ist Most Wanted in der Tat ein würdiger Nachfolger zu Paradise.

[GUI_PLAYER(ID=105185,width=300,text=Es gibt leider keinen echten lokalen Zweispielermodus. Stattdessen gibt es eine Art „Fahrlehrer“ bzw. den „Helfer am GamePad“,align=right)]Das Need for Speed-Gen ist fest in der DNS dieses Rennspiels verankert: Wie beim ursprünglichen Most Wanted müssen sich Solisten in Fairhaven nach und nach den meistgesuchten Rasern stellen, diese schlagen und schließlich ihre Karre übernehmen. Damals waren es 15, dieses Mal sind nur noch zehn Hauptgegner ins Visier zu nehmen.
Und man sitzt (dies ist die größte Änderung zu Paradise) in lizenzierten Boliden. 41 Karossen gibt es, das Spektrum reicht von Alfa Romeo über Bentley und Bugatti, Pagani oder Lamborghini bis hin zu einem Koenigsegg Agera R. Einige dieser Prachtwagen muss man erst freischalten, die meisten kann man an über 120 mitunter gut versteckten Wechselstationen (drei für jedes Auto) finden. Nun parkt man entweder daneben und wechselt oder hat den Wagen für einen späteren Schnellzugriff zur Verfügung. Criterion hat die PS-Monster mit bekannt hoher Detailfreude nachgebildet, allerdings musste den Lizenzen die Wucht bei Crashes sowie ein ausgefeiltes Schadensmodell geopfert werden. Das ist insofern schade, da Criterion mit den wuchtigen Crashsequenzen der Burnout-Serie (häufig in Zeitlupe zelebriert) das Fundament für seinen Ruf als Meister des Arcade-Racings gelegt hat.

Wechselbad der Gefühle    

Überhaupt hetzt mich Most Wanted als bekennender Paradise-Fan durch ein emotionales Wechselbad. Ich jubele (wenngleich manchmal nur im Stillen), wenn mich die wahnwitzig schnell an mir vorbeizischende Kulisse den Kopf einziehen lässt, ich einen Tunnelblick bekomme, durch die Kurven gleite oder zu einem gezielten Drift ansetze – und das alles, ohne auch nur ein bisschen Kontrolle zu verlieren. Die Steuerung ist punktgenau, die Sportwagen lassen sich super auf der Straße halten und auch nach einer Kollision kann man sie schnell wieder ausrichten. Ich freue mich, wenn ich mich auf die Suche nach über 150 Plakatwänden mache, die man durchbrechen kann, um Sprungrekorde aufzustellen oder die Hochgeschwindigkeitsjagd bei über 60 Radarfallen aufnehme. Als Sammler und Vervollständiger kann man sich auch abseits der etwa sechs bis acht Stunden beschäftigen, die es für die meisten dauern dürfte, bis man Platz 1 der Most Wanted-Liste einnimmt.

Die Kulisse ist auf einem Niveau mit den Versionen auf anderen HD-Konsolen.
Die Kulisse ist auf einem Niveau mit den Versionen auf anderen HD-Konsolen. © 4P/Screenshot

Allerdings nutzt Criterion die offene Welt nicht so sehr aus, wie man es von ihnen (auch nach monatelangen Spritztouren durch Paradise City) erwarten könnte. Zwar kann man mit jedem freigeschalteten Fahrzeug eine Serie von fünf Rennen bestreiten, um Upgrades freizuschalten (für jedes Fahrzeug identisch) und durch länger anhaltendes Fahren mit einem Auto auch noch weitere „Pro-Varianten“ der Verbesserungen bekommen. Dass diese Rennen von verdammt coolen, mitunter abstrakten, häufig witzigen Videos eingeleitet werden, kann allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass die zur Verfügung stehenden Renntypen nicht allzu variantenreich sind und man mit unterschiedlichen Boliden zu häufig in die gleichen Duelle abgeschoben wird. Dabei ist die Stadt eigentlich groß genug, um jedes Fahrzeug mit fünf exklusiven Situationen zu konfrontieren – zumal so auch der Anreiz größer wäre, auch wirklich jede Karre aufzumotzen. Statt wie in Paradise City verschiedene Wettbewerbe zur Verfügung zu stellen (Stuntpunkte, normale Rennen, Takedowns etc.), die auch mal den Wechsel zu einem besser geeigneten Fahrzeug forcieren, greift man hier auf das immer gleiche Repertoire zurück, meist Rennen von A nach B sowie Rundkursrennen. Und selbst an den Abweichungen wie das Erreichen einer bestimmten Durchschnittsgeschwindigkeit oder der Flucht vor der Staatsgewalt innerhalb eines Zeitlimits hat man sich vergleichsweise schnell satt gesehen. Zumal sich die allgegenwärtige Polizei ohnehin häufig bemerkbar macht und man nach Zielerreichung noch die Streifenwagen abschütteln muss, bevor man sich der nächsten Aufgabe zuwenden kann. Das GPS-System sorgt auch ab und an für Frust: Vollkommen ohne Sprachhinweise („in 200 Metern rechts abbiegen“, „in der nächsten Ausfahrt links halten“ ) führt es einen als kürzesten Weg häufig auf die Gegenfahrbahn, obwohl es auch ungefährlicher ginge und hat Probleme, sich auf spontane Weg-Änderungen seitens des Fahrers einzustellen. Während ich mit Letzterem wenig Probleme habe, ist es die fehlende Sprachausgabe, die ein ums andere Mal dazu geführt hat, dass ich an erster Stelle liegend die falsche Ausfahrt genommen habe und fluchend umdrehen musste. Man hat in der Hektik der Rennen nicht immer die Zeit, um einen Blick auf die Minikarte zu werfen, damit man ja die nächste Abzweigung nicht verpasst.