Nach einem kurzen Tutorial zur Steuerung und Hauptausrüstung, wurde ich komplett mir selbst überlassen. Keine Quests, keine Hinweise: nur wer die altmodischen Räume im Stil der 80er fleißig erkundet, kommt voran. Angetrieben von der Unreal Engine 4 klappt das auf PC und Konsolen technisch einwandfrei und sieht richtig hübsch aus. Lediglich das Öffnen von Türen und Schränken ist viel zu schwergängig und auch das Organisieren von Gegenständen, die man in der linken oder rechten Hand aufheben oder fallen lassen kann, ist anfangs fummelig. Wirklich behindert, wird das Vorankommen vor allem durch die teils kniffligen Rätsel, da man oft um die Ecke denken, oder zufällig genau den richtigen Gegenstand finden muss. Weiß man wie es geht, kann man Abschnitte in wenigen Minuten lösen. Die Realität sieht jedoch so aus, dass man oft ewig durch die meist dunklen Orte läuft, bis man endlich das nächste Puzzleteil gefunden hat; eine gewisse Frustresistenz und Geduld werden also vorausgesetzt.
Nichts bleibt wie es ist
Wie bei P.T verändert sich das Haus immer wieder, man findet völlig neue Räume oder befindet sich plötzlich an ganz anderen Orten wie einem Friedhof oder Baumhaus. Einmal ging es erst weiter, nachdem ich drei Mal an die Wand geklopft hatte. Wie bei Layers of Fear veränderte sich jedes Mal der Raum, wenn ich mich umdrehte, oder plötzlich stand eine stumme Person in dem Gang, den ich zuvor hunderte Male ohne Gefahr betreten hatte. Einfach mal kurz stehen bleiben, um sich etwas zu sammeln? Keine Chance, denn dann kann es passieren, dass man von einem Geist gefunden und umgebracht wird! In Ruhe ein wenig das Haus erkunden? Nicht möglich, denn bleibt man zu lange im Dunkeln stehen, wird man wahnsinnig.
Dagegen helfen Tabletten, die jedoch gleichzeitig auch wertvolle Slots im stark begrenzten Inventar belegen. Zu Beginn bewegte ich mich noch relativ entspannt durch die Räume, die fast gemütlich mit ein paar Nachttischlampen recht gut ausgeleuchtet waren. Als im Verlauf vom Kapitel Lucy plötzlich jemand alle Lichtschalter ausgebaut hatte, staunte ich nicht schlecht. Denn dreimal dürft ihr raten, wer zu wenig Feuerzeuge mitgebracht hatte, die nach relativ kurzer Zeit ohnehin leer sind? Zwar findet man zu Beginn Kerzen, die man an bestimmten Stellen anzünden und abstellen kann. Jedoch ist es nicht möglich, sich mit angezündeter Kerze fortzubewegen. Auf den Boden setzen und flennen, brachte mich leider nicht weiter, also schnappte ich mir die Kamera und schoss so lange Fotos, bis ich erahnen konnte, wo und wie es weiter geht. Dadurch dass Visage die gerade erlernten Umstände und Regeln immer wieder aushebelt, entsteht eine dauerhaft Angst einflößende Stimmung.
Drei verstörende Schicksale
Diese wird neben der strategischen Verwirrung durch die Spielmechanik vor allem durch die verstörenden Geschichten der Hausbewohner getragen. Im Einstieg sieht man wie jemand Frau und Kinder umbringt und danach die Waffe gegen sich selbst richtet. Wenige Sekunden nach dem Freitod erwache ich als diese Person und werde als Protagonist Dwayne Anderson auch noch vom Radio im Hausflur willkommen geheißen. Zur Erinnerung: Auch zu Beginn von P.T erfährt man im Radiobericht, dass ein Mann seine gesamte Familie getötet hat.
Je nachdem welches Objekt man berührt, startet eines der drei Storykapitel. Hat man diese beendet, muss man die richtigen Gegenstände finden, um das letzte Kapitel auszulösen. Jede einzelne Geschichte handelt von erkrankten Personen, die früher in dem Haus gewohnt haben und ihrem dramatischen Abstieg in den Wahnsinn. Die Visualisierung ist dabei nichts für Zartbesaitete und reicht von toten Babies bis zu abfallenden Kiefern. So intensiv und teilweise unangenehm der Terror in Visage auch manchmal war, trieb mich die Neugier um die Hintergründe von Lucy, Dolores und Rakan immer weiter an, mich durch die Irrungen und Wirrungen des Hauses zu arbeiten.
Auch wenn Teile des Spiels von P.T. übernommen wurden, haben die Entwickler gerade bei den einzelnen Schicksalen der Charaktere ganze Arbeit geleistet und sie mit tollen Schauplätzen und Ideen verknüpft. Lediglich das Rätseldesign hätte mehr Feinschliff vertragen und setzt teilweise so stark auf ein ewiges Hin und Her, dass zu häufig Frust aufkam. Jedoch kann ich nicht abstreiten, dass sich das Beenden jedes Kapitels durch diesen beschwerlichen Weg, umso befriedigender anfühlte.
Diese Trial&Error Passagen machen das Spiel hier teilweise echt nervig & frustrierend. Ich mag Spiele wie P.T Layers of Fear usw. auch wenn sich diese Art Spiele etwas abgenutzt haben.
Visage hat ein guten Einstieg der Lust auf mehr macht. Auch das Haus erkunden und dessen geheimnisse zu entdecken mit überraschenden Momenten > Top! Aber...wenn man nicht weiter weis und man die ganze Zeit "Random" getötet wird...boah^^ Und ist ja auch nicht so das man leicht herausfinden kann was man nun genau machen muss.
Vielleicht gibt es ja irgendwann einen Angsthasen-Patch, der die Gegner raus nimmt. Ich würd´s dann nehmen, mir ist die Atmo in solchen Spielen wichtiger als Stress durch unpassende Actionsequenzen.
Ich habe es gestern Abend durchgespielt oder vielmehr: überstanden. Ich finde es wirklich bemerkenswert, was dieses kleine Team hier geleistet hat. Die beinahe schon fotorealistische Grafik, die stimmungsvolle Beleuchtung und das größtenteils gelungene Sounddesign liefern ein solides Fundament, aber die wahren Stärken des Spiels liegen in seiner Kreativität, seinem Abwechslungsreichtum und seiner Kompromisslosigkeit. Visage ist fies, liefert sogar ein paar Momente, die ich gehofft hatte, nie in einem Spiel durchleben zu müssen, aber es ist meistens ungemein unterhaltsam, weil es die einzelnen Spielelemente je nach Abschnitt unterschiedlich gewichtet, neue Aspekte hinzufügt und gerade bei den Rätseln Ideenreichtum beweist.
Die im Review geäußerte, negative Kritik kann ich aber absolut unterstreichen. Das Inventarmanagement ist suboptimal gelöst und einige Abschnitte geraten unnötig stressig. Manchen davon kann man mit einem kühlen Kopf begegnen und so Frust entgegenwirken, aber manchmal bleibt nichts als Trial & Error, glücklicherweise jedoch nicht zu häufig und nicht zu lange. Darüber hinaus empfand ich die Lichtspielerein, die spontan schließenden Türen usw. nur wenig gruselig, sondern eher nervig und störend. Sind aber alles keine dealbreaker für mich, die positiven Aspekte überwiegen deutlich.