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Overclocked (Adventure) – Overclocked

Manch ein Psychiater braucht wohl eher selbst einen Seelenklempner. Das ist nicht nur eine landläufige Meinung, es trifft auch auf den Held von Overclocked zu. Er versucht nicht nur, seinen traumatisierten Patienten zu helfen, sondern macht auch noch eine Reise in seine eigenen Abgründe. Wir haben dem Psycho-Adventure in die Seele geschaut.

© House of Tales / dtp

Psychische Verletzung

Wie soll man mit gewalttätigen Patienten umgehen? Einfach wegsperren und mit Medikamenten zudröhnen oder doch lieber therapieren? Und wenn man sich für Behandlung entscheidet, wie soll dies vonstatten gehen? Nach der guten alten „Holzhammermethode“, weil man es schon immer so gemacht hat, oder doch lieber mittels einfühlsamer Gesprächstherapie?

Der Held (rechts) hält nicht nur nix von Weißkitteln, er missbilligt auch die lieblosen Methoden seiner Kollegen.

 Das ist einer der Konflikte, den der ehemalige Armeepsychiater David McNamara mit seinen Kollegen austrägt. Als Spezialist für Kriegsveteranen, die den Belastungen während des Einsatzes nicht gewachsen waren, hat der Protagonist eine Vorstellung davon, wie eine solche Therapie aussehen soll. Behutsame Erinnerung an das Geschehene ohne Psychopharmaka.

Was ist überhaupt ein psychisches Trauma? Nun, wenn jemand etwas Schreckliches erlebt, kann es zu einem seelischen Trauma kommen, das ebenso schlecht heilt wie eine körperliche Wunde. Es kann so weit gehen, dass sich ein Mensch nach einem Erlebnis selbst verletzt, ständig dasselbe wiederholt oder nur noch apathisch in der Ecke kauert. Seit dem Vietnamkrieg konnte die US-Armee leidvolle Erfahrungen mit traumatisierten Soldaten sammeln, da sie immer wieder in Kriege verwickelt war. In einer solchen Spezialeinheit für Kriegsneurosen war auch der Held tätig, bis er von einem Tag auf den anderen die Army verließ. Was war der genaue Grund dafür?

Held in Aktion

Der von Alpträumen geplagte McNamara wird von der Regierung eingesetzt, um fünf jungen Erwachsenen zu helfen, die im heutigen New York aufgegriffen wurden. Die drei Männer und zwei Frauen sind orientierungslos, bewaffnet und teils gewalttätig. Man hat sie in einem heruntergekommenen Hospital eingesperrt, das den Charme eines rumänischen Kinderheims aus der Ceausescu-Zeit verströmt. Der zynische Anstaltsleiter und seine bärbeißige Krankenschwester behandeln sie eher wie wild gewordenes Vieh und nicht wie Menschen. Es sollen die letzten Patienten sein, die dort untergebracht werden, da die Verwahranstalt abgerissen werden soll. Als erstes lässt McNamara alle Medikamente streichen, damit die Leute wieder zu Verstand kommen.

McNamara macht sich nicht gerade beliebt im Hospital, aber ganz allmählich findet der Psychiater Zugang, indem er die Patienten an die Geschehnisse erinnert, die noch im Dunkeln liegen. Leider ist das für euch damit verbunden, dass ihr den Leuten bis zum Exzess Soundfiles vorspielen müsst, damit bei ihnen der Groschen fällt, was im Spiel ziemlich übertrieben wird. Zu Beginn noch recht simpel, stapeln sich diese im weiteren Verlauf im PDA des Protagonisten, was nicht gerade sonderlich einfallsreich wirkt. Zudem ist es unübersichtlich, so dass ihr schon mal ein Weilchen sucht, bis ihr die richtige Aussage gefunden habt. Dann läuft meistens ein kurzes Filmchen, das euch per gleißendem Flashback in die Vergangenheit führt.

Vergangene Quests

Ihr landet in einer der Rückblenden, in denen ihr der Reihe nach die fünf Jugendlichen spielt. Da ihr mit der jüngsten Erinnerung startet und euch an den Anfang durcharbeitet, bleibt alles hübsch mysteriös. Die Machart erinnert sofort an die TV-Serie Lost, da ihr euch auch hier regelmäßig in unterirdischen Gängen, einem klaustrophobischen Wohntrakt und

In den Rückblenden erspielt ihr ganz langsam, was mit den fünf Jugendlichen geschah. Die Aufgaben sind meist ein Kinderspiel.  

verlotterten Militärcamps herumdrückt. Stück für Stück müsst ihr herausfinden, was überhaupt vorgefallen ist. Es wird immer klarer, dass die Fünf sich auch untereinander keinesfalls grün sind. Leider fehlt es etwas an Spannung, da bei diesen Passagen kaum echter Nervenkitzel aufkommt. Das liegt sicher auch daran, dass immer wieder unnötige Ladezeiten die Handlung unterbrechen.

Die Aufgaben, die zu lösen sind, sind unterschiedlicher Natur und im Allgemeinen selten fordernd. Ihr müsst etwa dafür sorgen, dass ihr irgendwo rauskommt, was meistens schlimmer aussieht, als es letztlich dann ist. Echte Rätsel wie das Erkunden eines Codes, Finden eines Schlüssels oder Reparieren eines Apparates sind selten und auch keine große Herausforderung, da es nur wenige Gegenstände und leicht zu findende Handlungsmöglichkeiten gibt. Daran ist auch die komfortable Steuerung „schuld“, die alles in ein Kinderspiel verwandelt. Wenn ihr etwa Steine aus einer Mauer schießen müsst, habt ihr unendlich Munition und müsst auch nicht hetzen, da es keine Zeitlimits gibt. Echte Actionsequenzen gibt es aber nicht.
                  

  1. Meine Kritikpunkte sind die Erinnerungen wie man sie beim Jungen in Zelle 1 oder in Zelle 3 auslöst hätte durchaus öfter passieren können.
    Das Stupide rauskramen des PDA und dann Ton aufzeichungen vorspielen hätte man gerne öfters verändern können wie halt bei den Beispielen bei den Jungen aus Zelle 1 und 3 bei denen man als erstes anders die Erinnerungen auslöst.
    Und man hätte alles noch ein wenig besser verpacken können z.B. Erklärungen liefern können warum man nix über die Identitäten der Gruppe herausgefunden hat nach so vielen Tagen wird die Polizei sicherlich Daten und Namen zur Person haben.
    Man hätte durchaus die Regierung ins Spiel bringen können wie sie Daten über diese Leute hat verschwinden lassen schließlich haben sie ja die Mittel siehe Kredit Karte von David D:

  2. langhaariger bombenleger hat geschrieben:Sry das kann ich mir nun einfach nicht verkneifen: Wer sind denn die Bösen in der Realität??
    Hi langhaariger bombenlger,
    die üblichen Verdächtigen bei so ner Verschwörung halt: Bush-Regierung, US-Armee, Dr. Frankenstein-mäßige Wissenschaftler oder skrupellose Konzerne. Na komm, hast du noch nie einen US-Thriller gesehen?;-) In echt bekommen die allerdings immer ihren Willen.
    Gruß,
    4P|Bodo

  3. Future's End hat geschrieben:Also ich finde, dass das Spiel etwas zu schlecht wegkommt! Natürlich gibt es einige Schwachpunkte, wie zum Beispiel die etwas zu leichten Rätsel, obwohl ich auch da anmerken muss, dass Overclocked dem von der Atmosphäre vergleichbaren Fahrenheit haushoch überlegen ist. Wenn man die für ein Spiel typische Einführungsphase der Charaktere & Locations hinter sich hat, kommt die Story doch relativ schnell in Fahrt, auch wenn sie sich anfangs viele Aspekte wie z.B. McNamaras persöhnliche Probleme eher subtil zeigen sowie die natürlich anfangs zusammenhangslosen Erinnerungen erst mal so weit rekonstruiert werden müssen, dass man sich ein Gesamtbild machen kann.
    VORSICHT!!! SPOILER!!!
    Zudem kommen die fünf Insassen zwar individuell aber auch wenig ausgefeilt rüber, so dass ihr Handeln
    nicht immer nachvollziehbar wird. Wieso will die blonde Frau die Brünette unbedingt umbringen? Warum prangt ein riesiger Blutfleck auf dem Boden des Wohntraktes? Weshalb wurden beide Mädchen eingesperrt? Leider werden diese und ähnliche Fragen auch nach Durchspielen, Endsequenz und Auflösung nicht restlos geklärt.
    Ich denke doch, dass Overclocked bei der Ausarbeitung der Charaktere in der oberen Liga der Adventures mitspielt. Gerade die Sprecher tragen viel dazu bei, dass man sich ein Bild der Charaktere machen kann.
    Ich finde es sogar sehr geschickt, eine Extrem- / Gefahrensituation für die Erinnerungen zu wählen, da gerade das dem Storywriter die Möglichkeit gibt, seine Figuren stark zu charakterisieren ohne sie übertrieben argieren zu lassen.
    Des Weiteren geht es bei Overclocked um Manipulation bezüglich Gewaltbereitschaft, die zu einer steigenden Aggressivität bei den Jugendlichen führt (weshalb sie auch gegen Ende ihres Aufenthalt im Camp mehr gegeneinander arbeiten als zu kooperieren. Darauf lassen sich auch Rückschlüsse über eventuelle Mordvorstellungen ziehen.
    Zugegeben, es wird nicht explizit erwähnt, aber ein guter Thriller ist halt nicht offensichtlich.<br...

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