Männer stürmen eine Burg in Mercien, Unschuldige werden abgeschlachtet, tapfere Ritter leisten Widerstand, eine Prinzessin ist in Gefahr, überall Leichen, Uther und Merlin maulen sich mal wieder an, Wessex ist das Böse, Köpfe rollen, irgendjemand schwatzt etwas von einer düsteren Prophezeiung, dann stehen plötzlich die Toten wieder auf und Excalibur wird gesucht. Euch fehlt die Struktur? Sorry, aber dieses Stakkato sollte in etwa andeuten, wie konfus die berühmte Geschichte um den keltischen König hier nacherzählt wird.
Ich erwarte natürlich keine historische Annäherung mit den Erkenntnissen von Geoffrey Ashe oder anderen anerkannten Arthur-Forschern. Aber mit dieser bemüht auf „cool“ und „brutal“ getrimmten Interpretation eines dekadenten Britanniens werde ich nicht warm. Nicht etwa, weil dieser Ansatz per se schlecht wär! Wer weiß, vielleicht könnte Quentin Tarantino sogar etwas aus dem Stoff herausholen? Aber hier wird ganz einfach schlecht und viel zu hektisch erzählt. Weil sich die Story auch noch so wichtig nimmt, weil das eben kein Prügler, sondern ein Taktik-Rollenspiel mit sehr vielen Dialogen, Lesephasen und Dokumenten ist, sinkt die Motivation umso schneller in den Keller.
Ansehnliches Comic-Artdesign
Es ist allerdings lobenswert, dass dieses Abenteuer komplett auf Deutsch und weitgehend gut lokalisiert wurde; nur die sporadische Sprachausgabe bleibt Englisch. Aber spätestens nach drei Missionen musste ich die plumpen Dialoge und die sterilen Erzählpassagen überspringen – es entsteht weder genug schwarzer Humor für eine düstere Comedy noch genug Ruhe für ein Epos, sondern
so eine schrecklich hektische Flickschusterei aus Motiven und Charakteren, dass ich dieses „Gebrochene Britannien“ mit seinen fünf Reichen gar nicht genauer kennen lernen wollte. Das war bei der Konkurrenz, egal ob bei Fire Emblem, The Banner Saga oder auch Regalia: Of Men and Monarchs ganz anders. Aber als Kritiker muss man oftmals in literarischen Sümpfen versacken, denn häufig verbirgt sich doch noch etwas in der Tiefe der Spielmechanik. Also ab nach unten…
Immerhin kann man sich dabei an den gelungenen Szenen des Comic-Artdesigns oder den hübsch animierten Figuren ein wenig festhalten: Wenn sich Merlin in einer Rauchwolke von A nach B teleportiert sieht das ebenso ansehnlich aus wie das martialische Köpfen eines Monsters – es geht explizit und blutig zur Sache. Der Zeichentrickstil sorgt für stimmungsvolle Momente, erreicht allerdings nicht die durchgehend markante Ästhetik eines Darkest Dungeon oder eines The Banner Saga. Denn es gibt auch einige grafische Brüche, in denen etwas zu modern designte Symbole auf vergilbte Manuskriptseiten und eine fast schon zu edel wirkende Weltkarte treffen; hinzu kommen sterile bzw. kopierte Szenen in den Kulissen sowie ein überflüssiger Unschärfefilter, so dass trotz vieler Hingucker angenehm abwechslungsreicher Areale kein homogenes Ganzes entsteht. Dass der Spielspaß trotz der schwachen Story nicht komplett versinkt, liegt also mit an diesem Zeichentrickflair, aber noch vielmehr an der soliden bis kreativen Kampfmechanik.
Da sieht man wieder, wie unsinnig quantitative Wertungen sind. Ich hätte dem Spiel glatt 80+ verpasst. Es punktet da, wo Banner Saga und Xcom versagt haben - konzentriert sich auf den taktischen Kampf. Ich muss nichts erforschen und mir auch keine Gedanken darum machen, was ich als nächstes aufbaue. Ich muss mir keine kitschigen Geschichten untermalt mit noch kitschigeren Bildern anschauen, aber genauso wenig gefühlte Stunden auf eine Weltkarte starren, wo Pünktchen sich bewegen und/oder blinken. Zusammengefasst: das ist genau mein Ding!
Klar kann man das Spiel noch besser machen, bessere Story mit überraschenden Wendungen, Charaktere die dauerhaft ableben können aber nicht unersätzlich sind, düsterere Stimmung durch Artdesign wie bei DD, comichafte Zwischensequenzen, zoom- und drehbare Karten... aber für diesen Preis?