Die KI trägt ihren Teil dazu bei, warum die Kämpfe zu den großen Schwachpunkten dieses neuen Tomb Raider zählen. Zum einen suchen die Gegner kaum Deckung und schmeißen sich stattdessen wie bekiffte Suizidwillige in den Kugelhagel – das geht sogar so weit, dass sie sich von den Granaten ihrer Mitstreiter in die Luft jagen lassen. Zum anderen sind sie nicht sonderlich aufmerksam, wenn einer ihrer Kameraden nach einem gezielten Kopfschuss in unmittelbarer Nähe zusammensackt. Etwas anspruchsvoller wird es auf den höheren Schwierigkeitsgraden. Nicht aber, weil die Gegner plötzlich zu Intelligenzbestien werden, sondern vornehmlich deshalb, weil sie mehr einstecken können und sich Lara im Gegenzug nicht mehr so schnell von Verletzungen erholt. Daher sind Begegnungen mit der Fauna zunächst spannender – vor allem der erste Zusammenstoß mit einem Bären hat es in sich! Doch relativ schnell stellen selbst die gefährlichsten Raubtiere kaum noch eine Bedrohung dar, weil ihre Klauen und Reißzähne Laras tödlichem Arsenal kaum noch etwas entgegenzusetzen haben. Selbst die vermeintlich übermächtigen Widersacher gegen Ende verlieren trotz Überzahl und Rüstung schnell an Schrecken, weil man sich eigentlich nie über Munitions- oder Ressourcenmangel Gedanken machen muss und die Wummen immer mehr
Durchschlagskraft aufweisen. Leider dominieren die drögen Auseinandersetzungen im letzten Drittel spürbar den Spielverlauf. Und obwohl der Bosskampf durchaus eine gelungene Krönung darstellt und es im letzten Akt noch ein paar interessante Hürden zu überwinden gilt, hätte man sich die eine oder andere Gegnerwelle ruhig sparen können.
Die wahre Grabräuberin
Und so glänzt Rise of the Tomb Raider vor allem dann, wenn die Waffen im Holster verschwinden, Akrobatik sowie Köpfchen gefragt sind und Lara wieder zu dem wird, was sie eigentlich ist: eine Archäologin und Grabräuberin. Ich bin froh, dass mich Crystal Dynamics nach dem zaghaften Versuch im Vorgänger hier deutlich mehr dieser mysteriösen Kammern aufspüren und erforschen lässt. Genauso freue ich mich darüber, dass das Tauchen ein Comeback feiert, auch wenn es hier leider nur eingeschränkt und ein bisschen wie auf Schienen verläuft, da man sich nicht völlig frei unter Wasser bewegen kann, sondern automatisch in gewisse Bahnen gelenkt wird. Schade zudem, dass bei den Rätseln, die sich meist um physikalische Auswirkungen und die Einbindung von Wasser drehen, immer noch nur leichte Kost geboten wird. Gerade angesichts der Tatsache, dass die meisten Gräber ohnehin optionale Aufgaben darstellen, hätte man ruhig ein paar Kopfnüsse auffahren können, deren Lösung sich nicht schon nach ein paar Minuten erschließt. Und auch Fallen sowie fordernde Plattform-Abschnitte hätte es für meinen Geschmack ruhig noch mehr geben dürfen.
Stattdessen hat man es an anderer Stelle übertieben – nämlich bei der inflationären Einbindung von Audio-Logs: Abgesehen davon, dass ich dieses Stilmittel zum Erzählen einer Geschichte furchtbar billig finde, ist es einfach nervig, hinter fast jeder Ecke eines dieser Dokumente oder Aufnahmen zu finden, in denen langatmig der erzählerische Rahmen rund um einen mysteriösen Propheten gesponnen wird, dessen Geheimnissen und Kenntnissen über eine göttliche Quelle für ewiges Leben nicht nur Laras verstorbener Vater auf der Spur war, sondern auch die finstere und überraschend gut ausgestattete Geheimorganisation Trinity hinterher jagt, um eine neue Weltordnung zu verwirklichen. Und selbstverständlich gibt es auch noch ein Volk, das sich von der Außenwelt isoliert hat und seine Existenz darauf ausrichtet, die Quelle dieser Macht unter allen Umständen zu beschützen. Jedem dürfte schon nach dieser kurzen Zusammenfassung klar sein, dass das Skript nicht unbedingt vor Kreativität strotzt. Trotzdem hält die Geschichte bei der Stange, was sie aber weniger den Audio-Logs, sondern viel mehr den hervorragend inszenierten Zwischensequenzen und interessanten Charakteren verdankt, zumal es auch die eine oder andere überraschende, aber für mich irgendwie doch extrem vorhersehbare Wendung innerhalb der Handlung gibt. Immerhin geht der etwa 15-stündige Ritt durch Syrien und Sibirien insgesamt erfreulich kurzweilig sowie abwechslungsreich über die Bühne. Zudem herrscht kein so extrem krasser Widerspruch mehr wie im Vorgänger, wo Lara in Zwischensequenzen extrem verletzlich und unsicher wirkte, im Spiel dagegen als Killer-Amazone auftrat. Zwar kann Crystal Dynamics diesen Bruch auch hier nicht ganz vermeiden, doch wirkt die Charakterdarstellung zumindest homogener und nachvollziehbarer. Etwas störend empfinde ich lediglich Laras Daddy-Komplex, der etwas zu häufig und penetrant in den Vordergrund geschoben wird.
Ich mochte das Spiel. Mehr Gräber als im Reboot, wenn auch nur optional. Das Sammelgedöns sinnvoller als bei Uncharted, aber doch übertrieben... mh, ob ich mur das antue, das alles zu suchen?
DX12 Patch für die PC Version ist über Steam da.
Mal sehen was die Performance sagt.
:wink: