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Thief (Action-Adventure) – Ein Meisterdieb schlittert in die Moderne

Was verbirgt sich hinter einem „Reboot“? Eidos Montreal will das Spielerlebnis von Thief neu interpretieren. Meisterdieb Garrett soll nicht nur die Fans klassischer Stealth-Action  unterhalten, die ihn seit zehn Jahren (Thief: Deadly Shadows) schmerzlich vermisst haben. Er soll auch unbelastete Langfinger begeistern, die ihn vielleicht gar nicht kennen. Das Schleichen soll quasi allen Spaß machen. Ob das gelingt ist, klärt der Test.

© Eidos Montréal / Square Enix

Künstliche Intelligenz ohne Fortschritte


Aber um mehr Qualität hinsichtlich Spielwelt oder Figurenverhalten ging es Eidos Montreal gar nicht. Deshalb sollte man auch nicht erwarten, dass sich hier irgendetwas hinsichtlich künstlicher Intelligenz seit 1998 verbessert hätte; man bekommt quasi den Stand von anno dazumal: Wachen suchen in mehreren Alarmstufen, sie entzünden gelöschte Fackeln wieder, sie bemerken ausgeknockte Kameraden und gehen verdächtigen Geräuschen nach. Bewusstlos geschlagene Wachen lassen sich wegschleppen. Es gibt neue „Erstickungspfeile“ gegen bellende Hunde und schnatternde Vögel. Das ist solide, das sorgt für Katz und Maus im Schatten, aber nicht viel mehr als man schon aus Metal Gear kennt.

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Garrett kann fast automatisiert rennen, springen und klettern – so entsteht vielleicht ein „Flow“, aber der Anspruch ist „low“. © 4P/Screenshot

Im Gegenteil: Auf Dächern ist man z.B. immer sicher, weil Wachen einfach nicht hoch klettern –  selbst in Assassin’s Creed muss man oben auf der Hut sein, so dass mehr Spannung entsteht. Man wird verfolgt? Einfach die kleinen Areale verlassen und jeder Alarm wird nach der Ladephase getilgt, keine Wache folgt. Richtig bizarr wird es, wenn man so in eine Taverne flüchtet: Obwohl Garret per Steckbrief mit Bild gegen hohe Belohnung gesucht wird, kann er gefahrlos in die Kneipen rein  – selbst die Wachen (!) reagieren nicht auf ihn. Nochmal zum Mitschreiben: Er ist der Public Enemy Number one, dessen Visage jeder kennt. Wieso muss er sich verdammt nochmal nicht hinein schleichen, tarnen oder in eine dunkle Ecke kauern? Wer soll diese Spielwelt noch ernst nehmen, die nicht mal den Stand eines Assassin’s Creed erreicht, wo Stealth-Action nur eine Nebensache war?

Durchwachsenes Figurenverhalten

 

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Fackeln mit Wasserpfeilen löschen, Kerzen ausdrücken oder Lichtschalter betätigen – so schafft man sich Dunkelheit. © 4P/Screenshot

Es gibt weitere Dinge innerhalb des Spieldesigns, die mir nicht gefallen, wie z.B. das Ausknocken von Wachen, die (viel zu oft!) auf Stühlen schlafen: Statt eines eleganten Hiebs, der sie in sich zusammen sacken lässt, werden sie unnatürlich mit einem Schrei (auf den niemand reagiert) aus dem Sitz auf den Boden katapultiert; das sind ganz schlechte Animationen. Auch das Knacken von Schlössern wird schwach inszeniert – da gibt es iPad-Spiele wie Lone Wolf, die das besser simulieren. Hier bekomme ich fast kein haptisches Gefühl für die Situation, denn ich muss lediglich den Analogstick drehen, bis sich im ersten der drei bis fünf Kreise ein weißer Punkt zeigt; dann R2 drücken und zum nächsten. Das ist nicht nur billig inszeniert, sondern kostet mich bei einem Fehlschlag nicht mal einen Dietrich, weil er ewig hält. Angeblich soll das Klicken beim Scheitern ja Wachen anlocken, aber das ist mir nicht einmal passiert. Sprich: Es fehlt die Spannung in diesen wichtigen Situationen.

Hinzu kommen schwere Aussetzer, wenn sich etwa riesige Tore malmend öffnen und die Wache dahinter zwar „Einbrecher!“ ruft, sich aber nicht mal umdreht – so einfach gelingt der Knockout. Oder wenn ein Armbrustschütze sieht, wie ich seinen bewusstlosen Kollegen wegschleppe, dann nach einem „Keine Bewegung!“ auf mich schießt und plötzlich stehen bleibt und umdreht. Vermutlich bin ich aus seinem Reaktionsbereich gelangt, obwohl er noch drei Meter vor mir steht. Überhaupt kann man die meisten der sehr kleinen Gebiete recht einfach von allen (!) Wachen befreien, weil ihre Sichtweite ein Witz ist: selbst vier, fünf Meter Abstand reichen aus, um nicht gesehen zu werden. Und wenn mal gejagt wird, braucht man nur die Dächer hoch oder in ein Ladelicht laufen und man ist auf der anderen Seite sicher – kein Alarm, keine Verfolgung. Und für mich als Stealth-Action-Fan kein Spielspaß.

  1. Wie schon einige geschrieben haben, atmosphärisch ist das Spiel absolute spitze. Das Setting ist düster und ich war gerade erstaunt wie gut die Grafik, abgesehen von ein paar Details, auch heute noch aussieht für einen inzwischen 5 Jahre alten Titel.
    Trotz der offenen Level ist man gezwungen Linear zu spielen und sich öfters zu lange automatisierte Animationen anzusehen. Ich finde gerade hier hat man den größten Fehler gemacht im Gameplay Design in einem ansonsten solidem/guten Spiel.
    Glaube kaum das es einen Nachfolger geben wird? Mensch hätte ich Bock auf ein neues Thief nur diesmal mit kompletter Entscheidungsfreiheit und nicht linearem Leveldesign in einer Semi Open World.

  2. Gut formuliert. Dieses Gefühl sich frei in einem komplett offenen Level zu bewegen hat total gefehlt. Stattdessen waren es (bis auf ein zwei Level) nur ein relativ linearer Weg mit mehreren Abzweigungen.

  3. Hab Thief (also das neue...Ich hasse das Weglassen von Nummern) irgendwann im Herbst auch durch geschafft. Wieso durchgeschaft? Nicht weil es so schwer war, sondern weil ich es schon zwei mal hab ruhen lassen weil ich die Lust verloren hatte.
    Technisch ist das Spiel wirklich gut gelungen, bis auf die Stadt. Dieses Fenster aufgefummel Hotkey gehämmere und die teilweise Ladebildschirme waren für mich unglaublich nervig. Der 20. schmale Durchgang in dem ein Balken genauso lag und weggedrückt werden muss hat mich irgendwann nur noch aufgeregt.
    Das Gameplay ist an sich OK. Aber irgendwie hat es sich falsch an gefühlt. Ich kann nicht genau benennen warum das so ist. Eins kann ich Benennen: Das ich einen Seilpfeil nur an einen vorgesehen Punk schießen kann ist eine der Sache wo ich mir denke: "Das Ging vorher doch auch ohne gängeln des Spielers" (Musste nur Holz sein).
    Ich hab mich so gefühlt als wenn ich vom Spiel Designer auf einen Weg gezwungen wurde den ich zu gehen hatte. Im Pen and Paper würde ich es als Railroading gezeichnen. Und ja es gab mehrere Wege die man nehmen konnte, aber an diesen extra positonieren Sachen wurde ich immer aus der Immersion gerissen. Es war nicht ich hab einen Kreativen weg gefunden sondern nur ein: "Ich hab einen vorgegebenen Weg entdeckt".
    Die Level hatten alle nicht so richtig das Flair des durch die Schatten drücken und einen weg finden. Wo Wachen ihrer Arbeit nachgehen und es so ist wie es eben ist.
    Sie haben sie wie konstruierte Level an gefühlt (ähnlich dem Seilpfeil Beispiel) und nicht wie eine Sache die wirklich auf der Welt existiert.
    Die Story war mir zu Flach und irgendwie komisch aufgebaut. Sie hatte nicht mehr das Geheimnisvolle was ich in den alten Teilen gefunden hab. Und ich meine ehr Teil 1 und Teil 2.
    Für sich alleine genommen hätte ich das Spiel vermutlich ganz anders Wahrgenommen und als Besser empfunden. Da es sich aber an den alten Teilen messen muss (Gewählter Titel, selbst schuld) hat es zu viele Federn gelassen.

  4. Reboots findet ja grundsätzlich auch jeder mal scheiße - bis das Spiel gut wird.
    Das passiert aber selten und beim neuen Thief ist das eben auch nicht der Fall.
    Es mag für Neulinge keine totale Katastrophe sein aber selbst viele Spieler die die alten Teile nicht kannten, waren vom neuen Teil nur wenig beeindruckt.

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