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Pyre (Rollenspiel) – Abenteuerspielbuch und Fantasy-Rugby

Mit nur zwei Spielen hat Supergiant Games seinen Status als unabhängiger Entwickler erster Güteklasse zementiert. Bastion und Transistor konnten beide mit einer reifen Story, einem ausgefeilten Artdesign, klasse Sounduntermalung sowie charmanten Mechaniken punkten. Gelingt mit Pyre der dritte Streich? Der Test gibt die Antwort.

© SuperGiant Games /

Das ewige Leid

Tod, Leben und Überleben: Diese Themen ziehen sich erzählerisch nicht nur durch die bisherigen Titel von Supergiant. Auch Pyre setzt von der ersten Szene auf diese Elemente. Der Spieler wird von einem merkwürdigen Trio (darunter auch ein weiblicher Dämon und ein charmanter anthropomorpher Hund) vor dem scheinbar sicheren Tod in der “Unterwelt” gerettet. Dieser unwirtliche Ort ist das unfreiwillige Exil der Truppe, die sich genau wie der Spieler Verfehlungen im “Commonwealth” geleistet hat, einer immer wieder in Gesprächen auftauchenden Gesellschaft, die irgendwo zwischen kommunistischer Diktatur und Eden zu stehen scheint. Doch das Zusammentreffen ist eine schicksalhafte Begegnung. Die drei gehören zu den so genannten “Nightwings”, einer von zahlreichen Gruppierungen, die in der Unterwelt an “Riten” teilnehmen, um schließlich begnadigt zu werden und wieder in den Commonwealth zurückkehren zu können.

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Die mit Entscheidungen gespickte Geschichte wird im Stile eines Abenteuerspielbuchs bzw. einer Visual Novel inszeniert. © 4P/Screenshot

Und wie es der Zufall so will, suchen sie einen “Leser”, der ihnen durch das Entziffern von Sternenkonstellationen sowie im wahrsten Sinne des Wortes per Dechiffrieren eines Buches, nein: DES Buches den Weg zum nächsten Ritual weist. Der Spieler wird ohne großes Aufheben zum Quasi-Anführer der Truppe, die im Lauf der Zeit noch weitere Mitglieder (z.B. ein abtrünniger Schlangenritter, ein knuddeliger Minidämon oder eine Harpie) in der farbenfrohen, aber stets bedrohlich wirkenden Welt, aufnehmen wird. Bis zu acht Recken finden in dem eigentlich viel zu klein scheinenden (es muss ein Dimensionszauber sein) Wagen Platz, den man anfangs noch mühsam von Schauplatz zu Schauplatz und schließlich zum Ritual lenkt. Später kommen komfortablere Bewegungsformen hinzu, während der Weg zum Ziel deutlich offener wird und einem häufig mehrere Auswahlmöglichkeiten gibt.

Entscheidungen, Emotionen, Konsequenzen


Man wird allerdings schon früh in den gut bis sehr gut geschriebenen Dialogen, die mit einer Fantasy-Sprache zu akustischem Leben erweckt werden, vor Entscheidungen gestellt. Diese haben aber zu Beginn kaum dramatische Auswirkungen. Man kann in (freiwilligen) Gesprächen mit seinen Kameraden Fragen stellen, um sie etwas besser kennenzulernen ihre Geschichte bzw. Beweggründe für die Teilnahme an den Ritualen zu erfahren oder besondere Missionen freizuschalten. Aber spätestens wenn man sich bei einer größeren Auswahl an Figuren für diesen oder jenen Charakter entschieden hat, der als Teil des auf ein Trio beschränktes Team im Ritual kämpft und danach zur Rede gestellt wird, können Situationen auch eskalieren. So kann es z.B. vorkommen, dass dieser oder jener Kämpfer sich weigert, anzutreten, wenn man ihn (oder sie) zu lange ignoriert. Und später wird man buchstäblich zum Meister über Leben, Tod und Erlösung, wenn man im Ritual darum spielt, ein Mitglied der Nightwings in den Commonwealth schicken zu dürfen. Da man zu diesem Zeitpunkt über die Gespräche nicht nur eine emotionale Bindung zu den Figuren aufgebaut hat, sondern auch ihre Vorteile im Kampf des Rituals zu schätzen gelernt hat, ist es eine mitunter diffizile Entscheidung.

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Die Rituale sind am ehesten als Mischung aus Fantasy-Rugby und Basketball zu beschreiben. © 4P/Screenshot

Sehr schön: Es gibt in dieser Hinsicht kein Scheitern oder die Reduktion auf richtige bzw. falsche Entscheidungen. Man wird nicht von Pyre be- oder gar verurteilt. Aber man muss mit seinem Gewissen klarkommen – und mit den Emotionen der anderen Nightwings, die je nach Figur sehr unterschiedlich auf die Erlösungen ihrer Kameraden reagieren. Dabei schafft es Supergiant mit einem Visual-Novel-Stil, der irgendwo zwischen den Disgaea-Spielen von Nippon Ichi und Vanillawares Dragon’s Crown liegt, das Kunststück, einen emotional zu packen und in die merkwürdige Welt zu ziehen. Auch dank eines spielerisch eigentlich unerheblichen, aber für die Atmosphäre und Glaubwürdigkeit der Welt effektiven Kniffs: Bestimmte Worte der Texte sind rot markiert. Fährt man mit dem Cursor darüber, bekommt man einen kleinen Hilfetext angezeigt, der quasi aus dem “Unterwelt-Almanach” stammt und zusätzliche Details über Figuren, Orte und mythologische Hintergründe verrät. Aber nicht nur in den Gesprächen warten Entscheidungen. Auch auf dem Weg zum jeweiligen Ritual-Platz wird man immer wieder mit Wahlmöglichkeiten konfrontiert. So haben nicht nur Routenvorschläge häufig direkt mit einem Teammitglied zu tun, das gelegentlich empfindlich reagiert, wenn man seinen Tipp ausschlägt. Mitunter kann man sich an bestimmten Schauplätzen entscheiden, ob man sich z.B. aufmacht, um Ressourcen zu sammeln, um diese bei einem fahrenden Händler gegen Gold oder andere nützliche Gegenstände eintauschen zu können. Oder aber man stärkt Eigenschaften des Teams bzw. sucht sich einen Recken gezielt heraus, um ihn auf das nächste Ritual vorzubereiten. Schade ist allerdings, dass beim prinzipiellen Ablauf (Reise, Pause, Entscheidung, Ritual) zwar inhaltlich immer wieder etwas Neues geboten wird, dass es aber innerhalb dieser Schleife zu wenig Abwechslung bzw. Überraschung gibt.


  1. Stalkingwolf hat geschrieben: 31.07.2017 13:50
    JudgeMeByMyJumper hat geschrieben: 31.07.2017 13:23 Klingt abenteuerlich und interessant. Sobald es für die One kommt bin ich auch dabei
    Also nie. Transistor kam auch nie für die One und Bastion kam auch nur für die 360 aber nicht One raus.
    Mit allem hast du Recht außer, dass Bastion tatsächlich Ende 2016 auf der One erschienen ist. Dieses ist leider auch das einzige Spiel von Supergiant was auf Konsolen von MS rauskam. Beim neuesten Spiel Hades sieht’s ja nicht besser aus. Mich würde es interessieren warum Supergiant keine Umsetzungen mehr für die jeweilige Xbox rausbringt. Bei solch einem Thema wünsche ich mir mehr Engagement von den Videospieljournalisten die eher die Möglichkeit haben bei einem Entwickler nachzufragen und auch eine Antwort zu bekommen. Gibt ja leider genug andere Spiele von Indieentwicklern die nur für die Mitbewerber Spiele rausbringen. Viele haben nicht die Kapazität um mehrere Plattformen zu bedienen. Gibt aber einige Studios die mit der Zeit, wie auch Supergiant, ihre Spiele auf allen Plattformen einschließlich Mobilgeräten rausbringen. Aber MS ignorieren. Deshalb habe ich als Multikonsolero und andere die nur auf Xbox unterwegs sind großes Interesse Gründe zu erfahren.

  2. Seitenwerk hat geschrieben: 01.08.2017 12:20 Ich finde zumindest das in den wenigen (1-2) Stunden die ich bisher investiert habe die Kritik aufkommt, das es etwas zu wenig vom Spiel und zu viel interaktionsloser Text vorhanden ist. Während bei Transistor und dem Vorgänger die Narration spannend und gut während dem Spiel abgelaufen ist, hat man hier 5 Minuten Spiel und dann wieder lange Texboxen zum lesen.
    Nicht das diese nicht gut gemacht währen (und gut möglich das sich das später noch ändert), aber ich finde das da schon etwas Langeweile aufkommt. Man möchte eigentlich gerne zum nächsten "Rite" , Taktiken anpassen oder sonstige Inhalte des eigentlichen Kerns des Spiels spielen, aber klickt sich stattdessen durch überbrückende Passagen.
    Ich würde persönlich da am liebsten ein paar Bewertungspunkte abziehen und dafür zb Sundered etwas mehr geben, bei dem ich der Meinung bin das es besser ist als viele Bewertungen sagen.
    Habe es mir gestern bei GOG geholt und bisher ca. 2 Stunden gespielt und ich muss sagen dieses Spiel ist wirklich grandios!
    Ich sehe es allerdings ganz anders als du, ich bin immer froh wenn die Rite-Spiele vorbei sind und ich wieder dieser spannenden Geschichte lauschen kann. :D
    Hier wäre für mich wie bei Thronebreaker eine Überspring-Funktion der "Kämpfe" einfach optimal! ^^

  3. 4SM hat geschrieben: 01.08.2017 01:21 nur 86, warum nich 96 ? :lol: grausam was uns in diesem sommerloch wieder für gurken offeriert werden
    auch schon länger nix mehr gescheites rausgekommen jetz... naja freut man sich dann um so mehr auf sudden strike nächste woche
    Husch husch!

  4. Dizzle hat geschrieben: 07.08.2017 22:56
    Stalkingwolf hat geschrieben: 07.08.2017 22:49
    Die Spiele sind ok, ich hoffe nur das sie noch komplexer werden, weil das System hat man relativ fix raus. Wirklich gut ist die KI nicht.
    Nicht wirklich. Auch im späteren Spielverlauf lassen sich die Gegner recht leicht ausspielen.
    hmm. Freut mich nun nicht wirklich das zu lesen.

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