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Lies of P (Action-Adventure) – Dieses Soulslike hat die Nase vorn!

Soulslikes gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, doch Lies of P stach vor seinem Release dank der Pinocchio-Vorlage nicht nur mit seiner langen Nase, sondern auch mit atmosphärischen Bloodborne-Anleihen aus der Masse hervor. Weil gerade in diesem überschwemmten Genre die Qualität enorm schwankt und viele mögliche Fallstricke zwischen ambitionierten Ideen und einem gelungenen Ergebnis liegen, muss sich jeder Vertreter einigen Fragen stellen: Wie fühlt sich das Kampfsystem an? Was für Bosskämpfe erwarten den Spieler? Wie steht es um den Schwierigkeitsgrad? Und vor allem: Wie grenzt man sich von den viel gepriesenen Vorlagen ab? Der südkoreanische Entwickler und Publisher Neowiz hat sich mit Lies of P alle Mühe gegeben, Antworten zu liefern und unser Test klärt auf, ob man beim Marketing im Vorfeld die Wahrheit erzählt oder munter gelogen hat.

© Round8 Studio / Neowiz

Parieren geht über Studieren
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Gerade die kleinen Gegner kippen gerne auch mal nach ein oder zwei Schlägen aus den metallenen Latschen. Für die Großen solltet ihr Parieren üben. © 4P/Screenshot

Sobald der Feind genug eingesteckt hat, bekommt seine Lebensleiste eine weiße Umrandung und lässt sich durch einen aufgeladenen oder einen Fabel-Angriff nun vollständig aus der Fassung bringen, sodass er für kurze Zeit verwundbar wird und ihr ihm einen extrem wirkungsvollen Treffer verpassen könnt. Dabei gilt: Parieren lädt diese Leiste deutlich schneller auf als das reine Blocken oder Attackieren und weil größere Gegner sich ab und an in eine rote Aura hüllen und dann zu einem Wut-Angriff ansetzen, der sich ohnehin nur parieren lässt, ist Timing gefragt. Obwohl Lies of P mit seiner düsteren Atmosphäre und der gotischen Architektur nach Bloodborne schreit, erinnert das Kampfsystem mit seinem Fokus auf punktgenaue Paraden also deutlich stärker an Sekiro oder Thymesia.

 

 

Die erste Stunde von Lies of P hat mich spielerisch überraschenderweise zunächst ziemlich ernüchtert zurückgelassen. Ich kam mir anfangs nicht vor wie der junge, sportliche Pinocchio, sondern eher wie der gebrechliche Geppetto, der sein Großschwert mit Müh und Not durch die Gegend schleift. Eine mickrige Ausweichrolle ließ mich genauso viele Treffer einstecken wie die mühseligen Versuche des Parierens. Beim ersten Bosskampf angekommen wurde ich langsam warm mit dem Kampfsystem: Statt am Hintern meines Gegners zu kleben und gelegentlichen Attacken nach hinten mit einem Purzelbaum zu entgehen, starrte ich dem Parademeister tief in die rotglühenden Roboteraugen und fing an, seine schweren Schläge präzise zu parieren.

 

Spätestens bei dem Boss danach hat es dann endgültig Klick gemacht und das befriedigende „Katsching“, wenn der Angriff meines Gegners genau im richtigen Moment auf meine Klinge trifft, und das mir schon in Sekiro in den Ohren geschmeichelt hat, wird auch in Lies of P nie langweilig. Zwar gibt es die ein oder andere Ausnahme und ihr solltet die Ausweichtaste natürlich nicht einstauben lassen, aber ein Großteil der Bosskämpfe ist eindeutig darauf ausgelegt, dass ihr die verschiedenen Angriffsmuster lernt und dann im richtigen Zeitpunkt euer eigenes Schwert zum Parieren hochhebt. Bei Standardgegnern führt der perfekte Block derweil nicht nur irgendwann zur Stagger-Leiste, sondern zerstört auch die Waffen des Gegenübers, wodurch aus einem gefährlichem Kerzenständer nur noch ein mickriges Eisenrohr wird.

 

Klopf auf Holz, Puppe!

Entsprechend sind die Bosskämpfe in Lies of P vor allem eins: Richtig schön fordernd. Komplexe Angriffsmuster, lange Kombos und eine Mischung aus schnellen und verzögerten Attacken haben mich regelmäßig ziemlich auf Trab gehalten und ein paar schmerzhafte Niederlagen eingebracht, bis ich anfing, ein Gefühl für das jeweilige Timing zu bekommen. Wenn dann noch eine zweite Phase samt weiterer Lebensleiste auf dem Programm steht, wird die Zahl der Bildschirmtode schnell zweistellig und das Erfolgserlebnis beim etwaigen Triumph umso größer. Auch wenn das Lernen einige Zeit in Anspruch nehmen kann, sind die meisten Angriffe gut lesbar und verlangen keine übermenschlichen Reaktionen. Anders sieht es da schon bei den aufgeladenen Attacken aus, die nötig sind, um Gegner bei gefüllter Stagger-Leiste ins Wanken zu bringen. Weil die Bosse keine langen Atempausen einlegen und einige schnelle Manöver draufhaben, die mich spielend leicht unterbrechen, sind die Zeitfenster für einen aufgeladenen Angriff deutlich kleiner und seltener.

Knackige Bosse verlangen faire Rahmenbedingungen: Zur Bossarena laufen müsst ihr zwar trotzdem, dafür sind die Wege schön kurz. So lässt es sich schon nach wenigen Sekunden weitersterben.

Weil sich die Entwickler dem Anspruch ihrer Bosskämpfe offenbar auch bewusst sind, bietet Lies of P sehr kurze und vor allem gegnerarme Wege vom Checkpoint zur Arena. Wenn es überhaupt Puppen gibt, die zwischen euch und dem nächsten Versuch stehen, könnt ihr an diesen problemlos vorbeilaufen. Ebenfalls praktisch: Genau wie bei Dark Souls verliert ihr beim Ableben zwar eure gesammelten Seelen, die hier Ergo heißen, und könnt diese am Ort eures Todes einmalig wieder einsammeln. Sterbt ihr allerdings bei einem Bosskampf, wartet das Ergo vor dem Eingang auf euch und nicht im Bossraum. So müsst ihr euch im Kampf nicht darauf konzentrieren, euer verlorenes Gut wieder einzusacken und könntet euch außerdem jederzeit dazu entscheiden, euch doch erst anderen Aufgaben zu widmen, ohne auf euer Ergo verzichten zu müssen.

 

 

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Menschliche Bosse können auch tough sein, sind aber genau wie die kleinen Gegner äußerst anfällig für die mächtigen Backstab-Angriffe. © 4P/Screenshot

Darüber hinaus steht vor jedem Bosskampf eine blaue Schale bereit, wo ihr im Austausch gegen eine Ressource namens Sternfragment ein Gespenst beschwören könnt, dass euch dann gegen den jeweiligen Endgegner zur Seite steht. Der gerufene NPC ist eine gute Ablenkung, wodurch ihr zwischendurch Zeit zum Heilen habt und die Feindesflanke attackieren könnt: Eine gute Möglichkeit, sich das Leben leichter zu machen, die gleichzeitig den einstellbaren Schwierigkeitsgrad ersetzt, der in Lies of P, wie bei den meisten anderen Genre-Vertretern auch, nicht vorhanden ist. Doch die aufgeteilte Aggro hat auch einen Nachteil: Angriffe lassen sich nämlich merklich schwerer oder gar nicht parieren, wenn sie nicht auf euch, sondern auf das Gespenst abzielen. So füllt sich die Stagger-Leiste bedeutend langsamer, was auch den effektiven Eingeweide-Angriff hinauszögert.

 

 

Die Riege an Bossen weiß übrigens nicht nur spielerisch, sondern auch optisch zu begeistern: Genau wie bei den normalen Gegnern handelt es sich bei den übergroßen Hindernissen entweder um Puppen, Schleim-Tentakel-Zombies oder später auch mal gerne um eine Mischung aus beidem – einige menschliche Widersacher stellen die Ausnahme dar und fallen häufig der zu leicht ausnutzbaren Backstab-Mechanik zum Opfer. Trotz ästhetisch einheitlicher Identität schafft man es dabei für abwechslungsreiche Designs zu sorgen, bei denen ein Schlauch-Transformer, der sich in einen tödlichen Ventilator verwandeln kann, genauso spannend aussieht wie ein gedopter Profi-Wrestler oder eine mit Zähnen und Klauen ausgestattete Ausgeburt der Hölle.

  1. hydro in progress hat geschrieben: 27.09.2023 22:54 Ich frage mich, warum man nicht einfach verschiedene Schwierigkeitsgrade anbietet. Auch bei anderen Soulslike. Remnant 2 hat's vorgemacht und es hat wunderbar funktioniert.
    Ich hätte persönlich nichts dagegen, aber gerade bei den Souls Games könnte man argumentieren, dass es Teil des Spielerlebniss und der Atmosphäre ist. Es gibt einem dieses Gefühl von Gefahr und Fragilität, was enorm zur Erfahrung beiträgt. Ich seh das ein wenig so, als würde man versuchen einem Horror Game einen Modus zu verpassen, der weniger gruselig ist.

  2. Das ist ein guter Punkt. Hatte lange "Angst" vor den Soulslikes und bin erst durch Elden Ring ans Genre gekommen. Jetzt habe ich das Meiste von FS nachgeholt und muss im Rückblick sagen, dass stark übertrieben wird, was die Schwierigkeit angeht. Nämlich unter anderem deshalb: Das schöne an den Spielen ist, dass man sich den Schwierigkeitsgrad quasi selbst aussuchen kann. Bei keinem Titel stimmt das so sehr wie bei Elden Ring, wo man vielen Challenges ja sogar räumlich aus dem Weg gehen kann. Aber ob man quasi "overleveld" oder Summons beschwört, ändert den Schwierigkeitsgrad gewaltig. Ich hab zwar nie gegrinded nur um aufzuleveln, aber ich nehme schon gerne alles mit, was mit das Spiel an Hilfe anbietet (und kein Glitch ist). Und da gibt es bei Sekiro deutlich weniger bis quasi gar nichts.

  3. AlexanderMariaGockel hat geschrieben: 13.10.2023 13:44 .Insgesamt fand ich es auch gar nicht so schwer wie vielerorts behauptet, muss aber sagen, dass ich es erst mit Patch angefangen habe zu spiele und bei dieser Art immer den easy Weg gehe, also Spirits summon wann immer es geht :)
    Bin selber noch am Anfang (3. Boss). Sollte es bei Lies of P nicht potentiell möglich sein sich OP zu grinden? Hier hätte man im Vergleich zu Sekiro einen erheblichen Vorteil was den Schwierigkeitsgrad angeht. In Sekiro war man wirklich komplett alleine auf sich und seine Skills gestellt.

  4. Pingu hat geschrieben: 15.10.2023 11:05 Das ist doch ein Zweitaccount von dir Jonas. :P
    Könnte man meinen. Ich habe mich und Jonas auch noch nie in selben Raum gesehen. Hm...
    Berechtigte Kritik Amin einem angemessenen Ton vorgetragen, da sind wir uns sicherlich einig, ist immer willkommen. Dieser Tage ist es aber allgemein so, dass besonders negatives Feedback, meist alles andere als angemessen vorgetragen, sehr viel Raum einnimmt. Und für jedes schlechte Feedback braucht es 5 x positives, zum Ausgleich. Dieser allgemeine Trend ist auch an 4P nicht vorbei gegangen. Wo es viel berechtigte Kritik gab und gibt aber auch viel, übermäßig viel, der anderen Seite. Daher nehme ich mir lieber die Zeit für positives Feedback. Das kommt in meiner Wahrnehmung nämlich häufig zu kurz, kann, wenn es authentisch ist, einiges bewegen und für mein persönliches Wohlbefinden ist es auch besser wenn ich Zeit und Energie in Dinge stecke, die ich positiv finde als die, die mich aufregen.
    Genau deshalb frag ich mich ja auch seit Jahren, ob ich mich an Sekiro trauen soll (yea, Kreis geschlossen!)

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