Veröffentlicht inTests

Sacred 2: Fallen Angel (Rollenspiel) – Sacred 2: Fallen Angel

Da arbeitet man mit Hochdruck auf den Erscheinungstermin eines Titels hin, versammelt die Aufmerksamkeit der interessierten Spieler – und dann? Dann tritt urplötzlich der schon lange vermutete Nachfolger der langjährigen Genre-Referenz auf den Plan und stiehlt dem Hauptdarsteller die Show. Aber vielleicht gelingt es Ascaron mit Sacred 2 ja doch, die Hack&Slayer von Diablo 3 abzulenken? Andererseits: Mit einem 480 MB großen Patch am Veröffentlichungstag scheint schon im Vorfeld einiges schief gelaufen zu sein…

© Ascaron / Deep Silver

Und auch von „Gamekiller-Bugs“, also Programmfehlern, die ein Weiterspielen unmöglich machen, blieb ich verschont.
Zwei Mal schien es zwar kurz davor, aber bislang konnten alle Probleme durch ein Verlassen des Spiels ins Hauptmenü und ein Neuladen des Spielstandes wenn schon nicht beseitigt, dann wenigstens kurzzeitig behoben werden. So z.B., wenn mein klassenspezifisches Reittier nach einem Neustart des Spieles verschwunden ist. Erst die Rückkehr ins Hauptmenü und erneutes Spielstand-Laden hilft, das Vieh wieder reisebereit neben mich zu stellen.
Stinkig werde ich im Moment nur bei dem, ich nenne ihn mal „Kartenfehler“. Denn bei mir stellt sich nach einer gewissen Spielzeit das Phänomen ein, dass die Übersichtskarte zwar alle wesentlichen Anzeigen darstellt, diese aber vor einem transparenten Hintergrund eingeblendet werden. Also quasi eine Karte ohne Karte. Ein Anwendungswechsel per Alt-Tab hilft zwar, aber nervig ist dies allemal.

Sacred 2 bietet abwechslungsreiche Gebiete, dynamisches Wetter und Tag- und Nachtwechsel – spielerisch gibt es weit weniger Abwechslung. 

Ebenso wie die lange Zeit vollkommen unzureichende Lobby-Funktionalität und -Stabilität beim ansatzweise interessanten Online-Spiel. Wer hier auf einen wenigstens halbwegs vernünftigen Nachfolger zu Blizzards Battle.Net-Duellen gehofft hatte, sieht sich enttäuscht. Immerhin lässt sich festhalten, dass sich bei vernünftiger Konnektivität der Spaß auch online auf dem gleichen Niveau einpendelt wie als Solo-Spieler. 
Zum gegenwärtigen Stand scheint die Anbindung aber verbessert worden zu sein und da für mich der Einzelspieler-Aspekt ohnehin im Vordergrund steht bzw. das LAN-Spiel bevorzugt wird, sind die Abzüge in der Gesamtwertung nur rudimentär.

Hardware-Fresser deluxe

In einem Punkt schafft es Ascaron mit Sacred 2 sogar auf die Pole Position: Die Kulisse, die technisch nicht nur das Genre anführt, sondern allgemein auch anderen Rollenspielen gut zu Gesicht stünde. Die große und offene Welt Ancarias zeigt sich immer wieder als Hingucker mit all ihren Klimazonen, den Detail verliebten kleinen Animationen am Rande sowie ihren lebendigen Städten und Dörfern.

Um die aufwändigen Zauber, die geschmeidigen Animationen und die überzeugenden Effekte, die in ihren besten Momenten in ihrer Gesamtheit beinahe Atem beraubend sind, genießen zu können, ist allerdings eine potente Hardware gefordert. Denn wenn man das sich idyllisch wiegende Gras, die Echtzeitschatten, die wechselnden Wetterbedingungen und den stimmungsvollen Tag-/Nacht-Wechsel in seiner ganzen Pracht genießen führen möchte, sollte der PC so nah wie möglich an den empfohlenen Systemvoraussetzungen liegen – oder natürlich besser sein.

Der ungewöhnlichste Charakter in Ancaria: Der futuristisch angehauchte Tempelwächter, der die erzählerische Brücke zwischen Fantasy und Science Fiction schlägt.

Entgegen ersten Aussagen von Ascaron hat sich die Skalierbarkeit nach unten leider als Trugschluss herausgestellt, der nicht bis in die letzte Konsequenz durchdacht wurde. Denn obwohl es mir in der Theorie von der Hardware her möglich sein sollte, S2 auf einem älteren Testsystem zu spielen, hat sich das in der Praxis als nahezu unmöglich herausgestellt.

Denn selbst bei sämtlichen Details auf niedrigster Stufe und einer kleinen Auflösung schafft es die Engine nur selten auf eine Bildrate jenseits der 20. Abgesehen davon, dass die Kulisse bei weitem nicht mehr so stimmig wirkt wie auf einer potenten Kiste in voller Detailgewalt. Hier hätten z.B. auch Schalter zum kompletten Ausschalten des Grases Wunder gewirkt. Denn so ganz ohne den Bodenbewuchs sähe die Welt immer noch besser aus als mit dem unschön in ca. 5 Meter Entfernung ausgeblendeten Rasenteppich…

Ach, halt die Klappe

Was die Akustik betrifft, leuchtet Ancaria beinahe so hell wie im visuellen Sektor. Stimmungsvoll komponierte, sauber eingespielte und zielsicher eingesetzte Musik dreht die Atmosphäre-Schraube nach oben. Ergänzt von Wellenschlagen, Vogelgezwitscher oder dem Schnauben eines Pferdes wird der Eindruck einer lebendigen Welt geschaffen – zumindest bis die Sprachausgabe sich nervender Weise Gehör verschafft.
Die Sprecher der Hauptfiguren gehen sogar noch in Ordnung, doch selbst hier wiederholen sich die Sprachsamples zu häufig. Dass aber bei vielen Monstern bereits nach kurzer Zeit ebenso nervende wie unpassende Aussagen zum Ableben kommen („Hätte ich nur auf meine Alte gehört“, „Ich glaub, ich muss kotzen“), hätte nicht sein müssen. Insofern bin ich in diesem Fall sogar über einen Bug froh, der sich gelegentlich einstellt und der die Sprachausgabe komplett lahm legt…