Stark im Koop, quälend im Singleplayer
Da man allerdings von diesen Rigs genannten Fähigkeiten immer nur eine in die Testumgebung mitnehmen kann, greift hier besonders der Koop-Modus. Im Test habe ich The Outlast Trials überwiegend zu zweit gespielt: Einer nahm die Betäubung mit, der andere den X-Ray-Scanner. Das ergänzte sich ganz gut und half insbesondere bei den jeweiligen Aufgaben, die es innerhalb der Level zu lösen gilt. Im Kern handelt es sich dabei oft um
Miniaufgaben, wie etwa einen Generator wieder einschalten, Schlüssel in den Leichen von Wachmännern finden oder Signalwellen einstellen. Komplex sind die Anforderungen und „Rätsel“ nie, ebenso wenig gibt es einen Zeitdruck. Stressig können sie aber trotzdem werden.
Im Singleplayer sorgt nämlich die Kombination aus Minispiel, bei dem man fest an einer Stelle steht, und der konstanten Furcht, von einem der Feinde entdeckt zu werden, für einen spannenden Nervenkitzel, der einem durchaus den einen oder anderen Paniklaut entlocken kann – zumindest auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad. Auf den zwei höheren Einstellungsmöglichkeiten wird es hingegen zeitweise sehr frustrierend, denn dann hauen die Massenmörder-Gegner deutlich kräftiger zu und man landet signifkant schneller im Sarg.
Im Koop lässt sich das ein Stück weit ausgleichen, in dem man sich als Team ergänzt. Hier kann einer das Opfer spielen, der die Feinde auf sich zieht, während die anderen die Aufgaben lösen, oder es zumindest versuchen, falls man nicht gerade mit Schadenfreude beschäftigt ist, weil der Kollege panisch im Discord herumschreit. Leider offenbaren sich mit zunehmender Spieldauer einige KI-Mängel: Manchmal verrennen sie sich in der Architektur oder übersehen, dass man gerade nur wenige Meter vor ihnen unter den Tisch krabbelt. Besonders nervig wird es, wenn einer der Spinner sich dazu entscheidet, permanent vor dem Missionsobjekt stehen zu bleiben und somit ein Weiterkommen massiv erschwert. Hier dürfen die Entwickler gerne schnellstmöglich nachbessern.
Wie viel Liter Blut sind erträglich?
Worüber ich bislang noch gar nicht gesprochen habe ist die Optik von The Outlast Trials und das hat einen guten Grund: Es fällt mir ziemlich schwer. Auf rein technischer Ebene ist das Spiel schick anzusehen, bietet dem Szenario entsprechend schöne Licht- und Schattenspiele, präsentiert detaillierte und grotesk aussehende Feinde und die Atmosphäre ist, auch aufgrund des schaurig-guten Sounddesigns, dem Team von Red Barrels allemal gelungen.
Die Problematik liegt an einer anderen Stelle: The Outlast Trials ist enorm brutal und scheut sich kein bisschen davor, Verstümmelungen, Enthauptungen, dem Körper entrissene Gedärme, aufgeknüpfte Leichen, komplett entstellte Körper und noch viel mehr zu zeigen. Am digitalen Pixelblut wird nicht eine Sekunde lang gespart. Hinzu
kommen nackte Körper, deren Genitalien an eine Autobatterie angeschlossen sind, oder barbusige Nonnen-Puppen, die vollkommen bewusst mit ihrem Gesäß auf einem metallenen Stab platziert worden sind.
Überraschend kommt das natürlich nicht, denn schon Outlast und Outlast 2 waren das komplette Gegenteil von zimperlich. The Outlast Trials wirkt jedoch im Vergleich noch eine Ecke grausamer und übertriebener, auch weil man selbst zum Täter wird. In einer Mission muss man beispielsweise vor einer Klasse Schulkindern, die allesamt nur Puppen sind, eine Kreuzigung nachstellen und der noch lebenden, aber ans Kreuz genagelten Person die Beine abschneiden – unsägliche Schmerzensschreie und eine anschließend Blutdusche inklusive. Das ist harter Tobak und irgendwo ja auch Sinn der Sache, aber schnell stellte sich bei mir eine Abnutzungserscheinung ein: Die vielen Leichen, die Unmengen an Blut und Gedärmen – sie wurden mir egal und nahmen The Outlast Trials ein ganzes Stück von seiner Atmosphäre. Ob das vielleicht sogar der Sinn hinter den Testaufgaben ist und aufzeigen möchte, ab wann Menschen abstumpfen? Wer weiß…