Ich kann mich noch an kleine Kiddies erinnern, die uns im Skatepark zugeschaut und uns mit Zurufen wie „Mach mal n‘ McTwist“ malträtiert haben, während man ein paar Liptricks in der Mini-Ramp gemacht hat. Ja, das waren die Zeiten der frühen Tony Hawk-Teile. Heutzutage werden die vier Kiddies, die das Spiel wirklich gekauft haben, zurufen: „Ey, schaffst du das, die Bank korrekt anzufahren?“ Natürlich schaff ich das! Einen 360-Flip to Crooked Grind zwar nicht gerade, aber Anfahrt, Timing und Gewichtsverlagerung vor jedem Grind habe ich nach 15 Jahren verinnerlicht. Und nun sitze ich hier und fühle mich wie der allerletzte Honk. Halten wir fest: Die Steuerung ist miserabel. Zwar wird man im Medium-Modus („Erfahren“), den ich auch zum Spielen empfehle, noch ein wenig mehr geführt, was das Lenken etwas einfacher macht, aber dennoch wollte ich vor lauter Frust den Controller diverse Male bis nach Mekka werfen. Dabei habe ich noch nicht einmal das Hardcore-Tutorial beenden können. Ein Tutorial nicht beendet? Autsch! Und da war er, der Schmerz. Und er blieb. Und ging auch nicht weg. Das Gefühl keine Kontrolle zu haben, eine Kommunikationsverzerrung zwischen der Mensch-Spiel-Interaktion. Gibt es etwas Schlimmeres? Ja, gibt es. Die ständigen Verbindungsunterbrechungen mit dem Controller sind ein echter Nerventest für jeden Geduldsmenschen. Und die traten bei mir zu Hause alle zehn Minuten auf…
Versteht mich nicht falsch: Nach den ersten Stunden hatte ich den Dreh etwas besser raus. Aber in insgesamt 20 Jahren habe ich drei Brettsportarten ausgeführt und trotzdem klopfte Gevatter Frust so permanent an die Tür, dass ich ihn gleich reingebeten habe und ihm erst mal eine Tasse Kaffee anbot. Wie soll denn der typische Spieler, der vorher noch locker die Millionen-Kombos aus dem Sixaxis-Controller schüttelte, nun Spaß empfinden, wenn er im Erfahren-Modus ständig die Anfahrt für die Obstacles verhaut? Davon einmal abgesehen, dass die vier Sensoren, die für die Grab-Tricks an den
jeweiligen Seiten angebracht wurden, auch nur so gut funktionieren wie ein Münzwurf, der nur immer die Zahl ausspucken soll. Diesen Umstand könnte man eher unter den Tisch kehren, wenn man nicht den Fuß vor dem seitlichen Sensor vorbei bewegen müsste, um sich somit fortzubewegen. Das „Pushen“ funktioniert nämlich auch nur manchmal. Na ja, und manchmal klappt es nicht, dann wird man langsamer, schafft das Gap nicht und die ganze Herausforderung ist für den Arsch. Und währenddessen plaudere ich schon bei einem Stück Apfelkuchen mit Gevatter Frust über die schönen alten Zeiten.
Lieblose Spots
Insgesamt stehen sechs Areale zur Verfügung: Bunt angehauchte Abschnitte in Südkalifornien, schnöde Parkhauslevel in Chicago, die Brooklyn Banks in New York, die teilweise so aussehen, als kämen sie von der PS2, der Frankfurter Flughafen, das schöne Barcelona und ein Tokyo, das nicht in Tokyo spielt – aber dazu später mehr. Während die generellen visuellen Eindrücke im negativen Sinne weit davon entfernt sind, durchschnittlich zu sein, erfreuen doch immer wieder kleine Highlights das Spielerherz, wie zum Beispiel der Einstieg in einen deutschen ICE, nachdem man den Temporun in Frankfurt gemeistert hat oder die Toleda-Straßen in Barcelona, die eigentlich als einzig herausstechende Skate-Erfahrung aufgeführt werden können. Alles andere erinnert an ältere Tony Hawk-Titel. Außerdem sind die Spots weder vielfältig designt noch beinhalten die Level großartige Überraschungen wie Grind-Kombo-Möglichkeiten in höheren Arealen oder Hidden Spots. Insgesamt vollzieht sich bei diesem Konzepttransfer eigentlich das, was auch bei einem Transfer-Trick häufig passiert: Ein designtechnischer Bänderriss.
Das neue Tony Hawk?
Ich fang hier auch gar nicht erst an, RIDE in irgendeiner Weise mit vorigen Tony Hawk-Titeln zu vergleichen. Natürlich wurde um den Controller ein ganz neues Spiel konzipiert, dass hauptsächlich vier Modi enthält: Tempo-, Trick-, Herausforderungs- und Vert-Challenges. In den Tempo-Challenges geht es entweder darum, in einem Schlauchlevel so schnell wie möglich von A nach B zu kommen oder auf offenen Plazas Ringe abzufahren. Dabei haben die Entwickler überall Zeitblasen verstreut, die beim Aufsammeln die Gesamtzeit reduzieren. Wegen der miserablen Steuerung kommt es jedoch ständig zu Zusammenstößen mit irgendwelchen Objekten. Alleine die Platzierung der Ringe sagt schon alles über die Steuerung aus: Wahllos verstreut und in doppelter Ausführung, als man eigentlich einsammeln muss, weil man trotzdem ständig an den vier Meter breiten Ringen (!) vorbeieiert. Wow, da kommt doch echtes Skatefeeling auf! Das ist so ähnlich, wie auf der Kölner Domplatte ständig gegen den Dom zu brettern.
Die Trick-Challenges sind quasi zeitlich begrenzte Highscore-Herausforderungen. Hier entpuppt sich die Stil-Anzeige als das Nonplusultra: Diese wird durch jegliche Tricks aufgeladen, wobei schwierigere Tricks die Anzeige schneller auffüllen. Mit einem Druck auf den hinteren Sensor entlädt sich dann die Skate-Power in einer spektakulären Zeitlupen-Kamerafahrt, dessen Charme man sich nicht entziehen kann und die gleichzeitig den Punktestand nach oben schnellen lässt. So viel zu den Highlights. Neben dem generellen Umstand, dass man die Obstacles nicht richtig anfahren kann, kommt hinzu, dass man an Quarter Pipes nicht mehr grinden kann. Dabei ist es durchaus möglich, eine lange Quarter in der Waagerechten zu schreddern. Das sieht dann ziemlich bescheuert aus, wenn mein Skater quasi wie Spiderman an der Wand klebt.
Aber kommen wir nun zu dem Herzstück von RIDE: Den Herausforderungen, die gleichzeitig Fluch und Segen sind. Hauptsächlich wird hier zwischen Neigungs-Flip-Tricks (einfache Flip-Tricks) und Flick-Flip-Tricks (Shove-Its, Varial Flips etc.)
unterschieden, wobei die Controller-Erkennung der beiden Trick-Klassen ganz gut klappt – aber auch nur an manchen Spots. In anderen Situationen will man nach einem Grind einen Kickflip machen und der Avatar macht einen Grab, dreht sich stattdessen zur Seite und stürzt. Eigentlich kann man das gesamte Steuerungsprinzip mit einem Münzwurf vergleichen: Manchmal ist die Münze gezinkt und landet erstaunlich oft bei Zahl, wie z.B. bei einem Manual Revert, während an anderer Stelle ein fortschrittlicher Flick-Trick sehr oft in einen leichten Neigungs-Trick mündet. RIDE ist eigentlich ein einziges Glückspiel, wann und wie etwas klappt, vor allen Dingen wenn es darum geht, die Grindbalken zu wechseln oder im Central Park von New York durch zwei Ringe zu nollien, während man arge Probleme hat, überhaupt in der Spur zu bleiben. Zwar konnte ich die meisten Herausforderungen beenden, aber die kleinen Büschel grauer Haare neben dem Controller zeugen von dem evidenten Frust. Immer wieder macht man die gleichen Bewegungen, nur um zu sehen, dass bei einem Versuch die ersten drei Tricks klappen und man den vierten verhaut, während im nächsten Versuch der zweite Trick nicht gestanden wurde. RIDE entpuppt sich viel zu häufig als Münzwurf, in dem man die Herausforderung nur schafft, wenn dreimal hintereinander die Zahl fällt.
Quantität statt Qualität
Recht gute Frage, denn verglichen mit den alten grandiosen Pro Skater Teilen ist dieses hier Mist im hohem Niveau.
Schade das es so gefailt ist
Eigentlich eine gute Idee (zwar nix für mich, aber ganz nett) aber vollkommen vermurkste Umsetzung
haha..
Habt ihr das video gesehen mit dem Hund?
echt lustig:)
finde die bewertung völlig in ordnung
MfG PhilippCryser