Quests mit Entscheidungen
Trotzdem entdeckt man beim Erfüllen der Missionen auch einige Schwächen. Es gibt einiges an Holen und Bringen, manche Nebenfiguren wirken recht grob geschnitzt und einige im Ansatz interessante Orte oder Quests werden etwas zu überhastet inszeniert. Nicht in der Regel, aber manchmal hat man das Gefühl, dass Obsidian mal eben in den Rollenspielbaukasten gegriffen und schnell eine Staffage aufgebaut hat. Oder anders: Sie verschenken an einigen Stellen Potenzial im situativen Bereich. Vergleicht man z.B. die Regie einer Mission rund um das düstere Geheimnis einer scheinbar netten Familie direkt mit jener aus Red Dead Redemption 2, liegen da zwei Klassen zwischen. Rockstar lässt sich angenehm Zeit für den Aufbau der Situation, Obsidian lüftet den Schleier zu schnell – man weiß schon im ersten Dialog, was gleich kommt. Man fühlt man sich hier nicht so vor Ort, eher wie der Gast in einem verrückten Vergnügungspark. Was ja aus künstlerischer und erzählerischer Sicht an vielen anderen Stellen genau richtig ist. Letztlich ist die Anziehungskraft dieser Welt trotz der Qualitätsschwankungen stärker als kürzlich etwa in GreedFall oder gar in The Sinking City.
Denn es gibt so viele unterhaltsame Quests, die Beziehungen, Konflikte & Co thematisieren oder mit bösen Überraschungen aufwarten – einiges erinnert dabei auch an BioShock, nicht nur auf der ästhetischen Ebene. In den meisten Missionen kann man selbst bis zum letzten Augenblick noch mit rhetorischen Mitteln für eine friedliche Lösung sorgen; oder man kann als Bad Ass alles in Blut tränken. Und Obsidian demonstriert vor allem im Rahmen der Hauptquests immer wieder ausgezeichnete erzählerischen Qualitäten, indem sie zum einen für lesenswerte Dialoge und zum anderen für etwas ganz Wichtiges sorgen: dass man innehält und nachdenkt! Und zwar weil man sich vielleicht doch zu früh eine Meinung über einen scheinbar skrupellosen Charakter gebildet hat, dessen Taten man direkt verurteilt, weil sie der eigenen Weltanschauung widersprechen. Nur so leicht lässt einen Obsidian nicht urteilen! Und damit kitzeln sie den Rollenspieler alter Schule.
Wer kriegt den Strom?
Denn dann hört man zu, dann entdeckt man die Graustufen zwischen Gut und Böse und grübelt darüber, ob man diesem Firmenboss und damit seiner ganzen Stadt tatsächlich den Strom abdrehen soll. Ja, die Arbeiter werden geknechtet, die Nahrung und Medikamente rationiert, vieles ist ungerecht. Aber was passiert, wenn sie alle auf der Straße stehen? Soll man den Strom also wirklich in die Enklave der Rebellen leiten, die dort unter der Führung einer exilierten Frau ein Biotop mit all den Arbeitern aufbauen, die aus Edgewater geflohen sind? Oder wäre das naiv? Es ist eure Entscheidung.
Dafür dass MS sich zunächst um eine PS4 Pro optimierte Version drücken wollte ist der Port aber überraschend gut gelungen. Die FPS sind überaus stabil.
Gestern noch einmal einen Durchgang als "Dummer" gestartet, Lustig was man da für Optionen in den Dialogen bekommt. Ich hoffe echt Obsidian macht eine Fortsetzung dazu, egal ob Exklusiv für die nächste Xbox oder nicht. Aber das Universum hat Potenzial und dem Spiel würde mehr Umfang gut tun. Selbst als langsamer Spieler ist man nach ca. 30 Stunden durch mit fast allem.
Heute ist ein Patch erschienen, der unter anderen die Schrift vergrößert, ich habe direkt mal reingeschaut und ist sehr gut lesbar.