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Officers: World War 2 (Taktik & Strategie) – Officers: World War 2

Es hat noch ein wenig gedauert, aber nun ist Officers endlich auf Deutsch bei Peter Games erschienen. Die Schlachten sind teils gigantisch, voller Bewegung und bringen tatsächlich neuen Schwung ins überlaufene Weltkriegsgenre. Selten war ein Echtzeit-Taktikspiel so motivierend: Was macht das veränderte Konzept aus?

© GFI Russia / Peter Games

Gebremster Offensivgeist

Als die Alliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie landeten, war keinesfalls 

In der Normandie geht’s nur schrittweise voran, da die Deutschen sich wehren. Blitzvorstöße enden meist im feindlichen Feuer.  

klar, ob sie sich auch auf Dauer durchsetzen konnten. Obwohl die Bevölkerung die Befreier bejubelte, war der Widerstand der Deutschen unerwartet stark. Oberhalb der Strände gab es wenn überhaupt nur ein langsames Vorwärtskommen, so dass am Abend des D-Days keines der von den Militärs angestrebten Ziele erreicht war. Insbesondere Caen, die größte Stadt der Küstenregion, war noch in Hand der Deutschen. Die als Handstreich gedachte Invasion wurde zu einem zwei Monate dauernden Feldzug auf der Halbinsel Cotentin, der Amerikanern und Briten alles abverlangte. Caen wurde erst am 19. Juli 1944 vollständig befreit – mehr als einen Monat nach der Invasion. Dieser teuer erkaufte Sieg war der Auftakt für die Befreiung von Paris im August und schließlich ganz Frankreich.

Die Schwierigkeiten, auf die Alliierten tatsächlich stießen, spiegeln sich auch in Officers wider. Es geht nur langsam voran und überall sind versprengte Deutsche, die es zu besiegen gilt. Die Landschaft ist unheimlich verschachtelt mit ihren kleinen Orten, heckengesäumten Feldern und einsamen Gehöften, zu denen nicht mal eine Teerstraße führt. Man muss jedes Mal nachschauen, ob sich dort Feinde verschanzt haben. Je weiter man ins Landesinnere vorstößt, desto heftiger und koordinierter wird die Gegenwehr der Deutschen. Doch das ist erst der Anfang, von dem wir in der Vorschau berichteten, denn die zweite Schlacht, die um Caen, ist noch um einiges blutiger. Hier stehen die Deutschen noch massiver, kompakter und kämpfen, als ginge es schon um die Verteidigung der Reichshauptstadt Berlin.

Gigantomanie

Officers hat mit die größten Karten, die mir bei einem Echtzeit-Taktikspiel untergekommen sind. Sie sind sicher zigmal so groß wie eine Karte von Codename: Panzers und immer noch vier bis fünf Mal größer als eine von Sudden Strike 3. Das wird jedoch mit langen Ladezeiten erkauft und das Scrolling bekommt eine neue Bedeutung, wenn man adlergleich über die europäische Landschaft schwebt. Truppen verlegen kann auch etwas dauern: Ich brause mit einem leichten Panzer M 24 Chaffee die Straße entlang vorbei an einigen Abzweigungen und Ortschaften. Dann passiere ich einen großen Wald, auf den Felder folgen. Jetzt müsste ich doch bald da sein, doch noch folgt ein Depot und eine lange Gerade. Als es mir schon fast zu bunt wird, passiere ich ein paar Bäume und bin endlich da. Immerhin gibt es einen Befehl, damit Fahrzeuge auf der Straße bleiben. Nicht auszudenken, wenn ein schwerer Churchill allein durch den Wald rumpelt!

Leute, die gerne mal die Übersicht verlieren, sollten Officers lieber nicht anrühren, denn es könnte sie zu sehr frustrieren. „Wo sind denn meine Panzer?“ ist beispielsweise eine ganz normale Frage, da es praktisch ständig vorkommt, dass man Einheiten sucht. Sie lassen sich zwar wie üblich per Lassomethode und Taste gruppieren, aber es gibt keine Übersicht, wo Einheiten oder Trupps verzeichnet wären. Beim Wiederfinden ist man also ganz auf sein Adlerauge angewiesen, das aber auch nicht von ganz oben suchen darf. Denn ganz rauszoomen ist nicht, da ausgerechnet das begrenzt wurde. So bleibt das Spiel in Sachen Übersicht stets eine Gratwanderung, aber immerhin leitet eine warnende Schaltfläche direkt zu den Angriffen der Deutschen weiter, wenn sie kommen.

Nimm mich ein!

Dass Officers angesichts der erschlagenden Größe, Unübersichtlichkeit und des oft zähen Vormarsches gut spielbar ist, liegt

Hier sind die Ziele um Caen zu sehen, die man einnehmen muss. Nur so kommt man an neuen Nachschub.

daran, dass alles es in überschaubare Zonen, Haupt- und Nebenziele eingeteilt ist, die es zu erobern gilt. Dies gelingt nur, wenn man das Hauptquartier eines Bereichs einnimmt, das heftigst verteidigt wird. Hat man alle Zonen befreit, dann hat man die Schlacht gewonnen. Um das zu erreichen, muss man sich schon mächtig reinhängen, denn geschenkt wird einem auch hier nichts. Das motiviert natürlich, denn man will es schaffen. Sämtliche Aktionen werden in einem Buch verzeichnet, wo man in Ruhe Befehle, Angriffe und Nachschub nachlesen kann. Zudem bringt das Einnehmen der Ziele Belohnungen wie neue Waffen, Nachschub oder einen Bombenangriff. Dafür nimmt man es gerne in Kauf, dass ständig neue Nachrichten aufpoppen, die man gerne mal ignoriert, wenn man richtig versunken ist.

Zusätzlich für Motivation sorgt, dass man auf der Karte nicht alleine ist, denn auf manchem Schlachtfeld stoßen einem die Briten zur Seite. So entsteht beim Vormarsch ein regelrechter Wettlauf um errungene Siege, eroberte Depots und feindliche Bunker. Leider ist es so, dass man die Mehrzahl der Nebenziele erobern muss, da die alliierte KI fast nur auf große Ziele wie Caen losgeht. Wenn man auf der Minikarte sieht, wie an der Schnur aufgereiht Panzer vorpreschen, sind es meist englische Tanks. Das ist nicht immer von Erfolg gekrönt, so dass man letztlich aushelfen muss, wenn die Deutschen sie zurück schlagen. Schließlich soll ja die Front nicht zusammenbrechen, nur weil die Verbündeten sich ein Husarenstück nach dem anderen leisten. Die Bekämpfung der deutschen Außenposten verzögert manchen Sieg erheblich.