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The Fall – Last Days of Gaia (Rollenspiel) – The Fall – Last Days of Gaia

Das Jahr 2004 glich für Rollenspieler einer ausgedörrten Wüste. Nach dem zweiten Add-On für Neverwinter Nights war weit und breit lange Zeit nichts Abenteuerliches zu sehen, bis in Gestalt von Vampire endlich die erste erfrischende Oase erschien – war das köstlich! Aber da gibt es noch einen Geheimtipp aus Deutschland, der die Weihnachtszeit in packende Endzeit verwandeln will: The Fall.

© Silver Style / Deep Silver

Retter in der Not

Worum geht`s? Im Jahr 2088 ist nichts mehr so wie es war: Eine Umweltkatastrophe hat das bekannte Antlitz der Erde zerstört: Wasser und Nahrung sind knapp, Geld gibt`s nicht mehr, es herrscht knallharter Tauschhandel und militante Gangs stecken ihre Reviere ab. Das Gesetz des Stärkeren bestimmt das Leben, der Ton verrät viel über den brutalen Alltag: Da ist von

Obwohl man auch mal Teddybären finden und kleine Mädchen retten muss, geht`s meist derb zur Sache.

„Scheißkerlen“, „Schlampen“ und „Drecksschweinen“ die Rede, und am liebsten wollen euch die Gangbosse die „Fresse wegballern“. Öffentliche Hinrichtungen, Entführungen und Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung: ein Held muss her!

Ihr spielt diesen Retter, den ihr in der angenehm komplexen Charaktererstellung mit einem Porträt, Attributen, Fähigkeiten und Talenten ausstatten könnt. Er schließt sich der „Neuen Regierung“ im amerikanischen Südwesten an und kann aus einem Pool aus vorbereiteten NSCs (Nicht-Spieler-Charakter) gleich bis zu fünf Söldner mit unterschiedlichen Vorteilen anheuern: Da gibt`s flinke Diebe, gewiefte Mechaniker, gute Mediziner und natürlich einige tödliche Waffenexperten. Sie gewinnen im Laufe des Spiels Erfahrungspunkte für erledigte Aufträge, die man in ihre Ausbildung investieren kann.

Das Korsett an Statistiken ist nachvollziehbar und übersichtlich. Sehr motivierend ist zudem, dass ihr ab 70% in einer Fähigkeit auch eine bestimmte Spezialisierung wie z.B. das Safe knacken oder Schlossfallen entdecken aktivieren könnt. Ihr könnt euch also nach Lust und Laune in der Karriereplanung austoben und euer Team den eigenen Wünschen anpassen. Später werdet ihr weiteren NSCs begegnen, die ihr anheuern könnt; insgesamt dürfen es allerdings nur sechs sein. Die Party-Entwicklung ist eine der motivierenden Stärken von The Fall.

Stilbrüche & Endzeitkulisse

So weit, so gut. Aber schon nach dem Trainingsparcours werden die ersten Stilbrüche deutlich, die einige Abgründe zwischen dem erwarteten Highlight und der Wirklichkeit offenbaren. Konnte das Intro noch eine prächtige Kulisse zeigen, ernüchtert die Spielwelt zum einen mit seltsam blechernen Stimmen. Die meisten Charaktere verwöhnen euch zwar mit Sprachausgabe und selbst das

Die Charakterentwicklung ist komplex und wird sehr übersichtlich dargestellt.

Betrachten unwichtiger Gegenstände wird vorbildlich kommentiert, aber die Tonaufnahmen lassen technisch und schauspielerisch zu wünschen übrig. Außerdem müsst ihr komplett auf Mimik verzichten und mit einer puppenartigen Gestik Vorlieb nehmen. Wer sich kürzlich an Vampire erfreut hat, wird gewaltige Abstriche machen müssen.

Hinzu kommen weitere Dämpfer, die zeigen, dass die Designer die Grafik-Engine noch nicht ganz im Griff haben. Optische Entdeckerlust kommt nicht gerade auf, wenn man all die Beschränkungen wahrnimmt: Es gibt z.B. weder Strauch-, Wolken- oder Baumbewegungen. Der Wind spielt quasi keine Rolle, obwohl man ihn gerade in diesem Szenario erwartet hätte. Die Figuren sehen einfach zu holzschnittartig aus und bewegen sich oftmals wie Pinocchios Erben – zu steif, zu unnatürlich. Das Umschauen in liegender Schussstellung kann zwar noch versöhnen, aber vor allem im Nahkampf und bei Aktionen wie dem Ausweiden sehen die Animationen einfach schlecht aus; da wird einen Meter neben dem erlegten Tier zum Messer gegriffen.