Kylotonn hat versucht, die dröge Karriere des Vorgängers aufzupeppen, indem man sich an dem Modifikationssystem aus der Forza-Reihe orientiert. Das heißt, man erhält als Belohnung nicht nur Ingame-Preisgelder oder Lackierungsmuster, sondern auch Perks, mit denen man sich Vorteile wie ein verringertes Gewicht, aufgewärmte Reifen am Start, höhere Gewinne oder eine schnellere Erholung nach einem Unfall verschaffen kann. Leider wirkt die Implementierung des Systems ziemlich lieblos – ganz abgesehen davon, dass ich diesen Quatsch ohnehin als komplett überflüssig erachte.
Immerhin ist es möglich, sich neben weiteren Motorrädern auch Lackierungen, kleine Upgrade-Teile und sogar vereinzelte Vorteil-Modifikationen über den Ingame-Shop zu kaufen, so dass man nicht ausschließlich auf Gewinne angewiesen ist. Allerdings sind die Preise derart hoch angesetzt, dass man sehr viel und sehr lange grinden muss, um sich die Komplett-Ausstattung leisten zu können. Hinzu kommt, dass man für jeden Neustart eines Rennens in der Karriere auf einen zunehmenden Teil seiner Einnahmen verzichten muss. Zwar klappert man im Prinzip nur ein Einzelrennen nach dem anderen ab, hat in der Kalenderansicht aber oft die Wahl zwischen verschiedenen Veranstaltungen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Eine Qualifikation gibt es nicht: Man landet entweder direkt in der Startaufstellung oder geht bei Zeitrennen mit einem Abstand zwischen den Fahrern auf die Piste. Leider gibt es immer noch keine Echtzeit-Anzeige für die Abstände zwischen den Piloten und nur sehr seltene Zwischenstände. Hinzu kommt, dass das Starterfeld nicht sonderlich gut ausbalanciert ist: Innerhalb kürzester Zeit setzt sich der Führende oft von den Verfolgern ab, wobei die Aufstellung mit maximal zehn Motorrädern ohnehin nicht üppig ausfällt. Zudem habe ich häufig beobachtet, dass der Windschatten für den Spieler nicht sonderlich ausgeprägt ist, KI-Piloten von hinten aber manchmal mit einem schier unglaublichen Geschwindigkeitsüberschuss an einem vorbeirauschen. Entsprechend wirken Balance und Schwierigkeitsgrad oft unausgeglichen, obwohl man nicht länger befürchten muss, wie im Vorgänger ständig von den KI abgeschossen zu werden. Hier ist es eher umgekehrt und man wird als Spieler bei Kollisionen bevorteilt, wenn selbst heftige Zusammenstöße ohne Folgen bleiben. Andererseits reagiert die Kollisionsabfrage beim Touchieren von Hinternissen oder dem Überfahren kleiner Bordsteinkanten teilweise etwas zu penibel und befördert den Piloten umgehend vom Sattel.
Im Geschwindigkeitsrausch
Die Kulisse mag mit ihren mageren Details, einigen Pop-ups und polygonarmen Motorrad-Modellen zwar höchstens durchschnittlich sein, doch überzeugt der Ausflug zur Isle of Man (und anderer Strecken) einmal mehr durch ein exzellentes Geschwindigkeitsgefühl – zumindest am PC. Dort verfällt man angesichts von der überwiegend flüssigen Darstellung mit 60fps und mehr regelrecht in einen Rausch, auch wenn die Helmansicht etwas zu dynamisch gestaltet wurde und das Gewackel sogar unangenehm werden kann. Auf der Konsole wird die Raserei aber nicht nur von deutlich längeren Ladezeiten, sondern auch einer niedrigeren Bildrate ausgebremst: Selbst der leistungsfähigen Xbox One X können (oder wollen) die Entwickler von Kylotonn nicht mehr als 30 Bilder pro Sekunde entlocken, wodurch sich auch die Steuerung an der Konsole nicht mehr ganz so reaktionsfreudig anfühlt wie am PC. Zwar bleibt das Geschehen auch hier meist flüssig, aber trotzdem fällt es schwer, die Einschränkung auf 30 Bilder pro Sekunde nachzuvollziehen.
Rudimentäres Mehrspielerprogramm
Während man sich als Solist neben der Karriere auch mit Einzelrennen, beim Zeitfahren oder dem Cruisen durch die Welt beschäftigen darf, fällt die Auswahl beim Mehrspielermodus deutlich spartanischer aus. Online dürfen bis zu acht Teilnehmer lediglich in einfachen Rennen antreten – eigene Meisterschaften sind nicht möglich. Lokal sieht es genauso aus – mit dem Unterschied, dass hier die bis zu acht Spieler nur ein Zeitfahren absolvieren und nacheinander auf die Strecke gehen. Rennen mit direkten Duellen am geteilten Bildschirm gibt es nicht.
BTW:
"Es gibt immer noch keine Setup-Optionen, Wetterumschwünge, klassische Rennwochenenden mit Qualifikation, Echtzeit-Abstände oder ein großes Starterfeld."
Was die Wetterumschwünge angeht, kann man zumindest das Wetter auf unstetig einstellen. Dann wechseln sich Sonne, Wolken und Nebel ab. So bleibt die lange Strecke auch immer spannend. Wenn z.B. plötzlich Wolken die eh schon eingeschränkte Helmsicht noch mehr einschränken muss man die Strecke schon gut kennen, wenn man nicht im Graben landen möchte - zumindest wenn man ohne Map-Einblendung und Co. fährt.
Aber die Wertung passt soweit. Ist wirklich mehr ein Nischenspiel und man sollte sich gut überlegen ob einem die Variante der grünen Hölle für Motorräder reicht. Ist halt IMHO wirklich ein Spiel für Fans, wie man so schön sagt.
Weiß jemand, wie die Performance auf der Switch ist? Hätte auch mal wieder Lust auf ein Motorrad-Rennspiel. Kann mich aktuell aber nicht zwischen MotoGP und diesem hier entscheiden.
Ich auch, allerdings nur selten. Die Fahrphysik beim Vorgänger fand ich nicht immer nachvollziehbar.
Ich gehe mal davon aus, dass ein Großteil der Käufer nur Interesse an einer möglichst fehlerfreien und schnellen Runde auf dem Originalkurs haben, insofern ist der Umfang oder Aufbau der Karriere wahrscheinlich für die Allermeisten gar nicht so wichtig. Sobald der Preis bei ca. 20 Euro angekommen ist, schlage ich wohl zu. Mehr ist mir eine leicht verbesserte Physik nicht wert, sorry.
Danke für den Test!
Ich denke aber ich versuche noch eine Weile mit Teil 1 eine sturzfreie Runde zu meistern.