Normalerweise finde ich es großartig, wenn sich ein Spiel nicht allzu ernst nimmt – insofern es zum Thema passt, natürlich. Und es muss respektvoll sein, sowohl sich selbst gegenüber als auch den Bereichen, die es humoristisch anpackt. Um dies etwas auszuschmücken, wechsle ich kurz das Medium: Ricky Gervais‘ Serie „The Office“ (die deutsche Variante ist „Stromberg“ mit dem großartigen Christoph Maria Herbst) gehört in diese Kategorie, die Austin-Powers-Filme sind dafür ebenfalls ein gutes Beispiel. Ebenso Titel wie Die fabelhafte Welt der Amelie, Das Leben des Brian oder The Big Lebowski – an dieser Auswahl kann man bereits sehen, dass intelligenter Humor sich über ein vielfältiges Spektrum ziehen kann. Es gab und gibt im
Filmaber auch eine Gegenbewegung, die mit Titeln wie „Ey Man, Wo is‘ mein Auto“ und vielen Arbeitsnachweisen von Adam Sandler oder Rob Schneider nur auf einfache, meist sinnfreie Lacher aus ist. Hier ist es mit dem Erfüllen von Klischees getan, ohne es zu vertiefen. Das ist ok und kann auch hier und da mal unterhaltsam sein. Doch mit diesem Humor kann ich traditionell eher wenig anfangen.
Und genau deswegen verfehlen die klischeehaften Zeichnungen von Drogenabhängigen, Todkranken, korrupten Polizisten, Kleingangstern, ambitionierten Polizeichefs usw., denen man in Weedcraft Inc. begegnen kann, bei mir ihr Ziel – noch schlimmer: in manchen Momenten stören sie sogar. Dabei ist der Aufstieg eines gescheiterten BWL-Studenten, der „Dank“ seines Bruders in die zwielichtige Welt der Marihuana-Bauern und Drogendealer gezogen wird, inhaltlich absolut kompetent. Um sich seinen Lebensunterhalt verdienen und mit dem Familienbetrieb expandieren zu können, muss einiges beachtet werden. Anfangs, wenn man noch keine Angestellten hat und nur einen kleinen Kundenkreis bedient, ist sogar noch sehr viel „aktive“ Arbeit gefragt. Solange man sich keine Helfer leisten kann, muss man sich nicht nur um das Wässern kümmern. Die Pflanzen müssen auch geclippt werden. Und selbstverständlich kümmert man sich anfangs auch um den Verkauf der Ware. Hier kann man einerseits durch überschaubare, aber ausreichende Einstellmöglichkeiten entweder versuchen, die Gewinnmarge zu maximieren, sich aber
auch dazu entscheiden, über Dumping-Preise den Marktanteil des von der Konkurrenz verkauften Produktes zu minimieren, so dass sie schließlich aufgeben und einem den Standort überlassen – zumindest vorläufig.
Entspannt vs. Stress
Was anfänglich noch nach einer durchaus entspannenden Wirtschaftsstrategie mit aktiven Elementen aussieht, artet schließlich aber doch in Stress aus. Ansprüche werden höher, die Produktionskosten steigen, die Gegner werden skrupelloser, die Kunden möchten höhere Produktqualität. Letzteres kann man allerdings in erster Linie nur durch kostspielige Verbesserungen der Anbauumgebung wie z.B. neue Ventilatoren, bessere Lichtverhältnisse oder Pflanzerde usw. erreichen, aber auch durch Einstellen der optimalen Nährstoffversorgung. Drei Bereiche stehen mit jeweils einer Zehnerskala zur Verfügung, so dass man zu tun hat, wenn man für die fast 20 Pflanzentypen das optimale Nährstoffverhältnis durch Ausprobieren herausfinden möchte, so dass man schließlich dank hoher Qualität auch bessere Preise erzielen kann. Alternativ darf man die optimalen Bedingungen, zu denen auch die regulierbare Luftfeuchtigkeit oder Raumtemperatur gehören, auch untersuchen lassen – natürlich erst mit fortgeschrittenen Fähigkeiten, die sich auf vier Bäume mit jeweils zwei Ausrichtungen (ehrlich/zwielichtig) verteilen und recht kostspielig. Um der wachsenden Nachfrage Herr zu werden, muss man u.a. expandieren, schließlich auch Mitarbeiter einstellen, Scheinfirmen als Fassade gründen, die Polizei schmieren und kann schließlich sogar versuchen, Gesetzesänderungen zur Legalisierung bestimmter Verwendungen anzuregen. Und selbst damit kratzt man nur an der Oberfläche der erstaunlich umfangreichen sowie gut miteinander verbundenen Elemente, über die sich Weedcraft Inc. definiert und die neben dem aktiven Eingreifen für eine durchweg hohe Motivation sorgen.
Nicht vergessen: Nächste Woche ist der GMM! Wer kann, mitmachen. Schadet keinem.
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