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Yakuza 2 (Action-Adventure) – Yakuza 2

Mit der japanischen Mafia, der Yakuza, hat es Sega nicht so eilig: Schon der Vorgänger des Japan-Thrillers verspätete sich um fast ein Jahr, beim Nachfolger legt Sega nochmal zwölf Monate drauf. Umso skurriler wirkt es, wenn heuer plötzlich ein Titel im Regal auftaucht, der eigentlich zur Hochzeit der PS2 erscheinen sollte. Lohnt es sich denn im HD-Zeitalter noch, in verpixelte Kulissen herab zu steigen, um einen kaum veränderten Nachfolger zu erleben?

© Sega / Sega

Zufällig unlogisch

Einen riesigen Schritt nach vorne bedeutet das dennoch nicht, denn wer in Teil eins schon viele Stunden in der japanischen Metropole verbracht hat, spürt Ermüdungserscheinungen. Immerhin sehen die Straßen besonders nachts auch heute noch sehr beeindruckend aus und sind teilweise mit Passanten geradezu vollgestopft. Kleiner Nachteil: Die Figuren schieben sich nach jeder Kamera-Umblende wie Geister erst nachträglich ins Bild. Außerdem gibt es vor jedem Bildwechsel eine ausgesprochen

Vor allem nachts beeindruckt die „olle“ PS2 mit tollen Ansichten.

kurze aber spürbare Wartezeit. Doch das sind Kleinigkeiten. Natürlich wirkt das PS2-Spiel im aktuellen Vergleich überholt – die zwei Jahre „Transportweg“ zwischen Japan und Europa lassen es schlechter dastehen als es sollte. Es macht aber auch deutlich, mit wie viel Würde die letzte PlayStation-Generation altern kann.

Schwäche zeigt hingegen immer noch der spielerische Mittelpunkt des Gangster-Dramas, die Kämpfe. Besonders den häufigen Zufallsbegegnungen, in denen irgendwelche Minigauner dem Oberschurken Kazuma ans Leder wollen, fehlt nicht nur die Logik, sondern vor allem der nötige Feinschliff. Dabei hält sich die Anzahl der Auseinandersetzungen gerade noch im erträglichen Rahmen; es ist das tumbe Verhalten der langweiligen Gegenspieler, das Gähn- statt Panikattacken auslöst. Da sammelt sich meist eine Hand voll Möchtegern-Schläger um Kazuma und wartet darauf, von ihm geschlagen zu werden – der gelegentliche Hieb in seine Richtung ist die Ausnahme. Spannung kommt so nicht auf, zumal sich der Yakuza-Schläger einen Tick zu träge bewegt. Das wird durch eine Perspektivwahl verstärkt, die sich in keiner Weise dem Geschehen anpasst. Sprich: Die Kamera schaut stur geradeaus, anstatt Kazuma von hinten und den aktiven Gegner von vorn zu zeigen. Dass man die Sicht jetzt manuell drehen oder wie gehabt per Knopfdruck fixieren kann, hilft zwar, ist mitten im Kampf aber nicht jederzeit machbar.

Echte Härte

Immerhin: Statt der sonst üblichen Überzeichnung und daraus folgenden Entschärfung solcher Prügeleien, inszeniert Sega sehr bodenständige und damit ausgesprochen brachiale 

Faustkämpfe. Setzt Kazuma schließlich zu einem mächtigen Finisher an, nachdem ihr genug Schläge aneinandergereiht habt, schmerzt das umso mehr.

Die schicke Lady hier soll Kazuma in polizeilichen Gewahrsam nehmen.
Er kann selbst Brecheisen, Stühle oder sonstige Gegenstände schwingen und sie in einem für jeden Gegenstand eigenen Finisher einsetzen. Dank seinem erweiterten Bewegungs-Repertoire gehen die Kämpfe dabei eine Idee flotter von der Hand als im Vorgänger. Außerdem hilft ihm häufig das

rechtzeitige Hämmern auf kurz angezeigte Knöpfe, um besonders kräftig zuzuschlagen. Ich wünschte nur, mir würde mehr begegnen als blöde Um-mich-herum-Steher. Lediglich die Bosse feindlicher Yakuza-Clans sowie ähnliche Kaliber können auch mal ausweichen oder haben ein, zwei coole Angriffe auf dem Kasten. Insgesamt sind die Prügeleien zu zäh und ich würde lieber ohne nervige Zufallsbegegnungen durch Tokio ziehen.

Für Auflockerung sorgen neben Kazumas „Freizeitbeschäftigungen“ zum Glück auch die Aufträge im Rahmen der großen Handlung. Da erlebt der Mafia-Schläger nicht nur etwas knackigere Prügeleien, sondern darf auch kleine Rätsel lösen, Katzen retten, brisante Informationen ausgraben oder bekommt eine ellenlange Unterhaltung ans Bein gebunden, während er eine verblutende Polizistin auf der Schulter trägt. Schön, dass Yakuza 2 die Balance findet zwischen seinem erzählerischen Schwergewicht und der Leichtigkeit einer vergnüglichen Entdeckungsreise. Es ist zwar kein spielerischer Blockbuster, der endlich in hiesigen Flimmerkisten anläuft. Aber es ist offener und umfangreicher als Teil eins des Yakuza-Epos‘.