Veröffentlicht inTests

Thief (Action-Adventure) – Ein Meisterdieb schlittert in die Moderne

Was verbirgt sich hinter einem „Reboot“? Eidos Montreal will das Spielerlebnis von Thief neu interpretieren. Meisterdieb Garrett soll nicht nur die Fans klassischer Stealth-Action  unterhalten, die ihn seit zehn Jahren (Thief: Deadly Shadows) schmerzlich vermisst haben. Er soll auch unbelastete Langfinger begeistern, die ihn vielleicht gar nicht kennen. Das Schleichen soll quasi allen Spaß machen. Ob das gelingt ist, klärt der Test.

© Eidos Montréal / Square Enix

Ein Herz für Vitrinen


Apropos: Die kostbarsten Teile werden automatisch in Garretts Quartier ausgestellt. Und das ist ein Symbol für die Sterilität der Spielwelt. Auch hier muss man den Assassinen und Ubisoft erwähnen, die das wesentlich stimmungsvoller hinbekommen haben. Denn dieser potenziell intime Rückzugsort bietet keinerlei Geheimnisse, keinerlei Persönliches, keinerlei Trainingsgerät oder Tagebücher, sondern einfach nur Vitrinen für die Schätze. Und natürlich passt da alles genau rein – selbst die Denkmaltafeln von Sehenswürdigkeiten kann Garret dort horten. Warum zur Hölle sollte er einer Stadt diese Identitäten stehlen? Und was sagt er noch im Einstieg wie ein Lehrer? „Es kommt nicht darauf an, wieviel man stiehlt, sondern was man stiehlt.“ Ach ja?

[GUI_STATICIMAGE(setid=75652,id=92475960)]
Keine Lust auf einen unrealistischen Knockout im Kampf? Wie so vieles könnt ihr das abschalten. © 4P/Screenshot

Hat man sich in früheren Teilen noch riesig über den Klunker gefreut, sackt man ihn hier fast nebenbei ein – es ist ja genug da, sogar auf den Straßen und Hinterhöfen. Auf denen sollen die Armen zwar verzweifelt hungern, aber sie sind scheinbar blind für das glitzernde Zeug. Eine bessere Regie würde zeigen, wie die Armen in diesem Szenario um jeden Penny betteln, feilschen und kämpfen. Die Spielwelt sieht zwar sehr gut aus, aber sie verliert auch sehr schnell ihre Glaubwürdigkeit. Obwohl ein politischer Konflikt zwischen dem industrieversessenen Baron Northcrest sowie dem rebellischen Widerstandskämpfer Orion aufgebaut wird, findet die schwache Story quasi nur in den Zwischensequenzen statt. Fraktionen oder gar Entscheidungen bzw. Folgen über Missionswahl bei den einen oder anderen? Gibt es im Jahr 2014 nicht! Man arbeitet das linear ab, was einem von einer wankelmütigen Regie vorgegeben wird.

Eine herzallerliebste Nebenfigur

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=74440,id=92461143)]
Was sollen die Flammen? Es gibt einige Trial&Error-Fluchtszenen. © 4P/Screenshot

Schon der Einstieg offenbart erzählerische Defizite. Darunter eine weibliche Nebenfigur, die wie ein künstlicher Fremdkörper wirkt. Ich weiß gar nicht, wann mir das letzte Mal ein Charakter so egal war wie Erin, eine junge Schülerin von Garrett. Eidos Montreal will dem Trend der weiblichen Nebenrollen folgen, um die emotionale Seite des traditionell eher kühlen Meisterdiebs zu zeigen. Also versucht man eine Beziehung aufzubauen, in der man Konflikte und Gefühle darstellen kann. Das kann hervorragend funktionieren, wenn man an The Last of Us, The Walking Dead oder BioShock Infinite denkt.

Im Vergleich zu diesen Spielen wirkt die schnell durchschaute Konstellation der beiden Figuren hier plump. Garrett vertritt die alte Schule der Diebe, in der sie wie Phantome agieren – sauber und lautlos. Erin vertritt die „modernere“ und etwas mörderische Schule, in der Wachen auch einfach mal abgemurkst werden. Wie soll man diese schlecht modellierte Gothic-Zicke sympathisch finden, die nach all den Jahren des Wartens genau das symbolisiert, was man als Fan der ersten Stunde gerade nicht mit Thief verbindet? Mehr Tempo, mehr Action, mehr Rücksichtslosigkeit? Zwar bemüht sich das Drehbuch später um eine Erklärung, aber das Ganze ist irgendwann nur noch nervig.

Man vermisst nicht nur eine offenere, sondern auch eine bessere Geschichte und vor allem eine Lebendigkeit, die abseits der pathetischen Cutscenes für Authentizität sorgt: Zwar hört man ab und zu Gespräche, in denen man auch Hinweise auf Beute bekommt, aber das war es auch schon. Die Bewohner verhalten sich ansonsten stumm wie Fische und reagieren selbst dann nicht auf Garrett, wenn er direkt vor ihnen steht. Selbst in den Tavernen wirken sie wie seelenlose Statisten. Man muss hier einfach mal Dishonored im Vergleich anschauen, wo man viel öfter Feedback bekam und interagieren konnte. Und mal im Ernst, so zum Absacken: Ich spiele einen Meisterdieb mit einem Hightechbogen, der einen Schraubenschlüssel kaufen muss?

  1. Wie schon einige geschrieben haben, atmosphärisch ist das Spiel absolute spitze. Das Setting ist düster und ich war gerade erstaunt wie gut die Grafik, abgesehen von ein paar Details, auch heute noch aussieht für einen inzwischen 5 Jahre alten Titel.
    Trotz der offenen Level ist man gezwungen Linear zu spielen und sich öfters zu lange automatisierte Animationen anzusehen. Ich finde gerade hier hat man den größten Fehler gemacht im Gameplay Design in einem ansonsten solidem/guten Spiel.
    Glaube kaum das es einen Nachfolger geben wird? Mensch hätte ich Bock auf ein neues Thief nur diesmal mit kompletter Entscheidungsfreiheit und nicht linearem Leveldesign in einer Semi Open World.

  2. Gut formuliert. Dieses Gefühl sich frei in einem komplett offenen Level zu bewegen hat total gefehlt. Stattdessen waren es (bis auf ein zwei Level) nur ein relativ linearer Weg mit mehreren Abzweigungen.

  3. Hab Thief (also das neue...Ich hasse das Weglassen von Nummern) irgendwann im Herbst auch durch geschafft. Wieso durchgeschaft? Nicht weil es so schwer war, sondern weil ich es schon zwei mal hab ruhen lassen weil ich die Lust verloren hatte.
    Technisch ist das Spiel wirklich gut gelungen, bis auf die Stadt. Dieses Fenster aufgefummel Hotkey gehämmere und die teilweise Ladebildschirme waren für mich unglaublich nervig. Der 20. schmale Durchgang in dem ein Balken genauso lag und weggedrückt werden muss hat mich irgendwann nur noch aufgeregt.
    Das Gameplay ist an sich OK. Aber irgendwie hat es sich falsch an gefühlt. Ich kann nicht genau benennen warum das so ist. Eins kann ich Benennen: Das ich einen Seilpfeil nur an einen vorgesehen Punk schießen kann ist eine der Sache wo ich mir denke: "Das Ging vorher doch auch ohne gängeln des Spielers" (Musste nur Holz sein).
    Ich hab mich so gefühlt als wenn ich vom Spiel Designer auf einen Weg gezwungen wurde den ich zu gehen hatte. Im Pen and Paper würde ich es als Railroading gezeichnen. Und ja es gab mehrere Wege die man nehmen konnte, aber an diesen extra positonieren Sachen wurde ich immer aus der Immersion gerissen. Es war nicht ich hab einen Kreativen weg gefunden sondern nur ein: "Ich hab einen vorgegebenen Weg entdeckt".
    Die Level hatten alle nicht so richtig das Flair des durch die Schatten drücken und einen weg finden. Wo Wachen ihrer Arbeit nachgehen und es so ist wie es eben ist.
    Sie haben sie wie konstruierte Level an gefühlt (ähnlich dem Seilpfeil Beispiel) und nicht wie eine Sache die wirklich auf der Welt existiert.
    Die Story war mir zu Flach und irgendwie komisch aufgebaut. Sie hatte nicht mehr das Geheimnisvolle was ich in den alten Teilen gefunden hab. Und ich meine ehr Teil 1 und Teil 2.
    Für sich alleine genommen hätte ich das Spiel vermutlich ganz anders Wahrgenommen und als Besser empfunden. Da es sich aber an den alten Teilen messen muss (Gewählter Titel, selbst schuld) hat es zu viele Federn gelassen.

  4. Reboots findet ja grundsätzlich auch jeder mal scheiße - bis das Spiel gut wird.
    Das passiert aber selten und beim neuen Thief ist das eben auch nicht der Fall.
    Es mag für Neulinge keine totale Katastrophe sein aber selbst viele Spieler die die alten Teile nicht kannten, waren vom neuen Teil nur wenig beeindruckt.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1